Nach tödlichem Unfall

Mannheimer erinnern mit Ghost Bike an getöteten Radfahrer Christopher Groth

Mit einer Gedenkfahrt und emotionalen Worten wurde in Feudenheim ein weißes Mahnrad für den getöteten Radfahrer Christopher Groth aufgestellt – der Fahrer ist weiter flüchtig.

Von 
Christian Gerards
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In der Mitte der Kreuzung Wingertsbuckel/Am Aubuckel steht seit Samstag das zweite Ghost Bike in Mannheim. Das erste wurde im Juli an der BBC-Brücke aufgestellt, nachdem sich dort ebenfalls ein tödlicher Radunfall ereignet hatte. © Christian Gerards

Mannheim. Seit Samstagnachmittag steht ein zweites Ghost Bike in Mannheim. Der traurige Anlass für das Mahnmal ist der tödliche Unfall von Radfahrer Christopher Groth, der Ende September von einem Auto erfasst worden ist, dessen Fahrer flüchtete und von der Polizei bis heute nicht ermittelt werden konnte. Im Rahmen einer Gedenkfeier, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) organisiert hatte, wurde das Ghost Bike vom Haupteingang des Universitätsklinikums, wo Christopher Groth gearbeitet hatte, an den Unfallort an der Kreuzung Wingertsbuckel/Am Aubuckel gebracht. Rund hundert Menschen nahmen an der Fahrt teil.

„Christopher ist seit fünf Wochen tot. Hier lag er am 26. September und trotz sofortiger Ersthilfe und maximaler Versorgung musste er sterben“, erinnerte seine Mutter. Er habe alles verloren, seine Familie und Freunde hätten ihn verloren: „Was das bedeutet, kann man nicht in Worte fassen. Es gibt keinen Trost“, sagte sie. Als ihnen in der Nacht die furchtbare Nachricht mitgeteilt worden war, „stand die Zeit still – und sie tut es immer noch“.

Täter noch nicht gefunden

Gedenkfeier für ums Leben gekommenen Radfahrer in Feudenheim

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Von
Steffen Mack
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Ihr Sohn sei von einem Treffen auf dem Weg nach Hause gewesen. „Das Fahrrad war beleuchtet, und er trug Helm“, betonte Christopher Groths Mutter. Was genau geschehen ist, wüsste sie nicht, nur, dass es ein Unfall mit Fahrerflucht gewesen war: „Der Fahrer ist bis heute flüchtig. Er hat ihn einfach liegen lassen“, sagte sie.

Familie und Freunde erinnern an Christopher Groths Leidenschaft für das Radfahren

Christopher Groths Schwester erinnerte daran, dass ihr Bruder das Fahrradfahren erst kurz zuvor als Alternative fürs Joggen für sich entdeckt hatte. Das Joggen sei durch Rücken- und Knieprobleme nicht mehr möglich gewesen. Das habe ihm schwer zu schaffen gemacht. „Christopher wollte immer frei sein, seinen Gedanken ihren Weg gehen lassen – und Fahrradfahren hat ihm das geboten“, erinnerte sie.

Im Sommer dieses Jahres sei ihm eine Krähe ins Gesicht geflogen. Er sei gestürzt, in einen Bauzaun gefallen und hätte sich so sehr verletzt, dass er ärztlich versorgt werden musste. „Als er uns das erzählt hat, war unsere Frage natürlich: Hast Du einen Helm getragen. Das musst er verneinen“, sagte Christopher Groths Schwester. Ihm sei klar gewesen, dass das seine letzte Fahrt ohne Helm gewesen war: „Seine dreijährige Tochter wurde beauftragt, ihren Papa nie ohne Helm fahren zu lassen – was sie auch getan hat.“

An der Gedenkfahrt für Christopher Groth nehmen am Samstag rund hundert Menschen teil. Sie fahren vom Haupteingang des Universitätsklinikums, wo Christopher Groth arbeitete, zur Unfallstelle nach Feudenheim. © Christian Gerards

Dass am Samstag das aufgestellte Ghost Bike drückt laut Christopher Groths Mutter aus, dass hier ein Fahrradfahrer zu Tode gekommen ist: „Fahrradfahrer haben keine Knautschzone. Wir hoffen, dass dieses Ghost Bike Verkehrsteilnehmer daran erinnert, wie verletzlich Fahrradfahrer sind. Es appelliert an Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme und Einhalten der Verkehrsregeln.“

Das Fahrrad, das nun als Mahnmal in Feudenheim steht, war von Andreas Seiter gestiftet worden. Er war mit Christopher Groth in die Schule gegangen, und sie seien vor 20 Jahren gemeinsam viel mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Das Ghost Bike habe er damals für die Fahrten genutzt.

Eigentlich habe er es verkaufen wollen: „Es fühlt sich schon ein bisschen komisch an, es jetzt dort stehen zu sehen, wenn ich daran denke, dass ich damit früher mit ihm um die Häuser gezogen bin“, betont Andreas Seiter. Er könne, egal, was an diesem Abend auf der Kreuzung geschehen ist, nicht verstehen, warum der Autofahrer weitergefahren ist: „Es ist furchtbar schrecklich. Egal was passiert ist, man kann zumindest anhalten. Das ist eine Pflicht, die zu erfüllen ist.“ Als er die Nachricht von dem Tod seines Freundes erhalten hatte, war er geschockt: „Das war einfach surreal. Das muss man erst einmal begreifen, dass das tatsächlich passiert ist und kein böser Traum ist.“

Eine Gedenktafel am Ghost Bike weist anonym auf Christopher Groth hin, der Ende September in Feudenheim von einem Auto erfasst und tödlich verketzt worden ist. © Christian Gerards

Der tödliche Unfall sei laut Robert Hofmann, Vorsitzender des ADFC Mannheim, einer zwischen zwei Verkehrsteilnehmern gewesen: „Einmal der Radfahrer Christopher und einem Autofahrer, der jedoch in einer auf den Schutz der Insassen optimierten Maschine saß. Christopher hatte keine Knautschzone“, betonte auch er. Der Autofahrer habe sich entschieden, weiterzufahren und damit „große Schuld auf sich geladen“.

ADFC appelliert an Autofahrer und Radfahrer gleichermaßen

Das Ghost Bike sei ein Mahnmal an alle Autofahrer, dass es auch Menschen gebe, die ohne den Schutz einer Knautschzone unterwegs, verletzlich und gefährdet seien: „Es ist ein Aufruf an diese geschützten Verkehrsteilnehmer rücksichtsvoll zu sein und nicht eine Zehntelsekunde sparen zu wollen, wenn ein bisschen langsamer machen die Sicherheit anderer gewährleistet.“ Das Ghost Bike sei aber auch eine Mahnung an die Radfahrer selbst, indem sie sich ihrer Verletzlichkeit immer bewusst sein sollten: „Ein kleiner Fahrfehler oder eine kleine Unachtsamkeit kann unsere Gesundheit und unser Leben gefährden. Schauen wir also immer einmal mehr hin“, sagte er.

Zu der Gedenkfahrt war auch Petra Waßmer gekommen. „Ich fahre selber Fahrrad und habe jeden Tag letztendlich Angst, weil ich weiß: Eine falsche Bewegung vor einem Autofahrer, und das war’s.“ Sie finde es wichtig, dass das wahrgenommen werde, denn in der Diskussion heiße es immer: die bösen Radfahrer: „Aber ich kann als Radfahrer einem Autofahrer nichts antun, aber er mir schon.“ Das fehle ihr in der Diskussion. Dass der Autofahrer in Feudenheim geflüchtet sei, finde sie besonders schlimm: „Das ist einfach unvorstellbar.“

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