Mannheim. Salopp ausgedrückt hat der Bundesgerichtshof mit der Mannheimer Universitätsmedizin kurzen Prozess gemacht. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Revision, die nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe Ende 2019 eingelegt wurde, haben die Bundesrichter mit zwei knappen Sätzen als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Es ist das Ende eines knapp sechsjährigen Verfahrens im Streit mit der Stiftung Heilig-Geist-Hospital Bensheim, der bisher keinem der Beteiligten außer hohen Kosten etwas gebracht hat. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich das noch ändern wird, gilt als äußerst gering.
Rund 30 Millionen Euro gefordert
Um eine sehr lange Geschichte möglichst kurz zu machen: Es geht um den Einstieg der Universitätsmedizin 2013 bei den defizitären Krankenhäusern in Bensheim, Lampertheim und Lindenfels. Der dortige Finanzbedarf erwies sich als weitaus größer, als von den Mannheimern erwartet. 2015 verlangten sie daher von der Stiftung – zuvor alleiniger Träger – Schadenersatz. Mit zwei Klageerweiterungen wurden die Forderungen auf mehr als 30 Millionen Euro hochgeschraubt. Zur Begründung hieß es, die Verantwortlichen in Bensheim hätten das wahre Ausmaß der finanziellen Nöte verschleiert. Außerdem sei nicht alles korrekt abgelaufen, so auch beim Verkauf eines vierten Krankenhauses in Offenbach, das zuvor ebenfalls der kirchlichen Stiftung gehört hatte.
Deren Vertreter bestritten die Vorwürfe und warfen der Universitätsmedizin wiederum vor, sie wolle nur vom eigenen Versagen in Südhessen ablenken. Und die immensen, teilweise an Einzelpersonen gerichteten Schadenersatzforderungen dienten zur Einschüchterung, um einen Vergleich zu erwirken.
Mittlerweile hüllen sich beide Seiten in Schweigen. Die Stiftung lässt auf Anfrage nur ihre Anwaltskanzlei den juristischen Hergang schildern. Und vom Klinikum, das bisher unter Verweis auf das laufende Verfahren nichts sagen wollte, heißt es nach dessen Ende nun lapidar, man äußere sich grundsätzlich nicht zu Rechtsstreitigkeiten.
Der Verlauf ist für die Mannheimer Universitätsmedizin indes wenig schmeichelhaft. Das Landgericht wies die Klage im Dezember 2017 in allen Punkten ab. In zweiter Instanz traf man auf einen Richter aus der ersten: Udo Burgermeister, mittlerweile ans Karlsruher Oberlandesgericht gewechselt. Während der Verhandlung machte er als Vorsitzender sehr deutlich, was er von den Forderungen hält. So nannte er die Begründungen an einer Stelle „unglaublich kühn“, an einer anderen „mehr als fernliegend“. Und mehrfach fragte der Richter die Klinikum-Anwälte spöttisch: „Haben Sie mal ins Gesetz geschaut?“
Plötzlich doch ein Anspruch
Aber auch die Vertreter der Stiftung wurden kalt erwischt. Burgermeister verwies in einem komplexen Teilbereich der Klage – da geht es um Gläubigerschutzregelungen – auf eine veränderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. So sprach er zwar der Universitätsmedizin keinerlei Schadenersatzansprüche zu, aber ihrem Südhessischen Klinikverbund (SHK). Der existiert nach seiner Insolvenz 2016 nur noch auf Papier, trat jedoch im Verfahren ebenfalls als Kläger auf. Seinen Anspruch an die Stiftung veranschlagte das Gericht auf 5,35 Millionen Euro.
Der Prozessvertreter der Bensheimer argumentierte, die Mannheimer hätten sich seinerzeit doch verpflichtet, die Stiftung von möglichen Ansprüchen in diesem Bereich freizustellen. Das sah auch Burgermeister so, wies aber darauf hin, dies müsse erst noch in einem separaten Verfahren durchgesetzt werden.
Danach hat die kirchliche Stiftung eine entsprechende Klage gegen das Klinikum vor dem Mannheimer Landgericht erhoben. Eigentlich hätte die Verhandlung in diesem März sein sollen. Doch weil einer der Prozessvertreter verhindert war, ist der Termin geplatzt. Wann er nachgeholt werden könnte, lässt sich laut Gerichtssprecher Joachim Bock noch nicht absehen.
Mit Zinsen hat sich die Summe, um die es hier geht, auf rund sechs Millionen Euro erhöht. Sollte das Landgericht die Sicht der Stiftung und Burgermeisters bestätigen, müssten die Klinikum-Verantwortlichen den Schadenersatz, der ihrem SHK zusteht, selbst zahlen. Und ein Teil des Geldes ginge wohl an dessen Gläubiger. Dabei dürfte schon das Verfahren bis zum Bundesgerichtshof zwischen zwei und drei Millionen Euro gekostet haben.
Die Insolvenz in Südhessen und ihre Folgen
Die Universitätsmedizin Mannheim (UMM) stieg 2013 – zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro – bei den defizitären Krankenhäusern in Bensheim,Lampertheim und Lindenfels ein. Dazu übernahm sie 95 Prozent am Südhessischen Klinikverbund (SHK).
Die restlichen fünf Prozent der Anteile am Klinikverbund verblieben beim bisherigen Besitzer, der kirchlichen Stiftung Heilig-Geist-Hospital Bensheim.
Drei Jahre später ging der SHK wegen drohender Zahlungsunfähigkeit in Insolvenz.
Das Luisenkrankenhaus in Lindenfels musste schließen. Für das St. Marienkrankenhaus in Lampertheim und das Heilig-Geist-Hospital in Bensheim konnten neue Investoren gefunden werden. sma
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