Mannheim. Ein Traditionsunternehmen nach dem anderen hat in den vergangenen Jahren die Planken verlassen: Der langwierige Umbau der Fußgängerzone, die Corona-Pandemie und nicht zuletzt der Verkehrsversuch führten bei vielen Händlern und Gastronomen zu teils drastischen Umsatzeinbußen. Doch einer ist gekommen, um zu bleiben: Giampaolo Da Col mit seinem Eiscafé Cortina in P4, das in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen feiert. Und das sich von der ersten Stunde an auf den Planken behauptet.
Giampaolo Da Col sitzt in seinem Eissalon und blättert in alten Schwarz-Weiß-Fotografien. „Wir sind mit Baustellen geboren“, sagt er mit einem Augenzwinkern und deutet auf ein Bild aus dem Jahr 1955. Es zeigt das Cortina an seinem ersten Planken-Standort in P7. Drumherum wurde damals gerade gebaut. So wie heute. Nach dem Auszug des Schuhhauses Leiser wird die Immobilie zurzeit renoviert, damit demnächst das Steakhouse Abbaco‘s einziehen kann. Und auch aus dem angrenzenden früheren Cineplex-Kino dringt Baulärm. Dort sollen bald die „Planken Lichtspiele“ für Leben im Quadrat P4 sorgen.
Ein Händedruck vom Chef des Cortina in Mannheim zur Begrüßung und ein „Arrivederci“ zum Abschied
„Baustellen ohne Ende“, sagt Giampaolo Da Col, fügt aber mit einem Lächeln hinzu: „Wir sehen es positiv und freuen uns, dass etwas passiert, dass etwas Neues nach Mannheim kommt. Ich denke positiv.“ Er hänge an Mannheim, an den Planken und an dem Haus, in dem sich sein Eiscafé befindet. Wenn Da Col nicht an der Eismaschine steht, ist er oben im Salon und sucht die Nähe zu seinen Gästen. Eine Begrüßung per Handschlag, ein „Arrivederci“ zum Abschied – und nicht selten entschuldigt er sich bei seinen Kundinnen und Kunden dabei auch für den Baulärm.
Im Jahr 1955 kamen Giampaolo Da Cols Eltern Egidio und Valeria aus dem bei Cortina gelegenen Cadore-Tal in den Dolomiten – der Heimat der Gelatieri – nach Mannheim. Sie eröffneten in P7, „auf der Sonnenseite der Planken“, wie Giampaolo gerne sagt, zusammen mit ihren Verwandten Siro und Silvia das Cortina. Ab 1960 kamen noch ein Kiosk im Herzogenriedbad und eine kleine Eisdiele in N7 dazu. Mit der Eröffnung der Fußgängerzone im Jahr 1975 war das Cortina das erste Café mit Außenterrasse auf den Planken. Schnappschüsse zeigen den heute 67-Jährigen schon damals an der Eismaschine.
Als Vater Egidio im Jahr 1981 starb, übernahm Giampaolo das Eiscafé zusammen mit seiner Mutter Valeria. In italienischem Edel-Ambiente mit Stucco Veneziano an den Wänden, Lampen aus Muranoglas und Marmorintarsien am Boden eröffnete das Café 1995 am neuen Standort in P4. Geblieben sind Familientradition und Leidenschaft für gutes Eis: „Ich mache alles mit Herz. Das haben mir meine Eltern vermittelt“, sagt Giampaolo Da Col, der das Cortina zusammen mit seiner Frau Daniela führt. Im Jahr 2004 zeichnet ihn die Gourmetzeitschrift „Der Feinschmecker“ dafür als eines der 30 besten Eiscafés in Deutschland aus.
Neuestes Produkt auf der Karte: Hundeeis mit Lachs- oder Leberwurstgeschmack in Mannheim
Viele Klassiker stehen auf der Karte, die rund 30 Eissorten umfasst – unter anderem eine Cassata, also Halbgefrorenes mit Vanille- und Schokoladenfüllung aus italienischer Meringata, kandidierten Früchten, Amarena-Kirschen und Amarena-Soße. „Es gibt immer weniger Eisdielen, die eine Cassata herstellen“, weiß Giampaolo Da Col. Seine produziert er noch nach einem alten Familienrezept. Aber auch Neues und Ausgefallenes probiert der Eismeister gerne aus. So zum Beispiel das „Franziskus-Eis“ zur Einführung des früheren Papstes Franziskus im Jahr 2013, das schmeckt wie „Dulce de leche“, ein in Argentinien besonders beliebtes Milchdessert. Über das neueste Produkt freuen sich besonders die vierbeinigen Gäste: Hundeeis in den Geschmacksrichtungen Lachs und Leberwurst.
Wer glaubt, wenn man Tag für Tag in einem Eiscafé steht, hätte man auch mal genug von der gefrorenen Leckerei, der irrt sich. Zwei Kugeln löffelt der Cortina-Besitzer täglich – eine morgens und eine abends. Am liebsten Schokolade und Pistazie. Und immer mit Sahne.
Zwei besonders aufwendig dekorierte Eisbecher hat Giampaolo Da Col nach seinen Töchtern Valentina und Viviana benannt. Neu auf der Karte wird wohl demnächst die Kreation „Henry“ erscheinen: So heißt das vor wenigen Tagen geborene erste Enkelkind des Cortina-Besitzers. An Ruhestand denkt der frischgebackene Opa allerdings nicht: „Wir wollen nicht in Rente gehen, sondern werden weitermachen. Jetzt freuen wir uns erstmal, wenn das Kino wieder eröffnet. Wir blicken positiv in die Zukunft.“
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