Mannheim. Beim Eurovision Song Contest (ESC) scheiden sich häufig die Geister. Für die einen ist es eine politische Veranstaltung, getarnt als musikalischer Wettbewerb, bei dem Deutschland ein Abo auf die hinteren Plätze hat. Die anderen feiern das Event, weil es Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenbringt und gute Laune verbreitet. Für die Fans hat die Abendakademie am Samstag gemeinsam mit dem Queeren Zentrum Mannheim (QZM) und mit Unterstützung des Gehörlosenvereins sowie der Stadt ein Public Viewing auf die Beine gestellt.
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Mit dabei ist an diesem Abend eine Gebärdenübersetzung, so dass auch Menschen mit Hörbehinderung den ESC mitverfolgen können. Zudem können Besucherinnen und Besuchern, die schlecht hören, Induktionsschleifen nutzen. Der Abendakademie-Saal präsentiert sich als ein gemütlich geschmückter Raum, mit kleinen Länderfähnchen und großen Regenbogenflaggen. „Anfangs habe ich gedacht, dass die Leute lieber an Stehtischen Party machen“, sagt Frauke Kühnl, Leiterin der Pressestelle. Doch die Sitzplätze sind beliebter. „Die Leute sind hochkonzentriert“, sagt sie lächelnd.
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Rund 200 Gäste sind gekommen und blicken gebannt auf den riesigen Bildschirm. Als die deutsche Hoffnung Isaak seine Rockhymne „On The Run“ mit einer mitreißenden Bühnenshow präsentiert, jubelt das Publikum lauthals.
Ein rund 15-köpfiges Team stemmt die Veranstaltung. Die Idee zur Kooperation mit dem QZM stammt von Organisator Gerhard Steinbach, Programmbereichsleiter der Abendakademie und selbst großer ESC-Fan. An diesem Abend fiebert er vor allem mit Italien, verrät er schmunzelnd und legt die große Flagge seines Herzenslands um seine Schultern. „Die Stimmung hier ist gut“, sagt er. „Ich bin gespannt, wie es nachher sein wird, wenn die Punkte verteilt werden.“
Abendakademie rennt offene Türen beim QZM ein
Das Motto des Wettbewerbs in Mälmö laute zudem „United by Music“, erzählt er. Für ihn eine tolle Möglichkeit, sämtliche Freunde des ESC in Mannheim unter einen Hut zu bringen. So sollten Menschen mit einer Hörbehinderung gemeinsam mit anderen schauen können. Steinbach, der auch Inklusionsbeauftragter der Abendakademie ist, ist homosexuell und damit Teil der queeren Community, erzählt er. Und in der queeren Szene habe der ESC viele Fans Anhänger - weshalb er auf das QZM zugegangen sei.
Dabei hat Steinbach bei Susanne Hun aus dem Vorsitz des QZM, offene Türen eingerannt. Denn die beiden Institutionen haben gemeinsame Ziele und Interessen, die sie miteinander verbinden. Zum einen die niederschwelligen Bildungsangebote, sagt Hun. „Und der ESC ist eine typisch queere Veranstaltung.“ Vergangenes Jahr hat das QZM bereits eine öffentliche Ausstrahlung des Events gemacht. „Doch unsere Räumlichkeiten sind begrenzt“, sagt Hun. In der Abendakademie dagegen gebe es mehr Kapazitäten.
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Während im Saal alkoholfreie Getränke gegen eine Spende serviert werden, können hungrige Gäste nebenan im Marley’s leckere Currywurst aus Fleisch, aber auch in veganer Version genießen. Die Geschäftsführer Greg Marley und Hiep Ngo servieren den Besuchern unter anderem auch Pommes mit hausgemachter Spezialsauce und Cocktails. Dafür hat das Lokal an diesem Abend extra länger geöffnet.
Dass ein bunt gemischtes Publikum bei ihnen gegessen und den ESC verfolgt, stimmt die Gastronomen zufrieden. „Das Ziel war, den Abend gemeinsam zu verbringen“, so Marley. Das habe gut geklappt. Neben Stammgästen seien auch viele neue Gesichter unter den Besucherinnen und Besuchern gewesen. „Das ist einfach schön“, sagt Marley.
Gebärdenübersetzer ist mit vollem Körpereinsatz dabei
Gerhard Steinbach lobt indes den Gebärdenübersetzer, der mit viel Körpereinsatz Songs und Moderation transkribiert. Abendakademie-Mitarbeiterin Virginia Bub hilft am Getränkestand aus und verfolgt das Spektakel begeistert mit. „Es ist eine schöne bunte Mischung“, sagt sie. Auch, was die Musikstile angeht.
Nachdem alle 25 Beiträge über die Bühne gegangen sind, wird es ruhiger im Saal. Manche ziehen weiter zur Partyreihe „Unheilbar X Queerlactica“ in der Disco Zwei. Andere warten die Punktevergabe ab. Unter ihnen ist auch eine 25-jährige Touristin aus Norwegen. Sie schaut alleine zu. „Meine Freunde boykottieren den ESC“, sagt sie und lacht. „Aber ich treffe sie später.“ Den Beitrag ihres Landes findet sie nicht ganz gelungen. „Eigentlich ist norwegische Musik sonst viel besser.“
Tobias, Rodrigo und Enrico machen sich gegen halb eins auf den Heimweg. „Die Stimmung unter mehr Menschen ist besser, als wenn man es allein schaut“, sagt Tobias. „Es ist eine offene Atmosphäre“. Enrico hat der Beitrag von Kaleen aus Österreich am besten gefallen, Rodrigo drückt Nemo aus der Schweiz die Daumen. Sven und sein Partner Michael sind über das QZM auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. „Ich finde die Idee des Public Viewings richtig gut“, lobt Sven.
Abendakademie-Pressestellenleiterin Kühnl hat es besonders die Atmosphäre angetan: „Ich bin begeistert.“ Bei der einen Party soll es nun nicht bleiben, denn bei Seiten haben bereits viele Pläne, wie die Kooperation künftig gestaltet werden soll. „Das war erst der Start“, sagt Hun.
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