Serie "Neu im Gemeinderat"

Lennart Christ: Unaufgeregter Ingenieur mit klaren Worten

Gemeinderat-Neumitglied Lennart Christ (CDU) ist jung und konservativ. Gefühlt eher eine ungewöhnliche Kombination. Wie ist es, wenn er auf Partys auf junge, linke Menschen trifft? Und was sind seine Ziele im Gemeinderat?

Von 
Lea Seethaler
Lesedauer: 
Neu im Gemeinderat: Lennart Christ (CDU) – hier beim Gesprächstermin mit dem „MM“ in Wallstadt. © Lea Seethaler

Mannheim. Lennart Christ ist jung und konservativ. Gefühlt eher eine ungewöhnliche Kombination. Wie ist es, wenn er auf Partys auf junge, linke Menschen trifft? Der Mannheimer, der als eine seiner Hauptcharaktereigenschaft Unaufgeregtheit nennt, fasst sich an seine Hornbrille und lacht. „Manchmal diskutieren wir schon“, sagt er. „Aber es ist kein Ausschluss, konservativ zu sein und sich für Umwelt und Klimaschutz einzusetzen. Ich glaube nur, dass andere Wege auch zum Ziel führen, ohne dass man Leute durch Verbote in eine gewisse Richtung leiten muss“, findet Christ. Allgemein sollte man eher auf Forschung und neue Technologien setzen, sagt er.

„Wurde beim Ehrenamt selbst ins kalte Wasser geworfen“

„Ich diskutiere gerne. Bewege mich aus meinem Dunstkreis. Das macht auch den Wahlkampf immer spannend“, sagt Christ. Und genau diese Diskussionen sind auch Kern des Gemeinderats, in dem der 26-Jährige nun sitzt. Dort will er vor allem beim Verkehr etwas bewegen: Hin zur „gleichberechtigten Teilnahme aller Verkehrsteilnehmer“ an der Mobilität. Außerdem müsse man den ÖPNV stärken: „Hier in Wallstadt wurde zum Beispiel die Taktung im ÖPNV verringert. Von zehn auf 20 Minuten, viele Schüler sind betroffen, das macht etwas aus.“

„Weitere Herzensangelegenheit von mir sind das Thema Vereine und Ehrenamt“, erzählt der Maschinenbauingenieur. „Ich bin selbst im September 2023 ins kalte Wasser geworfen worden. Ich habe früher Baseball gespielt. Der Tornadopräsident verstarb leider 2023. Dann war Mitgliederversammlung und ich war schon lange nicht mehr dort und hatte mir nichts dabei gedacht. Dann bin ich als Vorsitzender wieder rausgelaufen...“, sagt Christ. „Seitdem habe ich da einen besseren Einblick wie das so ist.“ Bürokratisch sei es und „enorm schwierig, Ehrenamtler zu finden.“ Christ: „Ich wusste aus der Politik schon viel - wie geht es dann Leuten, die da gar keine Berührungspunkte haben?“

Bürokratieabbau und ein wie jüngst eingeführter Vereinsbeauftragter würden den Menschen helfen. Schade sei auch, dass die Stadt es „lange Zeit nicht schaffte, Infrastruktur, für die, die sich engagieren wollen, zur Verfügung zu stellen.“ Oder diese „über zu lange Zeit verkommen ließ“. So etwa beim Feuerwehrgerätehaus in Wallstadt. „Mit dem Feuerwehrkommandanten habe ich mich oft unterhalten, er erzählte, dass das Gebäude total marode ist, dass es zu wenig Umkleiden, gerade für Frauen gibt, die sich engagieren wollen.“

Digitalisierung beim Thema Kinderbetreuung nutzen

Ein weiterer Punkt, für den Christ sich im Gemeinderat einsetzen will, ist bessere Kinderbetreuung: „Es ist ein Teufelskreis. Ich merke, dass auch bei mir im Umfeld viele junge Mütter, die sich vorstellen könnten, mehr zu arbeiten, weiter in Teilzeit sind, weil es keine Betreuungsplätze gibt.“ Die Stadt müsse mehr machen als bisher. „Daher haben wir das im OB-Wahlkampf auch zur Chefsache gemacht.“ Da soll künftig auch die Digitalisierung stärker helfen. Etwa mit Apps, in denen kurzfristig Betreuungsangebote zugebucht oder abgesagt werden können und freie Plätze dann angezeigt werden. Auch externe Angebote bräuchte es. „Es ist nicht mehr so wie bei mir früher, dass man in die Kita zu einer Erzieherin gebracht wurde mit 15 Kindern und man fünf Stunden später abgeholt wurde. Und: Der Erzieherberuf muss von der Stadt attraktiver gemacht werden“, so Christ.

Wie steht Christ zum Thema Migration, und die Auswirkungen auf Mannheim, die multikulturelle Stadt? Der Mannheimer, der bei Südzucker arbeitet, sagt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir klare und geordnete Strukturen bei der Migration brauchen. Ich bin ein großer Freund davon, sich aktiv im Ausland um Fachkräfte zu bemühen, wie schon jetzt im Pflegebereich oder in der Industrie.“

„Wir müssen diese Migrations-Debatte endlich ehrlich führen“

„Ich finde es nicht richtig, dass man Flucht, Asyl und Arbeitsmigration in einen Topf wirft. Wir müssen gucken, dass bei denjenigen, die Asyl in Anspruch nehmen wollen, nicht das Prinzip gilt, der Stärkste der es nach Deutschland schafft, der die Schlepper zahlen kann, schafft es. Dann schafft es die verfolgte Frau oder der ältere Mann aus diesen Ländern nicht.“ Christ findet, Thorsten Frei, Geschäftsführer der CSU/CDU-Bundestagsfraktion, habe einen guten Vorschlag gemacht: „Asyl sollte in der in der Deutschen Botschaft beantragt werden, dass wir die Leute dann herholen, wenn klar wird, die Person wird verfolgt.“

„Ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir die Debatte ehrlich führen müssen, dass wir sie ideologiefrei und unaufgeregt führen müssen.“ Christ: „Wir hatten in letzten Jahren ein Problem mit Leuten, die häufig einen migrantischen Hintergrund haben, das heißt nicht, dass wir ein grundsätzliches Problem mit Migration haben. Aber wenn in Hamburg 2000 Leute für ein Kalifat demonstrieren und gegen den Staat Israel und unsere liberale Demokratie, müssen wir klar machen: Das hat hier keinen Platz.“

Christ findet auch die Pro-Palästina- Demos in Mannheim „sehr beängstigend“. Christ: „Aber auch hier müssen wir das Problem offen benennen, wo der Antisemitismus herkommt, anstatt frühzeitig mit Rassismuskeulen die Diskussion abzubrechen.“

„Intelligente Videoüberwachung fördern und ausweiten“

Wie schätzt er die aktuelle Sicherheitslage in Mannheim ein? „Ich mache mir keine konkreten Sorgen, aber ich laufe zum Beispiel nachts ungern am Plankenkopf“, so Christ. „Ich weiß, dass es auch anderen so geht und wir haben von Mitgliedern der Justiz einen Einblick.“ Christ: „Und das ist nicht die einzige Stelle. Paradebeispiel für einen Angstraum ist auch die Stadtbahn-Haltestelle Dalbergstraße.“

Christ findet, in Mannheim „ist die intelligente Videoüberwachung eine hervorragende Sache, weil man auch Bedenken mit der dauerhaften Überwachung eliminieren kann.“ Christ: „Eben, weil sie nur aufzeichnet, wenn gewisse Muster erkannt werden.“ Der Ex-CDU-Landtagskandidat spricht sich für eine Ausweitung der Überwachung aus. „Und oft vergessen: Auch Sauberkeit einer Stadt spielt beim subjektiven Sicherheitsgefühl eine große Rolle“, sagt Christ.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke