Kultur

Mannheimer Aktivist Richard Brox veröffentlicht neues Buch

30 Jahre lang hatte er keinen festen Wohnsitz. Dann schrieb Richard Brox ein Buch darüber, es wurde ein Bestseller. Nun legt er nach

Von 
Wolfgang Jung
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© Tim Ilskens

Mannheim. Der Autor und Aktivist Richard Brox (59) macht in einem neuen Buch auf die zunehmend kritischere Lage von Obdachlosen in Deutschland aufmerksam. "Die Lage hat sich dramatisch verschlechtert. Auch durch Pandemie und Zuwanderung", sagte Brox der Deutschen Presse-Agentur. "In ihrem jüngsten Bericht nennt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Berlin für 2022 in Deutschland etwa 50 000 Menschen auf der Straße. Die Dunkelziffer ist viel höher." Er habe in Gesprächen festgestellt, dass viele wenig Hoffnung auf Besserung hätten. "Das habe ich früher nicht so erlebt."

Der in Mannheim geborene Brox hatte 30 Jahre lang keinen festen Wohnsitz. Dann schrieb er ein Buch darüber, es wurde ein Bestseller. "Kein Dach über dem Leben" verkaufte sich mehr als 30 000 Mal. Am 14. November erscheint "Deutschland ohne Dach" - Porträts von Menschen, "die lernen mussten, mit allen Ängsten und Respektlosigkeiten auf der Straße zu leben", wie Brox sagt, einer von drei Herausgebern. "Ich will der Gesellschaft zeigen, was es bewirkt, wenn man Menschen abgrenzt und ausgrenzt." Einige der Porträtierten kennt er aus seiner Zeit in der Obdachlosigkeit. Das Vorwort schrieb Günter Wallraff.

Wer lebt auf der Straße?

Wer lebt heute auf der Straße? "Da sind zum Beispiel ehemalige Heimkinder", erzählt Brox, der in Köln lebt. "Sie müssen aus dem betreuten Bereich hinaus, sind auf sich gestellt und kommen mit der Situation nicht zurecht." Er habe auch ehemalige Häftlinge getroffen und erfolglose Auswanderer, die nach der Rückkehr vor dem Nichts stehen. "Und es gibt viele Menschen, die durch einen Schicksalsschlag wie der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal alles verloren haben."

Diese Menschen hätten Furchtbares erlebt. "Trotzdem haben sie sich offenbart, weil sie mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit wollen", betont Brox. "Es geht auch um einen Appell: Obdachlosigkeit und Armut können überwunden werden - ich bin das beste Beispiel."

Die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland ist deutlich gestiegen. Zum Stichtag 30. Juni 2022 seien 447 000 Menschen wohnungslos gewesen, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) in einer Hochrechnung zeigt. Zum Stichtag 2021 seien es noch 268 000 gewesen. Die BAG W erklärt den Anstieg unter anderem mit mehr Geflüchteten insbesondere aus der Ukraine, die keine Wohnung hätten. dpa

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