Tierschutz

Mannheimer Hubertusjagd: Tierquälerei oder Tradition?

Die traditionelle Hubertusjagd in Friedrichsfeld sorgt für Diskussionen. Das sagen die politischen Kräfte im Gemeindrat zu der Veranstaltung, die an diesem Samstag wieder über die Bühne geht

Von 
Torsten Gertkemper-Besse
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DIe Hubertusjagd des Reit- und Fahrvereins Friedrichsfeld im Jahr 2019. © Reitverein

Mannheim. Die Hubertusjagd im Mannheimer Stadtteil Friedrichsfeld kann stattfinden. Sie beginnt am Samstag um 10.30 Uhr auf dem Gelände des Reit- und Fahrvereins. Der Entscheidung gingen aber einige Kontroversen voraus. Und im Mannheimer Gemeinderat gibt es immer noch unterschiedliche Auffassungen über die Jagd und die nun gefundene Lösung. An dieser Stelle haben wir die Statements der Stadträte in voller Länge (und sortiert nach der Größe der Fraktion) aufgeführt:

Grüne

Die tierschutzpolitische Sprecherin Christina Eberle schreibt: „Wir als GRÜNE Fraktion lehnen die Hubertusjagd ab, weil dabei der Wald und Wildtiere in Mitleidenschaft gezogen werden. Durch den Lärm von Jagdhörnern und Hundegebell werden die im Wald lebenden Tiere aufgeschreckt und geraten in Panik. Dies gilt auch dann, wenn die Wegeführung um den Dossenwald herum erfolgt. Die Hubertusjagd zelebriert die Jagd als Spaßveranstaltung und ist mit dem Auftrag der Jäger*innen zur Hege und Pflege von Wald und Wild nicht vereinbar.“

SPD

Thorsten Riehle teilt mit: „Ich freue mich sehr drüber, dass es gelungen ist die traditionelle Hubertusjagd zu sichern. Der Fachbereich Klima, Natur und Umwelt hat im Juni dem Verein mitgeteilt, die notwendige Genehmigung durch die Stadt zu verweigern. Das war für mich völlig unverständlich. Deshalb folgte ein intensiver Austausch mit der Fachverwaltung und der Dezernatsleitung über die Art der Kommunikation und die aus meiner Sicht damit verbundene fehlende Wertschätzung des Vereins. Erst sehr spät wurde klar, dass es um die Verkehrssicherung ging, die durch die Forstverwaltung nicht mehr gewährleistet werden kann. Ich bin dem Verein sehr dankbar, dass er sich dadurch nicht irritieren ließ und nach alternativen Streckenführungen gesucht hat, die nun gefunden wurden. Darüber hinaus wird während der Veranstaltung mit Informationsständen der Reiter und anderer Einrichtungen auf die Arbeit für den Wald- und Umweltschutz hingewiesen. Ich würde mir wünschen, dass sich die Kritiker an diesem Tag von der wertvollen Arbeit des Vereins selbst überzeugen und wir somit ein anderes Verständnis für die Hubertusjagd bekommen.“

CDU

In einer mit der Fraktion und einzelnen Stadträtinnen und Stadträten abgestimmten Mitteilung schreibt die CDU-Geschäftsstelle des Gemeinderats: „Die CDU-Gemeinderatsfraktion unterstützt die Ausrichter von Hubertusjagden in Mannheim. In diesem Fall den Reit- und Fahrverein Mannheim Friedrichsfeld e.V.  „Es ist toll, dass der Reit- und Fahrverein Friedrichsfeld Jahr für Jahr die Tradition der Hubertusjagd hochhält. Vor der organisierten Sportveranstaltung mit Pferden und Hunden im Wald (Hubertusjagd) um 12.30 Uhr beginnt die Veranstaltung am 6.11.2022 um 10.30 mit einem Stelldichein der Perforcehornbläser, um 11.00 Uhr findet dann der Gottesdienst zu Ehren des Heiligen Hubertus statt. Der Verein hat die diesjährige Veranstaltung unter das Motto „Brauchtum Pferdesport, Jagd, Forst und Tierschutz im Einklang“ gestellt. Es ist gut, dass es zum Reitsport sowie zum Tier-, Umwelt- und Naturschutz eine Reihe von Infoständen gibt,“ lobt die Seckenheimer Stadträtin Marianne Seitz den Friedrichsfelder Verein.

So stellt sich auf dem Gelände des Reitvereins in der Sulzerstraße 35 die Rehkitzrettung Rhein-Neckar vor, auch wird das Jagdreiten als Pferdesport dargestellt, des Weiteren wird ein Falkner seine Arbeit vorstellen und einen Adler dabeihaben. Auch die Jäger werden an einem Infostand ihre Arbeit vorstellen.

Stadtrat Alexander Fleck stellt die Wichtigkeit der Jäger heraus: „Die Jagd ist flächendeckend das wichtigste Instrument, um regulierend auf Wildbestände einzuwirken. Sie schützt vor Wildschäden und sichert die natürliche klimastabile Waldentwicklung.“

„Wir können nicht nachvollziehen, dass die Stadt Mannheim als untere Forstbehörde die Forstrechtliche Genehmigung für die Sportveranstaltung mit Pferden und Hunden (Hubertusjagd) mit Schreiben vom 20.6.2022 im Stadtwald Mannheim nicht genehmigt hat. Bei dieser Veranstaltung wird eine Jagd lediglich simuliert. Die Hunde selbst folgen einer künstlich gelegten Fährte. Diese Fährte wird nur auf ausgewiesenen Reitwegen ausgelegt, sodass weder Hunde noch Pferde die Reitwege verlassen. Wir haben große Hochachtung vor dem Reitverein und seinen ehrenamtlichen Mitgliedern, dass sie sich von der Ablehnung der Stadtverwaltung nicht entmutigen lassen und einen Kompromiss mit der Stadt eingingen. So wird die Fährte in diesem Jahr wohl am Waldrand entlangführen. Wir erhoffen und erwarten von der Stadtverwaltung, dass alle Möglichkeiten geprüft werden, um 2023 eine Veranstaltung auf Reitwegen im Wald zu genehmigen,“ erklären die Seitz und Fleck übereinstimmend.

Zu dem von Falschannahmen strotzenden Antrag der LieParTie „Verbot von Treib-, Drück- und Schleppjagd einschließlich Hubertusjagd“ wird die CDU-Gemeinderatsfraktion keine weiteren Kommentare abgeben. Die Stadtverwaltung hat mit der Vorlage 140/2022 hierzu ausführlich Stellung genommen und die Falschannahmen der LieParTie richtiggestellt.

Abschließend wünscht die CDU-Gemeinderatsfraktion dem Reit- und Fahrverein sowie allen Beteiligten eine erfolgreiche Veranstaltung mit Hubertusjagd am 6.11.2022. Die Stadträte Marianne Seitz und Alexander Fleck werden vor Ort sein.“

 

LI.PAR.Tie

Andreas Parmentier von der Fraktion LI.PAR.Tie äußert sich so: „Wie Sie wissen, haben wir uns mit unserem Antrag gegen die Durchführung der Hubertusjagd ausgesprochen, ja sogar ein Verbot der Hubertusjagd gefordert.

Wir sind der Meinung, dass die Hubertusjagd nicht mehr zeitgemäß ist, den Waldfrieden stört, ebenso es kein Spass für die Tiere darstellt, wie einst im MM berichtet. Auch, dass die großen Kirchen die Hubertusjagd segnen, ist und bleibt für uns unverständlich.

Darüberhinaus können wir uns der neusten Genehmigungslage nicht anschließen, da unseres Erachtens, nach dem lang anhaltenden trockenen Sommer, die Verkehrssicherung im Wald für eine solche Veranstaltung nicht gewährleistet ist und gewährleistet werden kann. Es hatte in der zurückliegenden Zeit, nicht in Mannheim, verheerende Unfälle der Reiter mit Pferden gegeben, das muss sich nicht auch erst auch in Mannheim wiederholen.

Nach wie vor sind wir zum Schutz der Tiere und zur Erhaltung des Waldfriedens gegen die Durchführung einer Hubertusjagd.“

 

AfD

Rüdiger Ernst, Stadtrat und Fraktionsgeshäftsführer der AfD, schreibt: „Die „Hubertus-Jagd“ beinhaltet keine Jagd auf Tiere, sondern ist eine Art traditionsreiche „Sportveranstaltung“.

Wir als Mannheimer AfD-Fraktion schließen uns daher der Einigung von Forstbehörde, Stadt Mannheim und dem Reitverein an und wir befürworten die von der Verwaltung erteilte Genehmigung (angepasste Wegeführung um den Dossenwald herum).“

 

FDP/MfM

Birgit Reinemund, Fraktionsvorsitzende der FDP/MfM-Fraktion, teilt mit: „Wir freuen uns, dass jetzt eine, wenn auch eingeschränkte Lösung für den Verein gefunden wurde und nicht auch noch diese Veranstaltung aus Gründen der Verkehrssicherheit entfallen muss. Wir sollten grundsätzlich überdenken, wie auch künftig sportliche Events im Wald zu vernünftigen, für die Veranstalter leistbaren Bedingungen ermöglicht werden. Traurig genug, dass unser Stadtwald offensichtlich in einem so desolaten Zustand ist.“

 

Freie Wähler/Mannheimer Liste

Holger Schmid äußerte sich im Telefongespräch mit dieser Redaktion so: „Wenn man gleich die Genehmigung erteilt hätte, wäre nicht so viel Schärfe hineingekommen. Als Begründung für eine Veranstaltung im Herbst die Dürre anzugeben, ist schwierig. Es muss objektiv nachvollziehbare Gründe geben, warum man etwas nicht erlaubt. Wenn es die gibt, dann versteht das mit Sicherheit auch jeder.“

 

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

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