Mannheim. Sie sorgen dafür, dass mehr Wege auf dem Almenhof nach Frauen benannt sind – nun wollen sie gleichzeitig das Viertel verschönern. Die Mannheimer Initiative Frauenwege. Bei ihrem neuesten Projekt haben sie sich nun die Stirnseiten eines alten Bunkers vorgenommen. Dort soll ein großes Mural entstehen. Das Motto: Farbe statt grauer Beton.
Einweihung mit Joana
Am 25. Mai, 17 Uhr, wird der Lisette-Hatzfeld-Platz und die Wandkunst am Bunker gefeiert. Sängerin Joana tritt mit 48er Liedern, begleitet von Gitarrist Adax Dörsam, auf. Davor, um 16.30 Uhr, gibt das Künsterduo Sourati Einblicke zum Mural.
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Frauen & Geschichte Baden-Württemberg e.V.
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BW-Bank Stuttgart, Stichwort: Lisette Hatzfeld
Gestaltet wird alles von keinen unbekannten Künstlern. Sondern vom Mannheimer Duo Sourati, welches schon einige Orte in der Stadt verschönert hat. Noch ist das Motiv geheim. Aber es soll die Vielfalt aller Frauen repräsentieren, so viel steht schon fest: Und es soll zugleich den Weg, den die Frauen in ihrem Kampf für Frauenrechte gehen, darstellen, erklärt Mehrdad Zaeri, der gemeinsam mit Partnerin Christina Laube das Duo Sourati bildet.
Seit einiger Zeit gibt es nun schon offiziell den „Lisette-Hatzfeld-Platz“ zwischen den Bunkern in der August-Bebel-Straße. Er trägt diesen Namen dank des Engagements von Bettina Franke, Gabriele Pieri, Christine Pospesch, Barbara Ritter und Claudia Schöning-Kalender. Sie sind die Gruppe Frauenwege. „Wir hatten hier ,22 Wege, 22 Männer’“, beschreibt Barbara Ritter den Status Quo im Revolutionär-Viertel als alles begann. 22 Frühsozialisten und Revolutionäre prägten die Namen der Straßen. Und wer ist nun Lisette Hatzfeld, um deren neu benannten Platz es jetzt künstlerisch geht? Sie hat sich wie viele Frauen aktiv an der Badischen Revolution beteiligt, den Freiheitskampf in Mannheim gekämpft.
Warum wurde gerade sie für die Benennung ausgewählt? „Sie war eine einfache Frau aus dem Volk“, sagt Barbara Ritter. „Sie hatte keine großartige Ausbildung, musste ein Kind versorgen, war aber so aktiv und voller Kraft“, so Ritter in Bezug auf die Quellen über Hatzfeld. Doch im Unterricht oder in Schulbüchern hat wohl kaum einer bisher etwas über sie gehört. Dabei gibt es ein ikonisches Bild aus Mannheim, beim Barrikadenkampf an der Schiffsbrücke am Rhein. Dort schwang sie ganz vorn mutig die Fahne. „Sie ging wie so viele Revolutionäre nach Amerika, dort verliert sich leider ihre Spur“, so Ritter.
Mit Demut vor dem Bunker
Christina Laube von Duo Sourati will indes ebenso eine Spur auf dem Almenhof hinterlassen. Mit zarten Linien, denn das ist der Stil des Duos. „Wir setzen nicht auf 3D-Effekte oder überschwänglich Farbe. Unser Stil ist schlicht. Aber erzählt immer eine Geschichte.“ Sie sagt: „Die Oberfläche des Bunkers ist herausfordernd für uns, es ist gar nicht so einfach, der Bunker ist nicht glatt, es gibt zum Beispiel Bullaugen.“ Ihr Partner Mehrdad Zaeri ergänzt: „Ja, oder da ist diese Litfasäule, die mussten wir auch beachten und harmonisch integrieren.“ Gemalt wurde das Motiv so, dass eher oben der Fokus liegt. Parkende Autos oder Gekritzel am unteren Teil der Wand stören so die Harmonie des Bildes nicht. „Dieser Bunker, wenn man so vorbei geht, es ist schon Wahnsinn, wenn man sich vorstellt, dass hier mal schutzsuchende Menschen ein- und ausgegangen sind“, sagt Zaeri nachdenklich. Er selbst ist aus dem Iran geflüchtet, er und Laube haben aktuell ukrainische Geflüchtete aufgenommen. „Und so ist das dann, dann bietet der einst Geflüchtete den neuen Flüchtigen einen Platz“, sagt Zaeri und machte eine Pause beim Sprechen. Deshalb sei es etwas sehr besonderes, den Bunker zu bemalen. Man spüre Demut dabei.
Die Längsseiten werden von jugendlichen Sprayern zum Üben benutzt. Mit ihnen aber auch vielen anderen im Viertel ist die Initiative Frauenwege in Kontakt. „Wir haben mit den Jugendlichen im Viertel gesprochen, die immer dort Hockey spielen: Die meinten ,Cool!’“ Der Austausch mit der Anwohnerschaft ist der Gruppe wichtig. „Wir benennen nur neu, nicht um“, betont Bettina Franke. Es schlummere noch viel Potenzial auf dem Almenhof, findet sie: „Es gibt viele kleine unbenannte Wege und Plätze. Die Wege haben keine adressbildende Funktion.“Aber wenn es zum Beispiel einen Notfall gebe und man einen Krankenwagen holen muss, „ist ein Name gut.“
„Die Planung ist viel Arbeit“, resümiert indes Barbara Ritter. Aber man erhalte viel Unterstützung, auch von der Verwaltung. Etwa aus dem Kulturamt, durch die Gleichstellungsbeauftragte oder den Bereich Stadtplanung. So konnte zuletzt der Rosa-Luxemburg-Platz eingeweiht werden. „Wir wollen die Leistung von Frauen sichtbar machen und machen weiter“, sagt Ritter.
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