Almenhof

Leiche in Mannheimer Wohnung erst nach Wochen entdeckt

Wochenlang liegt eine tote Person unentdeckt in einer Wohnung im Mannheimer Almenhof. Nachbarn klagen über den Gestank - doch die Mieterin kümmert sich erst spät um die Beseitigung der Leiche. Was passiert ist

Von 
Kai Plösser
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Hinter dieser Tür blieb wochenlang eine tote Person unentdeckt. Um den Leichengestank aufzuhalten, ist eine Plastikfolie am Rahmen befestigt. © Kai Plösser

Mannheim. Wem einmal Leichengeruch in die Nase gestiegen ist, der wird den Gestank immer wiedererkennen. So zumindest ist es zu vernehmen. Bewohnerinnen und Bewohner eines Mehrfamilienhauses im Mannheimer Stadtteil Almenhof dürften da wohl zustimmen. Über mehrere Wochen soll dort in einer der Wohnungen eine Leiche unentdeckt geblieben sein. Eine Hausbewohnerin beschreibt den Gestank als „ekelhaft und penetrant“. Immer intensiver sei er geworden. „Das können Sie sich nicht ausmalen.“

Als wir uns Ende Februar von dem Mehrfamilienhaus ein Bild vor Ort machen, riecht es nur noch leicht. An der betroffenen Wohnung hat der Hausmeister mit gelbem Klebeband eine Plastikfolie am Türrahmen befestigt, so dass der Geruch weniger stark in den Hausflur ziehen kann. Zu dem Zeitpunkt war die Leiche bereits seit etwa drei Wochen abgeholt. Doch es deutet sich an, wie intensiv der Gestank gewesen sein muss. „Der Geruch lag die ganze Zeit in der Nase und wurde immer stärker“, bestätigt ein weiterer Hausbewohner den Vorfall am Telefon. Doch was war passiert?

Mieterin nimmt Mann in ihrer Wohnung auf 

Alles beginnt nach Schilderungen der Vermieterin und der Hausbewohnerin, die beide anonym bleiben wollen, deren Namen dieser Redaktion aber bekannt sind, im Oktober des vergangenen Jahres. Eine der Mieterinnen hatte einen vermutlich obdachlosen Mann in ihrer Wohnung aufgenommen. Wahrscheinlich eine Hilfsleistung. Dies sei „ohne Kenntnis oder gar Zustimmung der Hausverwaltung“ geschehen, erklärt die Vermieterin.

Ich saß nachts senkrecht im Bett.
Hausbewohnerin

Laut der Hausbewohnerin sei mit dem Mann eine Lärmbelästigung verbunden gewesen. Sie spielt uns Tonaufnahmen vor, auf der Schreie zu hören sind, die von dem Mann verursacht worden sein sollen. Immer und immer wieder habe er laut geschrien. „Ich saß nachts senkrecht im Bett“, erzählt die Hausbewohnerin. Im Laufe des Dezember herrscht aber plötzlich Stille. „Von einen auf den anderen Tag“, sagt sie.

Im Januar beginnt es mehr und mehr zu stinken

Weder die Mieterin noch der Mann werden danach gesehen - oder gehört. Während der Mann weitergezogen sein könnte, sorgen sich die Hausbewohner langsam um die Frau. Auch weil es im Januar beginnt, aus der Wohnung mehr und mehr zu stinken. Im Laufe der Zeit entdecken die Hausbewohner eine Tüte mit abgelaufenen Lebensmitteln vor der Wohnungstür der Mieterin, sie entsorgen diese und hoffen, dass die Geruchsbelästigung nachlässt. Doch dem ist nicht so.

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Aufgrund des immer schlimmer werdenden Gestanks und der Sorgen um die Frau versuchen die Hausbewohner daraufhin, sie Ende Januar zu kontaktieren, die Nachrichten liegen dieser Redaktion vor. „Wenn du dich morgen nicht meldest, werden wir am Donnerstag die Hausverwaltung in Kenntnis setzen bzw. die Polizei informieren und nachschauen lassen - es stinkt wirklich erbärmlich“, heißt es.

Bewohner rufen irgendwann die Polizei

Tatsächlich meldet sich die Frau zurück. Sie entschuldigt sich für die „Unannehmlichkeiten“. Sie schreibt weiter: „Bin am Wochenende wieder da und werde mich um alles kümmern.“ Es wird daraufhin seitens der Hausbewohner um ein Telefonat gebeten. Weil die Frau sich aber nicht meldet sowie auf Anrufe nicht reagiert und die Sorgen deshalb größer werden, entscheiden sich die Hausbewohner, sich am Folgetag bei der Polizei zu melden.

Diese kann die Frau noch am selben Tag ausfindig machen. Sie habe gesagt, dass es ihr gut geht, so ein Polizeisprecher auf Anfrage. Die Geruchsbelästigung habe sie glaubhaft auf den Müll und den Zustand ihrer Wohnung geschoben. Wie den Hausbewohnern sagt sie den Beamten, dass sie sich am Wochenende um alles kümmern werde. Die Polizei setzt die Hausbewohner darüber in Kenntnis. Damit ist der Fall vorerst erledigt. „Wir hatten keinen weiteren Handlungsbedarf“, sagt der Polizeisprecher und verweist auf die fehlende strafrechtliche Relevanz.

Die Hoffnung bei den Mietern ist groß, dass sich am letzten Januar-Wochenende nun doch etwas ändert. Am Sonntag fragen sie bei der Frau nach, ob sie den Grund für den Gestank herausgefunden habe. Noch einmal folgt die Bitte, sich zu melden. Ansonsten würden sie die Hausverwaltung einschalten. Die Frau entschuldigt sich noch einmal. „Es sollte zeitnah besser werden“, schreibt sie.

Wohnung ist vermüllt - Mieterin bittet immer wieder um Aufschub

Den Mietern ist das nicht genug. Sie melden sich laut der Vermieterin am 29. Januar bei der Hausverwaltung. Bereits am nächsten Tag habe diese telefonisch Kontakt zur Frau aufgenommen, die abermals beteuert habe, „sich umgehend um die Angelegenheit kümmern zu wollen“. Bei dem Gestank soll es sich demnach, „um ungewaschene Wäsche und Müll“ gehandelt haben.

Am 1. Februar folgt eine Haus-Begehung. „Bei einem Blick durch die Fenster stellte die Hausverwaltung eine Vermüllung der Wohnung fest“, sagt die Vermieterin. Eine Abmahnung per Brief und Email sei daraufhin zugestellt worden. Innerhalb von 48 Stunden sollte die Frau den Zustand und die Geruchsbelästigung beseitigen. Zudem sei sie aufgefordert worden, am 5. Februar Zutritt zur Wohnung zu gewähren, den die Hausverwaltung an diesem Tag aber nicht erhalten habe.

Die Mieterin bittet daraufhin in einer Mail, den Termin zu verschieben, „da es ihr ,äußerst unangenehm’ sei, wie es in ihrer Wohnung ,aktuell aussehe’“, schildert die Vermieterin. Aufgrund des Wohnungsrechts der Mieterin sei ein letzter Besichtigungstermin auf den 16. Februar festgelegt worden. Erneut sei sie dabei aufgefordert worden, den Gestank zu beseitigen.

Im Februar findet die Polizei die Leiche des Mannes

So weit sollte es aber nicht kommen. Denn am 9. Februar bekommt die Polizei von der Frau die Info über die tote Person. „Der lag seit einiger Zeit in der Wohnung“, sagt der Polizeisprecher und spricht von einer „fortgeschrittenen Verwesung.“ Die Staatsanwaltschaft veranlasst eine Obduktion, die einen natürlichen Tod durch einen medizinischen Notfall ergibt. Ein Ermittlungsverfahren wird nicht eingeleitet.

Der lag seit einiger Zeit in der Wohnung.
Polizeisprecher

Die Behörde verlangt dafür am 15. Februar, einen Tag nach der Obduktion, dass der noch bei der Kriminalpolizei befindliche Wohnungsschlüssel zeitnah an die Frau zurückzugeben sei, so die Vermieterin. Dies sei am nächsten Tag geschehen. Gleichzeitig sei die Mieterin von der Stadt aufgefordert worden, einen Tatortreiniger zu beauftragen.

„Selbstverständlich war zu keinem Zeitpunkt der Gedanke an eine Leiche da“, sagt die Vermieterin, die von einem Alptraum für alle Beteiligte spricht. „Normal liegt der Mieter in so einem Fall tot in der Wohnung.“ So hätten es alle Seiten bei dem ungewöhnlichen Fall wohl leichter gehabt. Nun sind es die Hausbewohner, die wohl am meisten unter der Sache leiden müssen.

Reinigungsarbeiten in der Wohnung laufen immer noch

Denn auch noch einen Monat nach dem Auffinden der Leiche sind die Reinigungsarbeiten in der Wohnung nicht abgeschlossen. Die Frau, die mittlerweile außerordentlich und fristlos gekündigt wurde, lässt sich weiter Zeit. Noch sei die Wohnung nicht geräumt, sagt die Vermieterin.

Für seine abschließenden Arbeiten müsste der Tatortreiniger etwa noch ein Ozongerät aufstellen, um den Leichengeruch vollständig zu neutralisieren. „Die Frau hat sich bis zum heutigen Tag nicht beim Tatortreiniger gemeldet“, schreibt uns die Hausbewohnerin dazu am vergangenen Donnerstag. „Der Kammerjäger war zwar hier, aber ansonsten passiert nichts.“ Der Gestank in dem Haus dürfte sich somit immer noch nicht vollständig verzogen haben.

Redaktion

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