Vorfälle in Nähe von Schule

Mädchen in Mannheim-Neckarau nachgestellt? - Mutter appelliert an die Öffentlichkeit

Von 
Lea Seethaler
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Eine Achtjährige soll in Mannheim-Neckarau nach der Schule von einem Unbekannten abgefangen worden sein (Symbolbild). © ISTOCK

Mannheim. „Ich lag die ganze Nacht wach und überlegte, ob ich euch anschreibe“, sendet eine Mutter eine Nachricht an den „MM“. Sie entscheidet sich dafür, denn sie will, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass ihre Tochter von einem Unbekannten abgefangen worden sei - nach der Schule. Der Mann habe der Achtjährigen in Neckarau aufgelauert. Schließlich sei er mit ihr an der Haltestelle Rheingoldhalle in die Straßenbahn gestiegen. Dann soll er fortwährend in bedrängender Art nach Alter und Wohnort gefragt haben. Und ob sie „seine Freundin sein will“. Dabei soll er seine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt haben. Am Ende sei die Kleine aus der Bahn geflohen - der Mann ihr dicht auf den Fersen. Der Vorfall sei Anfang Mai passiert.

Auf Anfrage sagt Norbert Schätzle vom Polizeipräsidium Mannheim: Der Vorfall sei zuerst von dem Beamten des Reviers in Neckarau vor Ort aufgenommen worden. Dann wurde der Fall „zuständigkeitshalber an das Dezernat für Sexualdelikte beim Kriminalkommissariat Mannheim weitergeleitet.“ Nach ersten Erkenntnissen hätte sich der Verdächtige zunächst im Bereich der Freien Waldorfschule im Neckarauer Waldweg aufgehalten. Schätzle gibt auch an, dass der Mann das Mädchen später in der Bahn am Oberschenkel berührt haben soll. „Nach Personalienfeststellung und der Überprüfung seiner Person wurde der Verdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt“, so Schätzle weiter.

Im Notfall: Da sein, zuhören, Wärme geben - Tipps von Sozialpädagogin

Wie verhält man sich am besten, wenn das eigene Kind so einen Vorfall erlebt hat? Manuela Heckmann ist Sozialpädagogin beim Caritasverband Mannheim.

  • Sie sagt: „Es ist ganz wichtig, sich Zeit für das Kind zu nehmen und ihm zuzuhören.“ Und konkretisiert: „Das heißt, sagen Sie Geschäftstermine oder Verabredungen ab, seien Sie da. Zeigen Sie, dass Sie sich Zeit nehmen.“
  • Zudem sollten Eltern versuchen, selbst Ruhe zu bewahren. Dann einen vertrauten Gesprächsrahmen schaffen. Wichtig sei auch, Essen und Trinken zu geben, das Kind körperlich zu versorgen. „Trösten Sie es dann, je nach Alter, nehmen Sie es etwa in den Arm, setzen Sie es auf den Schoß.“ Es könne dann sein, dass das Kind „friert oder schneller atmet“. Eltern sollten ihm dann Wärme, auch wirklich Körperwärme, durch Umarmen geben. „Fragen Sie das Kind bei allen Maßnahmen, ob es ihm so recht ist“, so die ausgebildete Kindesschutzfachkraft. „Achten Sie auf körperliche Zeichen, wenn es müde ist, lassen Sie es sich hinlegen. Aber lassen Sie es nicht allein.“
  • Diese sogenannte erste emotionale Versorgung sei wichtig, um so ein „drastisches Erlebnis“ zu verarbeiten. Es bestehe die geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Traumafolgestörung entwickle, „aber das ist kein Automatismus“, macht Heckmann deutlich. „Jedes Kind reagiert anders, ist anders resilient.“ Dennoch sollten Sohn oder Tochter die Tage nach dem Ereignis beobachtet werden. Spielt er oder sie weniger? Gibt es Wutanfälle? Wird weniger gesprochen? Entwickeln sich Kopf- oder Bauchweh? „Oft klingen diese Zeichen nach einigen Tagen wieder ab und das Kind geht wieder normal in Schule oder Kita“, beschreibt Heckmann. „Dann behält das Kind zwar eine schlechte Erinnerung an das Ereignis, kann aber damit umgehen.“
  • Bleiben aber die genannten Zeichen oder zeigen sich Charakteränderungen, sollte eine professionelle Beratungsstelle wie die der Caritas aufgesucht werden. Dort gibt es zu geschnittene Hilfe.

 

Im Visier der Beamten

Gegen den Mann werde nun wegen des Anfangsverdachts des „Sexuellen Missbrauchs von Kindern“ ermittelt. Er sei bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten. „Es wurde eine sogenannte Gefährderansprache bei ihm durchgeführt“, so Schätzle weiter. Gefährderansprache bedeutet unter anderem, dass dem Betroffenen bewusstgemacht wird, dass sie unter der Beobachtung der Polizei stehen. Und ihnen werden die Konsequenzen bei Wiederholung von solchen Taten aufgezeigt werden. Bei den Recherchen zu diesem aktuellen Fall, sei den Ermittlern zudem bekanntgeworden, „dass der Verdächtige bereits am Tag zuvor in der Nähe der Waldorfschule aufgefallen und Mädchen ausschließlich hinterhergegangen sein soll“, so Schätzle. Der Anfangsverdacht einer Straftat lag hier jedoch nicht vor, betont der Sprecher.

Eltern sehen fliehende Tochter

Die Leserin die sich an den „MM“ wandte, schilderte zudem, dass sie und ihr Mann durch Zufall ihre aus der Bahn fliehende Tochter gesehen hätten. „Mein Mann stieg aus und unsere Tochter rief sofort ,Papa, der Mann da verfolgt mich’“, schreibt sie. Ihr Mann habe dann den Unbekannten zur Rede gestellt. Dabei habe dieser dann Sätze wie: „Ich weiß ja, dass ich das nicht darf“ und „Ich mache das eigentlich nicht“ gesagt. Sie und ihr Mann hätten dann die Polizei gerufen. Die Sätze des Mannes bestätigte die Polizei nicht. Sagt allerdings, wie Kinder sich verhalten können, wenn jemand sie so verfolgt oder berührt. Wichtig sei, dass sie sich an Ort und Stelle sofort laut bemerkbar machen, so Schätzle.

Aufmerksamkeit, egal welche

Das geht durch einfache Sätze wie: „Nehmen Sie die Hand weg!“, „Lassen Sie das!“ oder „Bitte helfen Sie mir. Der Mann lässt mich nicht in Ruhe“. Wichtig sei auf alle Fälle, „wenn möglich sofort Aufmerksamkeit bei Personen in der Nähe zu erwecken“, egal in welcher Form. Das schnelle Verständigen der Polizei durch anwesende Erwachsene sei ebenso sehr wichtig.

„Leider haben wir unsere Tochter nicht darauf vorbereitet, was zu tun ist, wenn sie ein Fremder ungewollt anspricht oder wie in diesem Fall sogar anfasst“, resümiert die „MM“-Leserin. Und weiter: „Wir haben einfach mit so etwas nicht gerechnet und eine Aufklärung verpasst.“ Durch ihre Zuschrift wolle sie nun, dass Kinder als auch Eltern sowie Außenstehende „noch mehr für dieses Thema sensibilisiert werden“.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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