Ilhan Scheer ist ein vielbeschäftigter Mann: Erst eine Videokonferenz, dann das Gespräch mit der Zeitung, und danach wartet bereits der nächste Termin. Und doch wirkt er entspannt. Hin und wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Leise, aber mit deutlicher Stimme erzählt der Mann im dunkelblauen T-Shirt davon, wie es ist, ein Unternehmen zu gründen. Er ist überzeugt von dem, was er tut. Manchmal klopft er sanft mit der Hand auf den Tisch, als wolle er seine Aussage untermalen. Scheer wirkt mit sich im Reinen. Während er erzählt, wird klar: Das war nicht immer so.
Im April 2016 hat er seine Beratungsfirma Antwort 360 gegründet. Mittlerweile laufe sie hervorragend, sagt er. „Ich habe aber ein paar Mal den Kurs verändert, bis das Konzept so erfolgreich gegriffen hat“, merkt er an. Scheer arbeitet mit Konzernen und Mittelständlern – auch aus der Region – zusammen. Er berät Firmen bei Projekten, vermittelt aber auch bei Konflikten. Dabei setzt er auf unkonventionelle Methoden. Zum Beispiel lässt er die Kunden Strategien per Lego nachbauen.
Gegründet hat er das Unternehmen alleine. Mittlerweile hat Antwort 360 mehr als 30 Mitarbeiter, im Oktober werden es 45 sein. Dieser Weg war keineswegs vorgezeichnet. Es war nicht nur das Konzept, das er bis zum Start seines Unternehmens mehrmals ändern musste – es war auch seine Arbeitsweise: „Am Anfang habe ich eigentlich nur gearbeitet – die ganze Zeit“, sagt er. Heute hat der Familienvater seine Tagesroutine, steht früh auf, geht aber auch zeitig ins Bett. Wenn er sich an die Gründungsphase seiner Firma erinnert, spitzt er gerne etwas zu: „Wenn Sie mich damals gefragt hätten, wie ich schlafe, hätte ich gesagt: wie ein Baby. Ich werde alle zwei Stunden wach und weine.“ Dabei muss er lachen. Die Verantwortung ist allerdings nicht weniger geworden, im Gegenteil: Mehr Mitarbeiter bedeuten auch mehr Aufgaben – und das Übernehmen einer Führungsrolle: „Auch wenn man das anfangs nicht kommen sieht, das gehört unbedingt dazu“, sagt Scheer.
Unruhig macht ihn das aber nicht. Mit der Erfahrung kommt die Ruhe. Das mag sich wie eine Floskel anhören. Für ihn ist es die Grundlage guter Arbeit. „Man muss Ruhe ausstrahlen. Wenn ich als Chef verrückt spiele, spielen alle anderen auch verrückt“, fügt er hinzu. Umso wichtiger wird es, sich um die Mitarbeiter zu kümmern. Bei Kunden ist Scheer nur noch selten. „Ich bin nur noch punktuell im Tagesgeschäft im Einsatz, zum Beispiel, wenn meine Kollegen doch einmal Hilfe brauchen“, sagt er. Viel mehr Zeit verbringt er damit, seine Mitarbeiter einzuweisen und am Unternehmen selbst zu arbeiten. Richtige Personalentscheidungen sind dabei entscheidend: „Wenn man jemanden entlassen muss, hinterlässt das Narben“, sagt Scheer.
Kreativität beim Arbeiten
Rückschläge gehören aber auch dazu. Das hat der Gründer selbst erlebt, denn auch seine Firma hatte nicht sofort den gewünschten Erfolg. „Entscheidend ist, wie man mit Misserfolgen umgeht – und dass man sie vor allem als Möglichkeit nutzt, zu lernen“, sagt Scheer. Kurz danach steht Scheer auf. Er holt eine Uhr, stellt sie in die Mitte des Tisches. Er programmiert sie so, dass sie rückwärts zählt: zehn Minuten. So verfahre er oft bei seinen Beratungsgesprächen, erzählt er. „Wenn Kunden ein Problem haben, das sie lösen möchten, setze ich ihnen diese Uhr vor die Nase“, sagt er. Ist der Zeitdruck da nicht hinderlich? „Im Gegenteil“, meint Scheer. Denn in dieser Zeit gibt es ein Ergebnis, das nicht perfekt zu sein hat, aber mit dem man weiterarbeiten kann.
Zeit optimal zu nutzen – das wird schnell klar – hat für Scheer eine unschätzbare Bedeutung. Doch wo bleibt denn da die Pause? „Die gibt es immer“, sagt er. Nur müsse man auch diese eben gut nutzen. „Wer nie von der Arbeit abschalten kann, wird es schwer haben“, findet er. Um nicht zu sehr in den Strudel der Arbeit zu geraten, ist Scheer gerne kreativ unterwegs – sogar auch auf der Arbeit.
Beim Gang durch die Büros fällt das schnell auf. Ein Beispiel: die Schilder neben den Türen. Zahlen sucht man dort vergeblich. Die Räume heißen „Mary Poppins“ oder „Peter Pan“ – Figuren, die ihn bei seiner Arbeit inspirieren. Darauf angesprochen, huscht wieder dieses Lächeln über sein Gesicht. Der Mann ist überzeugt von dem, was er tut.
Berater und Mediator
- Zur Person: Ilhan Scheer, Jahrgang 1983, hat in Heidelberg und Marburg studiert. Zudem hat er zahlreiche Fortbildungen im Bereich Mediation absolviert. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des von ihm gegründeten Unternehmens Antwort 360 doziert er an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
- Zum Unternehmen: Antwort 360 ist eine Beratungsfirma, die zur Zeit ihre Büros im Mannheimer Gründerzentrum Mafinex im Lindenhof hat. Anders als bei anderen Start-ups sind keine fremden Investoren an Scheers Firma beteiligt. (tge)
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