Wer kennt ihn nicht: Winnetou, edler Häuptling der Apachen, der stolz durch die Prärie reitet. Andrea Cox schüttelt sich. Früher hat sie gern Winnetou-Filme gesehen. Heute weiß sie, wie viel dichterische Freiheiten sich Karl May erlaubt hat: "Ein Apache im Tipi in der Prärie? Niemals!"
Die Mannheimerin weiß, wovon sie redet. Vor etwa 20 Jahren hat sie angefangen, sich für Indianer zu interessieren und Bücher über sie zu verschlingen - informative Bücher, keine Romane. Heute ist Cox quasi Hobby-Expertin. Und noch viel mehr: Sie hat ihr Herz an die Lakota-Indianer im Pine Ridge Reservat in den USA verloren, hat dort eine zweite Familie gefunden. Fast täglich telefoniert sie mit Wendell Yellow Bull, ihrem "Lakota-Bruder".
Wegsehen geht einfach nicht
Die 48-Jährige unterstützt die Indianer im Pine Ridge Reservat, wo sie nur kann. Sie informiert auf ihrer Internetseite über die Lage ihrer Freunde, startet Spendenaufrufe und pflegt Kontakte per E-Mail oder Telefon. Ein bis zwei Stunden lang, jeden Tag. Viel Freizeit bleibt da neben ihrer Teilzeitarbeit als Pfarrsekretärin nicht. Warum sie das alles auf sich nimmt? "Wir sind alle miteinander verwandt", zitiert Andrea Cox lächelnd einen Leitsatz der Indianer. "Und man kann nicht wegsehen, wenn es der Verwandtschaft schlecht geht."
Dann erzählt die 48-Jährige vom Leben der Lakota-Indianer, von ihrer Armut, der hohen Arbeitslosenquote, der hohen Suizidrate von Kindern und Jugendlichen. Sie erzählt von Häusern, die Löcher in den Wänden haben, von strengen Wintern mit minus 40 Grad, von Familien, die ihre Strom- und Heizrechnungen nicht bezahlen können. "Als ich erfahren habe, wie die Indianer heute leben, habe ich mich wirklich auf den Wohnzimmerboden gehockt und Rotz und Wasser geheult", erinnert sich Andrea Cox.
Aber die Mannheimerin kann auch schöne Geschichten erzählen: Über den einzigartigen Humor der Indianer und über ihre Lebensart: "Dort nehmen sich die Menschen viel Zeit. Wenn ich drüben bin, lache ich mehr als hier das ganze Jahr über", erzählt die Frau. 2001 war sie zum ersten Mal zu Besuch im Reservat, auf Einladung der Indianer. Geplant war dieser Besuch nicht. Aber, so gesehen, war das ganze ehrenamtliche Engagement von Andrea Cox nicht geplant.
Nachdem sie im Internet von den heutigen Lebensbedingungen der Indianer erfahren hatte und erschüttert war, begann die Mannheimerin, ihre Website aufzubauen. Denn Infomaterial gab es online genug - aber fast nur in Englisch. Der Stein kam ins Rollen - die 48-Jährige knüpfte Kontakte, begann mit dem Sammeln von Spenden und flog schließlich ins Reservat
Heute sind die Indianer fester Bestandteil ihres Lebens. In ihrer Wohnung hängen indianischer Schmuck und Fotos von ihren Lakota-Freunden. Im Flur stehen Kartons, die sie ihnen zu Weihnachten schicken will. Sie weiß, dass ihr Engagement nur einen kleinen Beitrag leisten kann. Aber sie macht trotzdem weiter. "Ich hoffe immer", sagt sie schlicht.
Andrea Cox
Andrea Cox ist 48 Jahre alt. Seit etwa 20 Jahren interessiert sie sich für Indianer und setzt sich für ihre Bedürfnisse ein.
Auf ihrer Website www.andreac. de informiert sie über die heutigen Lebensbedingungen der Lakota Indianer im Pine Ridge Reservat in South Dakota, USA.
Mit verschiedenen Projekten will sie die Indianer unterstützen. In ihrem Winterprojekt sammelt sie Spenden, um Indianerfamilien zu helfen, durch den harten Winter zu kommen.
Außerdem unterstützt Andrea Cox mit "Horse and Child" ein Kinder- und Jugendprojekt und sammelt Geld für den Ausbau eines Gemeindehauses im Reservat.
Um auf die Situation der Indianer aufmerksam zu machen, veranstaltet sie regelmäßig Infotage in ihrem Haus in Mannheim. Die Termine sind auf ihrer Website zu finden. laj
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-lakota-indianer-haben-ihr-herz-erobert-_arid,538770.html