Mannheim. Ein Hauch von Festivalatmosphäre, gepaart mit Wettkampffieber liegt an diesem Sonntag im Sandhofener Gewann „Grund“ in der Luft. Auf den Feldern von Niklas und Jürgen Weiland kurven 13 Traktorfahrer auf dem Acker. Mal in gemächlicherem Tempo, dann wieder mit mehr Geschwindigkeit, ziehen die Landwirtschaftsfahrzeuge ihre Bahnen. Eine große Besucherschar hat die Augen auf das Spektakel gerichtet, das fast entschleunigend wirkt.
Was wie eine Gaudi wirkt, ist ein Wettbewerb, bei dem es um viel geht: Der 33. Landesentscheid im Leistungspflügen Baden-Württemberg findet nach 22 Jahren wieder in Mannheim statt. Die Sieger der beiden Kategorien Drehpflügen und Beetpflügen nehmen am Bundesentscheid nächstes Jahr teil. Wer dort die Nase vorn hat, qualifiziert sich für die Europa- oder Weltmeisterschaft. Auch zwei Mannheimer sind dabei: Max Wegerle (Beetpflüger) und Jonas Hinkel (Drehpflüger).
Einer, der in Sandhofen selbst schon auf dem Traktor erfolgreich nach den Sternen gegriffen hat, ist Thomas König. Im Jahr 1999 konnte er sich mit einem Punkt Vorsprung vor Holger Riffel platzieren, der den Wettbewerb zusammen mit Wolfgang Guckert organisiert. „Er wurde dann Vizemeister“, sagt König und lächelt. König wurde dreimal Deutscher Meister. Einmal brachte er aus Kanada eine Bronzemedaille heim.
Inzwischen ist König erster Vorsitzender des Landesverbands Leistungspflügen Baden-Württemberg und Teil der Juroren, die die Teilnehmer bewerten. Die Bedingungen im Gewann seien optimal, sagt König. „Der Acker wurde im Vorfeld beregnet, so haben die Pflüger gute Bedingungen.“ Denn auf dem Boden wachse Raps, Unkraut und Beikraut, was der Erde Feuchtigkeit entziehe.
König schätzt, dass am Sonntag rund 1000 Leute das kuriose Spektakel angeschaut haben. „Es ist ein Kommen und Gehen.“ Zu ihnen zählen Ute Bayer und ihr Sohn Martin. Die Sandhofener lassen es sich nicht nehmen, ihrem Bekannten Max Wegerle beim Pflügen zuzusehen. Mit seinem rot glänzenden Traktor sticht er optisch aus der Menge heraus.
Anne und Thomas Maas, die ihrem vier Monate alten Sohn Ben zuschauen, haben einen Landwirtschaftsbetrieb. Sie waren bereits auf der Pflügerparty und haben schließlich beschlossen, sich den Wettbewerb anzuschauen. „Für mich war es neu, dass es so einen Wettbewerb gibt“, sagt die junge Frau. Ihr Mann schaut den Traktorfahrern interessiert zu. Selbst mitmachen wolle er jedoch nicht. „Das wäre mir dann doch zu diffizil“, sagt er.
Alfons Krauß, der ebenfalls einen Landwirtschaftsbetrieb führt, hat schon selbst am Leistungspflügen teilgenommen. Allerdings vor 45 Jahren, verrät der Seckenheimer schmunzelnd. Er freut sich, dass durch die Veranstaltung der Beruf des Landwirts positiv in den Vordergrund gerückt wird. Johannes Sigmann, sein Bruder Philipp und Opa Karl kommen aus der Landwirtschaft, sind aber an diesem Tag Zuschauer. „Es ist cool zu sehen, wie akkurat man ohne GPS arbeiten kann“, sagt Johannes Sigmann.
Ilka Bräutigam und ihr Freund Tino Seiler haben es sich auf einem Heuballen bequem gemacht. Sie war schon öfter auf Pflugwettbewerben. „Mit der üblichen Technik ist das nicht zu vergleichen“, sagt sie anerkennend. Die Landwirte Jürgen Höhl, Christian Mager und Daniel Röß haben Respekt vor der Leistung der Kollegen. Höhl findet es interessant, wie sauber die Teilnehmer mit der vorgegebenen Technik arbeiten.
Martina Dorner fiebert mit ihren Söhnen Lukas und Michael Dorner mit. Für Michael Dorner ist es der dritte Landesentscheid, erzählt der 24-Jährige. Mit seiner Leistung ist er zufrieden. Er hofft, sich in der vorderen Hälfte platzieren zu können. Um sich vorzubereiten, hat er auf dem heimischen Hof drei Beete gepflügt. Allerdings sei der Boden daheim härter: „Der Sandboden verzeiht nämlich keine Fehler.“
Noch bevor der Wettbewerb startete, zogen die Teilnehmer mit ihren Traktoren unter viel Applaus durch die verlängerte Ausgasse auf das Ackergelände – unterstützt vom Applaus der Zuschauer. Thomas König erklärt vor dem Start die Vorgaben: Es gelte, eine vorgegebene Größe auf dem Ackergelände in einer bestimmten Zeit zu pflügen. „Es kommt auf die Genauigkeit an. Alle Ackerfurchen müssen gerade in Breite und Tiefe gezogen werden.“ Die Teilnehmer – aus Sandhofen, dem Ortenaukreis, vom Bodensee, aus Ulm und dem Kraichgau – arbeiteten unter den strengen Augen der Jury, allen voran Oberbewertungsrichter Stefan Bruni, selbst erfahrener Pflüger, der bereits in Litauen an den Start ging.
Am Ende des Tages schafft es Lokalmatador Max Wegerle sogar aufs Treppchen: Er pflügt sich nach Niklas Gröschel und Nico Röder (beide Ulm) auf Platz 3.
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