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Mannheimer Fressgasse für einen Tag Fußgängerzone: So war der Parking Day

Statt Autos strömten die Fußgänger durch die Mannheimer Fressgasse. Die Organisatoren möchten beim „Parking Day“ auf den Flächenverbrauch durch den Individualverkehr aufmerksam machen.

Von 
Roland Schmellenkamp
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Beim „Parking Day“ tummeln sich die Fußgänger auf der sonst durch den Autoverkehr genutzten Fressgasse in Mannheim. © Christoph Blüthner

Mannheim. Statt brummender Autos tausende Fußgänger: Zum „Parking Day“ wurde die Fressgasse am Samstag wieder für einen Tag im Jahr zur Fußgängerzone. Die Organisatoren möchten damit auf den Flächenverbrauch durch den Individualverkehr aufmerksam machen und „Räume für Menschen zurückerobern“. Der erste „Parking Day“ fand bereits 2005 in San Francisco statt. Schnell wurde die Idee in westlichen Industrieländern aufgenommen, der Aktionstag soll Innenstädte wieder urban machen: Für einen Tag werden Auto-Stellplätze zu Begegnungsstätten, Kinderspielplätzen, Fahrradabstellflächen – oder sie werden für Infostände genutzt.

In Mannheim findet der „Parking Day“ jährlich stets in der Fressgasse statt, am Samstag zum sechsten Mal. Ausnahme war 2021 der Standort Lange Rötterstraße. Teilnehmer waren dieses Jahr: Klimaschutzagentur, der Verein „Fuß“, Lastenrad Mannheim (LaMa), Surfrider, Klimaliste, Parents for Future, Kirchenrad der evangelischen Kirche, Smart City Mannheim, Peer 23, Seebrücke, Grüne Jugend, Wurmkiste.

Beim Stand von „Peer 23“ wurde am „Parking Day“ in der Mannheimer Fressgasse viel für Kinder geboten. © Roland Schmellenkamp

Felix Kotsch vom Verein Peer 23 erklärte zur Herangehensweise: „Über die Kids kriegst du die Eltern!“. Sprich: Der Verein bietet über mehrere Parkplätze Mitmachaktionen für Kinder an, darüber kommen die Vereinsmitglieder mit den Eltern ins Gespräch. Kotsch über den Parking Day: „Jetzt ist es hier schön leise, man kann sich normal unterhalten. Es stinkt nicht nach Abgasen und man sieht nur lächelnde Leute!“ Außerdem ist es ungefährlich: Er sei Anfang des Jahres beim Queren der Fressgasse angefahren worden.

Parking Day in der Mannheimer Fressgasse: „Deutlich mehr Lebensqualität, als wenn hier Poser durchfahren“

Sven Riffel war im Namen von „Smart City Mannheim“ das erste Mal dabei: Bis zum frühen Nachmittag sei die Resonanz „recht gut“ gewesen, „viele kannten uns noch gar nicht“, erzählt er. Tendenziell würden sich eher ältere Menschen für den Klimaschutz interessieren. Smart City erarbeite gerade zwei Apps zur Mobilität. Weiter werde ein Netz mit 600 Temperatur-Messstationen in der Stadt aufgebaut: „Nur mit Daten können politische Entscheidungen getroffen werden!“

Katarina Ressel sagte am Stand der Klimaschutzagentur: „Es ist hier immer gut besucht.“ Kollege Oliver Prahl ergänzt auf Nachfrage, dass sich die Bürger über die Arbeit der Agentur informieren wollen. Viele würden allerdings die Maßnahmen für Klimaschutz kritisch sehen, weil die gesellschaftlichen Prioritäten gerade in andere Richtungen gehen.

Es gab viele verschiedene Vorstellungen, wie die Fressgasse ohne Autoverkehr genutzt werden könnte. © Christoph Blüthner

Besucher Arne Warnke kam mit seinen Kindern im Alter von sieben und fünf Jahren von der Fahrraddemo „Kidical Mass“ zum Parking Day: „Wir finden es total gut, dass man durch die Fressgasse laufen kann, das hat deutlich mehr Lebensqualität, als wenn hier Poser durchfahren.“ Wenn diese mit ihren Fahrzeugen unterwegs seien, habe man Angst, mit seinen Rad fahrenden Kindern die Straße zu nutzen. Er versteht zudem nicht, wieso ein Teil der Einzelhändler den Parking Day negativ bewertet. Miriam Walter war zum ersten Mal beim „Parking Day“. „Es ist sehr angenehm, hier entlangzulaufen“, sagt Walter. Sie habe den Eindruck, dass die Innenstadt für den Autoverkehr gemacht sei und nicht für die Menschen, die hier leben.

Geschäfte in der Mannheimer Fressgasse lehnen „Parking Day“ ab

Mit dabei waren neben den Besuchern also auch wieder viele Vereine, Initiativen und die evangelische Kirche mit Ständen, aber keine Geschäftsleute. Mitorganisatorin Ines Joneleit dazu: „Wir hatten im Vorfeld den Gewerbeverein angeschrieben, aber hatten jetzt festgestellt, dass nicht alle Einzelhändler informiert waren. Das nächste Mal wollen wir sie direkt ansprechen.“

Sie hatte zusammen mit Jan Nehmiz den Parking Day im Namen des ADFC bei der Stadt angemeldet. Das sei problemlos abgelaufen: „Es hat die letzten Jahre mit uns immer gut funktioniert.“ Die Resonanz sei bei den Bürgern im Allgemeinen gut, so Nehmiz. Allerdings: „Es gibt auch Leute, die im Vorbeigehen sagen, dass wir spinnen. Aber mit denen kommen wir leider nicht ins Gespräch.“ Beide haben ehrenamtlich rund 60 Stunden in die Organisation investiert.

Der Organisatoren Ines Joneleit und Jan Nehmiz. © Roland Schmellenkamp

Im vergangenen Jahr hatte es an der Veranstaltung von einzelnen Geschäftsleuten Kritik gegeben, Grund sind befürchtete Umsatzeinbußen. Nehmiz dazu: „Viele glauben, dass wir dem Einzelhandel an dem Tag Kundschaft wegnehmen. Aber wenn man sieht, wie viele Leute sich auf der Straße aufhalten, ist klar, dass wir mehr Menschen in die Straße bringen.“ Joneleit ergänzt: „Am Parking Day ist alles entschleunigt und man kann auch gut die Straßenseite wechseln, wenn jemanden ein Geschäft interessiert.“

Veranstalter des Mannheimer „Parking Day“ sprechen sich gegen Durchgangsverkehr aus

Auf die Frage, ob der Parking Day außer am Veranstaltungstag auch langfristig etwas ändern könne, meint Nehmiz: „Es geht politisch immer zwei Schritte vor und einen zurück, manchmal auch zwei Schritte zurück. Wir wollen das Thema präsent halten.“ Dass es mittlerweile viele Parklets – also ehemalige Parkplätze, deren Fläche jetzt unter anderem von Gastronomen genutzt werden – gibt, sei womöglich auch auf die Veranstaltung zurückzuführen.

Und Nehmiz ergänzt, dass es im vergangenen Jahr kurz nach dem Parking Day eine Veranstaltung des Einzelhandels gegeben habe, bei dem auch die Fressgasse gesperrt wurde. Er wünsche sich eine autoärmere Innenstadt: „Es gibt Konzepte wie das der Parkschleife. Damit sind nur die Parkhäuser anfahrbar und es gibt keinen Durchgangsverkehr. Anwohner können jedoch noch zu ihren Häusern.“ Joneleit ist überzeugt, dass die Innenstadt mit weniger Durchgangsverkehr und Posern sowie mehr Grün- und Sitzflächen attraktiver wäre.

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