Das Wichtigste in Kürze
- Lichtkunst verwandelt Mannheims Innenstadt bis 3. April. - Farbenfrohe Projektionen beleben Baustellen mit Zitaten und Bildern. - Das Kunstprojekt fördert Attraktivität und Erlebbarkeit der Stadt.
Innenstadt. Wenn es wärmer wäre, könnte man sich einen Liegestuhl zwischen die Quadraten K1 und I1 stellen und einfach nur entspannt die Farb- und Lichtspiele auf den drei gegenüberliegenden Häuserwänden betrachten – wie in einem Freiluftkino.
Es erscheinen perspektivische Räume mit geometrischen Formen, Treppen, Türrahmen, zwischendurch werden Zitate von berühmten Personen an die Wand projiziert, im Wechsel auf Deutsch, Türkisch und Arabisch. „Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut“ lautet eines davon, es stammt vom amerikanischen Schriftsteller John Augustus Shedd. Die Zitate stammen aus verschiedensten Epochen, zum Beispiel von Hannah Arendt, Søren Kierkegaard oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel.
Als sich das Programm ändert, schauen plötzlich überdimensionale Augen von den drei Wänden herab, zum Teil sind es einzelne, wie die eines Zyklopen. Sie sind bunt, wenn sie blinzeln, wirkt es ein wenig gespenstisch, doch man möchte gar nicht mehr wegsehen. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ aus „Der kleine Prinz“ erzählen die Augen.
Manche Leute bleiben bewusst stehen und lassen die Farb- und Formspiele auf sich wirken, andere schauen während des Wartens an der Haltestelle hin, doch die meisten gehen weiter, scheinbar unbeeindruckt. Man wünscht dem Kunstprojekt ein paar Zuschauer mehr.
Lichtinstallationen in Mannheim sollen von Baustellen ablenken
Die Installation stammt von einem Künstlerteam bestehend aus Alexander Doss und Eric Carstensen, die für die multimediale Gestaltung zuständig sind. Die Texte wurden ausgewählt von Sofia Disson, für die musikalische Begleitung sorgt an Donnerstagen Kiti Violine. Die Show, die die Stadt in einem anderen Licht erstrahlen lässt, beginnt um 20 Uhr, dauert eineinhalb Stunden und ist noch bis Donnerstag, 3. April zu bewundern.
Bei der Eröffnung, die etwas regnerisch ausfiel, war auch Kulturbürgermeister Thorsten Riehle anwesend, der von der Installation begeistert war, weil man durch solche Aktionen „viele Menschen erreichen und die Innenstadt erlebbarer und attraktiver machen“ kann. Da es zurzeit zwei Baustellen direkt gegenüber gibt, ist bei Tageslicht eine trostlose Angelegenheit. An den Ecken von T1 und I1 befanden sich flache Gebäude aus der Nachkriegszeit, zum Beispiel das Kaufhaus Woolworth. Das Gebäude stand lange leer, die Fassade war voll mit Graffitis und Plakaten.
„Auf der Seite des ehemaligen Woolworth entsteht ein Hotel, gegenüber ein Rewe-Markt und ein weiteres Hotel“, sagt Petar Drakul, Innenstadtbeauftragter und Leiter des Projekts FutuRaum Mannheim, das die Installation „Neue Perspektiven“ ermöglicht hat.
Mit FutuRaum soll die Innenstadt attraktiver werden
FutuRaum, mit Sitz in P6, 25, wird gefördert vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Als eine von insgesamt 228 Kommunen erhielt Mannheim im Oktober 2022 die Zusage für das Projekt. Die Stadt setzt es mit mehreren Kooperationspartnern um, dabei richtet sich das Augenmerk auf die Innenstadt und die Stadtteilzentren von Rheinau, Schönau und der Vogelstang, wo die Aufenthaltsqualität nachhaltig verbessert werden soll.
“Bei FutuRaum machen Menschen mit, die tolle Ideen haben. Als Inspiration diente ihnen zum Beispiel Benjamin Jantzen, der ebenfalls Lichtinstallationen macht“, so Drakul. Es gibt die großen, leeren Flächen rund um die beiden Baustellen – warum diese nicht auch mit Lichtinstallationen verschönern, wenn auch nur abends? „Die Künstler kommen auf uns zu, und wir prüfen, was umsetzbar ist.“ Im Fall der „Neuen Perspektiven“ gab es eine Zusage.
Gerade jetzt, nachdem es in der Innenstadt innerhalb eines Dreivierteljahrs zwei Attentate gegeben hatte, für dessen Opfer noch immer Blumen und Kerzen niedergelegt werden, braucht die Innenstadt etwas Positives, das Licht ins Dunkel bringt. „Wir haben große Wände. Die Leute fühlen sich nicht sicher, deshalb möchten wir mit Kunst und Kultur öffentliche Plätze beleben. Kunst und Kultur sind enorm wichtig für die Innenstadtentwicklung. Die Gebäude standen schon länger leer, es herrschte Unzufriedenheit deswegen. Jetzt haben wir aus der Not eine Tugend gemacht“, erklärt Drakul.
Wer sich nun fragt, wie die leuchtenden Kunstwerke, die von Fassade zu Fassade huschen, überhaupt zustande kommen: Es sind drei Projektoren, die in einem Gebäude in U1 im zweiten Stockwerk stehen. Der nächste Donnerstag, an dem die Lichtinstallation musikalisch begleitet wird, ist Donnerstag, 27. März, Beginn 20 Uhr.
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