Politik

Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen: So ticken AfD-Wähler

Warum wählen Menschen die AfD, eine Partei, die vom Verfassungsschutz in Teilen als sicher rechtsextrem eingestuft wird? Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hat auf diese Frage ein paar Antworten

Von 
Stefanie Ball
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Bei der Bundestagswahl 2021 hat der Schulabschluss laut Forschungsgruppe eine entscheidende Rolle für die Wahlentscheidung gespielt. © Julian Stratenschulte/dpa

Mannheim. Viele potenzielle AfD-Wähler schauen pessimistischer in die Zukunft, wenn es um ihre eigene finanzielle Lage geht – egal, wie ihre wirtschaftliche Lage tatsächlich ist. Sie haben im Vergleich zu Anhängern der anderen im Bundestag vertretenen Parteien auch häufiger das Gefühl, sie hätten weniger, als ihnen gerechterweise zustehen sollte. Die Angst vor dem sozialen Abstieg ist groß, deshalb werden auch Maßnahmen etwa für den Klimaschutz sowie Hilfen für Geflüchtete abgelehnt.

Mit der in Berlin regierenden rot-gelb-grünen Ampel sind die AfD-Anhänger sowieso unzufrieden, haben aber auch sonst für die Demokratie wenig übrig. Speziell an den Grünen reiben sich die AfD-Sympathisanten, die Ablehnung grüner Politik und ihrer Vertreter ist oft so groß, dass sie in Verachtung mündet.

Viele sind sich nicht darüber bewusst, für wen sie stimmen

Das ist das Ergebnis umfassender Analysen der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zur Frage, warum Menschen eine Partei wählen, die vom Verfassungsschutz in Teilen als sicher rechtsextrem eingestuft wird.

Nicht nur das: Seit der Bundestagswahl sind es auch immer mehr Menschen geworden, die sich vorstellen können, bei der nächsten Wahl das Kreuz bei der AfD zu setzen. Im Rahmen des von der Forschungsgruppe Wahlen regelmäßig durchgeführten Politbarometers gaben im März 18 Prozent der Befragten an, AfD wählen zu wollen. Bei der Bundestagswahl vor drei Jahren waren es noch zehn Prozent gewesen. Viele AfD-Anhänger sind von deren politischen Forderungen überzeugt, es gibt aber auch genauso viele, deren Wahlmotiv Protest ist. Diejenigen wollen den anderen Parteien einen Denkzettel verpassen.

Schulabschluss spielt eine entscheidende Rolle

„Viele Menschen sind sich nicht bewusst, was für eine Partei die AfD ist, die argumentieren, ‘die Ampel ist doof, und die AfD sagt, was gesagt werden muss’, und reflektieren nicht, wie rassistisch die Partei ist“, sagt Yvonne Schroth vom Vorstand der Forschungsgruppe. Der Schulabschluss spielte bei der Bundestagswahl 2021 eine entscheidende Rolle: Die AfD wurde damals überdurchschnittlich häufig von Personen mit formal niedriger Bildung gewählt, vor allem in Ostdeutschland. Und häufiger von Männern als von Frauen.

Grundsätzlich herrscht unter Personen, die rechtspopulistischen Parteien nahestehen, die Meinung vor, dass früher alles besser war. Veränderung macht diesen Menschen Angst, alles Fremde lehnen sie ab. Die nach Meinung von Schroth schlecht kommunizierten Projekte der Berliner Ampel, etwa das Heizungsgesetz, haben ihr übriges dazu beigetragen, die Frustration bei dieser Gruppe von Wählern noch zu vergrößern.

Was aber am schwersten wiegt: Es gibt in der Politik niemanden, keine Person, keine Partei, die den Regierungsfrust kanalisieren kann. Insbesondere nicht auf der rechten, konservativen Seite des Parteienspektrums. „Die CDU mit Friedrich Merz ist keine Alternative für das Kanzleramt, die CDU wäre besser dran, hätte sie einen beliebteren Vorsitzenden“, analysiert Schroth. Werden AfD-Anhänger gefragt, welche Partei sie sich noch vorstellen könnten zu wählen, wird von einem Teil das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) genannt, ein kleiner Teil kann sich auch vorstellen, die CDU/CSU zu wählen.

Politische Aufgabe, unzufriedene und wütende Menschen abzuholen

Schroth ist überzeugt, dass das Gefühl des Abgehängtseins, das viele Menschen in die Arme rechtsextremer Demagogen treibt, von guter Politik abgefangen werden könnte. „Wir haben es mit Menschen zu tun, die sind unzufrieden und wütend, und diese weniger wütend und unzufrieden zu machen, ist Aufgabe politischer Parteien.“ Sie stellt aber auch klar, dass es nicht gelingen wird, diejenigen für den politischen Diskurs zurückzugewinnen, die klar rassistisch sind. „Die gab es schon, bevor es die AfD gab, die Partei hat nur eine Vertretungslücke geschlossen.“

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