Mannheim. Aus dem Keller ihres Neuostheimer Elternhauses gründete Christiane Bonkat 2013 „love me cakes“. Sie wollte Menschen mit Unverträglichkeiten und Allergien „ein Stück Lebensfreude zurückzugeben“. Das kam nicht von ungefähr. Wenn Bonkat ihre Geschichte erzählt, hört man ihre eigene Leidensgeschichte heraus. Sie hat eine Autoimmunerkrankung und reagiert auf verschiedene Nahrungsbestandteile mit starken körperlichen Symptomen.
Hippes Gebäck in alter Metzgerei
Doch aus ihrer Leidens- wurde schnell eine Erfolgsgeschichte. Mit ihrer zucker- und glutenfreien Low-Carb-Bäckerei „love me cakes“ traf Bonkat nicht nur den Nerv der Zeit, sie gewann kurz darauf den Mannheimer Existenzgründerpreis. Ihr Geschäft baute sie indes stetig aus. Heute vertreibt sie ihre Backwaren über verschiedenste Wege.
Da der Platz im Elternhaus wegen steigender Nachfrage schon kurz nach der Gründung zu klein wurde, zog sie in eine Produktion mit Café in der Schwetzingerstadt. Bald meldeten sich Supermärkte bei ihr. Und so war auch diese Immobilie für die vielen Aufträge schnell zu klein. „Glücklicherweise habe ich jetzt eine stillgelegte Produktion in Bürstadt mit großen Küchen und Kühlhäusern gefunden, von denen ich nun auch große Aufträge annehmen kann“, so Bonkat im Gespräch mit dem „MM“. Zudem sei dort die Pacht günstiger und sie könne sich gut auf den Online-Handel fokussieren. Wer mit ihr telefoniert, erwischt sie fast immer dort - während sie rührt oder backt oder eine Lieferung fertigmacht.
Lesung am 16.11. im Café Fräulein Schiller in den Mannheimer Quadraten
- Eine Lesung aus Christiane Bonkats 127-seitigem Buch mit dem Titel „Grundlos dick? Wer macht alles richtig und nimmt trotzdem nicht ab?“, in dem sie sich mit ihrer Hashimoto-Thyreoiditis-Erkrankung auseinandersetzt, findet am 16. November um 18 Uhr im Café Fräulein Schiller in B 2, 11 in Mannheim statt.
- Anmeldungen für das Event sind möglich über die E-Mail-Adresse info@lovemecakes.de
- Der Eintritt beträgt 19,90 Euro, mitinbegriffen ist das „love me cakes“ Gebäck, das Bonkat zur Verfügung stellt. Ihr Buch ist in gedruckter Form bei der Lesung und zudem als E-Book ebenso auf www.lovemecakes.de verfügbar.
- Bonkats Warenangebot richtet sich an Diabetiker, an Menschen mit Autoimmunerkrankungen, mit Schilddrüsenleiden, an Übergewichtige oder Genießer mit Glutenunverträglichkeit – und an alle anderen, die sich nur mit wenigen Kohlenhydraten ernähren wollen.
- Neben Selbstgebackenem bietet sie auch fertige Low-Carb-Produkte und Snacks an, außerdem auch selbstgemachte Marmelade, Brote und (Back-)Zutaten wie den Zuckerzusatz Erythrit oder Alternativen zu Weizenmehl und vieles mehr. see
Projekt „Buch“ ließ keine Ruhe
Auch ihr über 80 Jahre alter Vater ist mit an Bord, mittlerweile stellt sie langsam wieder Leute ein, berichtet die 43-Jährige. Denn auch für ihre kleine, inhabergeführte Spezial-Bäckerei sind die (Energie-)Krisenjahre ab 2020 harte Zeiten. Aber sie passt sich an, trotzt den Widrigkeiten. „Jetzt verkaufe ich zum Beispiel viel tiefgefrorene Rohlinge, um die Energiekosten beim Backen zu sparen“, sagt sie. „Wenn schon die normalen Bäcker klagen, was soll ich dann über gestiegene Kosten sagen“, so Bonkat. Ihre Produkte liegen im höheren Preissegment, auch, weil sie nach eigenen Angaben etwa Nussmehle statt normalem Mehl verwendet oder auf Zuckerersatzstoffe setzt.
Doch ein weiteres Produkt ließ Bonkat die ganze Zeit nicht los. Und das ist kein Gebäck. Sondern ein Buch. „Ein jahrelanges Projekt, das mir keine Ruhe ließ. Es ist meine persönliche Geschichte“, sagt sie. Denn es gab einen Moment in ihrem Leben - bevor sie zur erfolgreichen Geschäftsfrau wurde -, an dem sie nicht mehr konnte. Weil sie so sehr unter ihrer eingangs genannten Erkrankung litt. Auch, wenn die äußerlich nicht sichtbar war. „Du bist doch so hübsch, was willst du“, sagte man ihr.
Unsichtbares Leiden
Doch Bonkats Erkrankung, bei der die Schilddrüse sich selbst angreift, war nicht einfach festzustellen. Die meisten Symptome sind mehr oder weniger unsichtbar: von extrem hohen Blutfettwerten über Schwellungen bis zu Herzproblemen.
„Irgendwann hatte ich mein Konto wegen privat bezahlter Arztrechnungen um mehrere tausend Euro überzogen“, sagt Bonkat. In ihrem neuen Buch steht die Krankheit im Fokus. Und Bonkat ist schonungslos ehrlich. Sie beschreibt ihre Sichtweise. Von Beginn an. Erzählt ab dem Moment, als sie noch ein junges Mädchen war. Und stellt zudem gleich zu Beginn klar: „Bitte beachtet, dass ich weder Ärztin noch Ernährungswissenschaftlerin bin. Ich schreibe in einfachen Worten, wie ich meine Reise empfunden habe.“
„Du musst es aufschreiben!“
Dass Ernährung im Buch eine große Rolle spielt, liegt daran, dass Bonkat durch die Erkrankung stark an Gewicht zunahm. Trotz Sport und gesunder Ernährung wurde sie immer dicker. Es war der Wendepunkt, an dem sie sich selbst Hilfe suchte, als sie sich von Ärzten nicht mehr ernstgenommen fühlte und teilweise sogar verhöhnt wurde, wie sie berichtet. Dabei ist auch dieses Symptom in der Fachliteratur bekannt, mitunter weil die hormonellen Regelkreisläufe aus dem Gleichgewicht geraten.
Bonkats Eltern, Freunde und Bekannte, die alles hautnah miterlebten, sagen heute, es sei gut, dass sie ihre Odyssee endlich zu Papier bringe. Ihre Mutter äußerte etwa: „Du musst es aufschreiben! So wie du gelitten hast, das müssen einfach andere wissen, es muss ihnen helfen.“ Oft ist Bonkat an der Ladentheke ihres Shops ermuntert worden, doch nun endlich ein Buch zu schreiben. Nämlich von anderen Betroffenen der tückischen Hashimoto-Thyreoiditis, so der Name der Krankheit.
Auch mal naschen
„In meinem Buch geht es vor allem um Hilfestellung“, sagt Bonkat.„Ich möchte Mut zusprechen“, fügt sie hinzu. Dass sie nicht alleine ist, weiß sie. Und ja: Nach Angaben der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg sind rund fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung von der Krankheit betroffen. Bonkat will all denen helfen, „die gesund aussehen, aber sich hundeelend fühlen“, als hypochond abgetan werden.
Und sie will ihre Erfahrungen berichten, auch die, wenn es zu ihr hieß: „Such dir doch mal ’nen Mann. Oder: Geh’ zum Friseur.“ Bonkat nähert sich der Materie in ihrem Buch stets subjektiv und emotional an, lässt auch seelische Symptome der Hormonstörung nicht aus. Beschreibt ihre Nachforschungen und Expertensuche - und lässt dabei immer in ihr Inneres blicken. Mithilfe einer Ghostwriterin hat sie das 127-Seiten-Buch verfasst.
Bei den Gesprächen mit ihr kam es bei den Erinnerungen an die Vergangenheit zu emotionalen Momenten - an die Christiane, die schon als Kind „immer krank war“. Bonkat weiß: Ihre Kuchen allein sind keine Heilsbringer. Aber vielen bringt die Spezial-Ernährung Linderung, weiß mittlerweile auch die Forschung. Und sie ist eine Möglichkeit für Menschen mit Unverträglichkeiten auch mal zu naschen, sagt Bonkat.
Kontakt unter Gründerinnen
Der enge Kontakt zu einer anderen Café-Inhaberin aus Mannheim bringt Bonkat - und ihre Produkte - nun einmal mehr zurück in die Stadt. Stephanie Urbach, Inhaberin des Café Fräulein Schiller in den Quadraten, kennt Bonkat schon seit den Anfängen der Gründung.
„Wir haben etwa gleichzeitig gegründet, und Stephanie hat auch schon seit langer Zeit immer mal wieder meine Kuchen und Törtchen bei sich im Verkauf“, so Bonkat. Urbach hat im Fräulein Schiller in der letzten Zeit ihr großes Frühstücksangebot mehr und mehr ausgebaut, bietet ebenso glutenfreies Frühstück an. Das kommt an. Sie sagt: „Die Leute freuen sich sehr. Ich habe auch das Gefühl, dass immer mehr Leute darauf achten. Proteinreiche und bewusste Ernährung, Low Carb, vegan oder glutenfrei - die Nachfrage ist hoch.“
Bonkat und Urbach können sich eine längerfristige Zusammenarbeit vorstellen - und tüfteln derweil schonmal vor sich hin.
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