Soziales - Klinikum-Medizinerin Katharina Hempel reist als Ehrenamtliche für die Hilfsorganisation German Doctors auf die Philippinen

Mannheimer Ärztin hilft auf den Philippinen

Von 
Christine Maisch-Bischof
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„Damit schließt sich für mich ein Kreis“: Kinderärztin Katharina Hempel fliegt nach Manila, um Patienten in entlegenen Bergregionen zu behandeln. © Christine Maisch-Bischof

Mannheim. Heute wäre die Wahrscheinlichkeit noch groß, dass Eltern, die mit ihrem Kind das Universitätsklinikum Mannheim (UMM) ansteuern müssen, von Katharina Hempel über Krankheitsverlauf und Behandlung informiert werden – während die promovierte Medizinerin Tochter oder Sohnemann gründlich untersucht. Doch schon morgen steigt die 36-jährige Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in den Flieger nach Manila. Sechs Wochen lang wird sie dort mit einem Team der Hilfsorganisation German Doctors abgelegene Bergregionen von Luzon, der nordöstlichst gelegenen Insel der Philippinen, ansteuern und in der rollenden Klinik ehrenamtlich Menschen versorgen. Gespannt sein auf das Unbekannte, insgeheim Befürchtetes, Wünsche und Erwartungen – und Demut gegenüber der Kultur und Weisheit eines fremden Volkes: Kurz vor ihrer Abreise spricht die Neustädterin über die Dinge, die ihr bei ihrem Einsatz am meisten am Herzen liegen.

In Malawi fing alles an

Denn Menschen in Not auch medizinisch versorgen zu können, das hatte sie sich schon lange gewünscht. Gleich nach dem Abitur reiste sie zunächst nach Malawi, um ein halbes Jahr lang Kindergärten zu betreuen. „Wir haben dort Schulen gebaut, Wasserleitungen und Latrinen, und einen HIV-Club gegründet, der Aufklärungsarbeit über traditionelle Tänze geleistet hat“, erzählt Katharina Hempel. Doch bei aller Freude an ihrer Arbeit hat sie eines maßlos geärgert: „Dass ich bei vielen Verletzungen oder Krankheiten völlig hilflos war.“ Die Menschen würden dort beispielsweise in Ermangelung von Strom viel mit Feuer arbeiten. „Deshalb gibt es neben vielen anderen Erkrankungen eben auch oft Verbrennungen. Und ich dachte immer, wenn ich nur helfen könnte.“ Und so stand für die Abiturientin damals schon fest, dass sie Ärztin werden will, am besten Kinderärztin. Dass sie einen besonders guten Zugang zu Mädels und Jungs hat, war damals schon spürbar: „Ich liebe Volleyball.“ Und ihren Job als Jugendtrainerin ganz besonders.

Das Hilfsprojekt German Doctors

  • Projektbeginn war im Jahre 2018. Corona-bedingt waren 2021 zeitweise keine Einsätze möglich. Langzeitarzt Gerhard Steinmaier war auch in dieser Zeit Ansprechpartner auf Luzon. Jetzt sind wieder zwei deutsche Ärztinnen und/ oder Ärzte vor Ort. Von 2018 bis Ende 2020 wurden von German Doctors 38 unentgeltliche Einsätze durchgeführt.
  • Jährlich werden auf Luzon etwa 6000 Behandlungen vorgenommen. Die German Doctors sind eine offiziell in den Philippinen registrierte Nichtregierungsorganisation. Versorgt werden Ureinwohner in schwer zugänglichen Bergdörfern mit einer Rolling Clinic basismedizinisch. Ausgehend vom Ärztehaus in der Ortschaft Conner fährt das Team nach einem festen Plan 30 Ortschaften an. Bis zu fünf Tage dauern die wöchentlichen Touren. Außerdem bilden die Ehrenamtlichen Einheimische zur Stärkung des lokalen Gesundheitswesens an 33 Seminartagen zu Gesundheitskräften aus. 325 Frauen haben die Ausbildung abgeschlossen.
  • Einsatzgebiete sind entlegene Ortschaften in den Provinzen Apayao und Kalinga. Häufigste gesundheitliche Probleme sind muskuläre Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, chronische Erkrankungen und vielfältige Hauterkrankungen.
  • Schwerpunkte sind die basismedizinische Versorgung von Bergbauern sowie Ausbildung einheimischer Gesundheitskräfte.
  • Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE26 5502 0500 4000 8000 20, BIC: BFSWDE33MNZ, Stichwort: Gesundheit schenken. 

Nach ihrem Medizinstudium in Würzburg promovierte die Tochter eines Bauingenieurs und einer Integrationshelferin über Blutkrebs bei Kindern. Denn immer wieder war es der Umgang mit ihnen, der sie – trotz aller schweren und oftmals traurigen Momente – fasziniert hat: „Man lernt so viel von ihnen. Die sind emotional so viel schlauer als Erwachsene.“ Dennoch ist die Naturwissenschaftlerin täglich mit schweren Schicksalen konfrontiert, betreut ja im Uniklinikum nicht nur die kleinen Patienten, sondern auch die ganze Familie: „Ja, das ist ein Gesamtkonzept, bei dem man sich das komplette Umfeld mit anschaut.“ Aber wie schafft sie das? Nun, es gebe zwei Aspekte, die Halt geben könnten. „Erstens das akademische Interesse.“ Denn inzwischen sei auch Krebs bei jungen Menschen „ganz gut“ zu heilen. Zum anderen treibe sie der Ehrgeiz voran, die Kinder samt Eltern zu begleiten. Und es seien eben immer wieder die Mädchen und Jungs, die den Großen vormachten, was am besten zur Heilung beitrage. „Wenn Sie bei uns auf Station vorbeikommen, würden Sie sicher staunen, was hier für ein Halligalli stattfindet, mit Kichern, Toben und Spielen“, erzählt Katharina Hempel lachend.

Apropos Klinikum: Das gesamte Kollegium unterstütze ihre Reise-Pläne voll und ganz. „Das hat mich sehr gefreut.“ Doch der Weg bis dahin war nicht einfach. Zunächst musste die junge Ärztin Vorbereitungsseminare besuchen, tropenmedizinische und projektbezogene Themen kennenlernen. Dann begann eine monatelange Zitterpartie, denn in Zeiten der Pandemie eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, war ein Kampf: „Ich habe tagelang immer nur auf meine E-Mails gestarrt.“ Als endlich der erlösende Positivbescheid kam, „da hab ich mich erst mal kurz setzen müssen“. Sie habe die Nachricht vorsichtshalber noch zwei Mal gelesen und sich dann „riesig“ gefreut: „Damit schließt sich für mich – vom Wunsch von damals nach dem Abi bis heute – ein Kreis.“

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Bei aller Vorfreude gibt es natürlich auch Dinge, die sie mit Spannung erwartet. Schließlich wird sie sechs Wochen lang mit einer rollenden Klinik samt einer Kollegin sowie Übersetzer und Fahrer Bauern auf der Insel Luzon behandeln: „Die Dörfer sind oft so abgelegen, dass wir den Rest des Weges zu Fuß hochsteigen müssen. Aber ich bin vor allem sehr gespannt, wie ich damit zurechtkomme, dass es eben keine Kernspin-Untersuchung und keine OP-Säle gibt.“ Die Gegebenheiten akzeptieren, fernab der Universitäts- und Apparatemedizin mit all ihren Möglichkeiten, „die wir ja immer als so selbstverständlich voraussetzen. Davor habe ich Respekt.“ Dennoch, bei ihrer Arbeit, gerade mit sehr kleinen Kindern, laufe ohnehin viel nonverbal ab: „Meine Hände sind mein wichtigstes Werkzeug. Und die habe ich ja überall dabei.“ Noch ist vieles ungewiss, noch kann sich die Ärztin vieles vorstellen, aber nichts sicher wissen. Nur von einem, davon ist sie jetzt schon felsenfest überzeugt: „Ob medizinisch oder menschlich – ich werde viel mehr zurückbekommen, als ich hineingebe.“

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