Mannheim. Mit schwarzen Luftballons und Blumen in den Händen stehen die Teilnehmer bei der Kundgebung zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt auf dem Mannheimer Marktplatz. Gerade spricht die Schwester des nach einem Polizeieinsatz im Mai 2022 verstorbenen Ante P. zu ihnen. „Ohne diesen Polizeieinsatz wäre mein Bruder noch am Leben“, sagt die Schwester.
Ihre Rede am Freitag dauert etwa zwölf Minuten – immer wieder unterbrochen von unterstützendem Beifall. Sie beschreibt, wie der Prozess gegen die zwei bei dem Einsatz beteiligten Beamten aus ihrer Sicht verlaufen sei. „Wir als Familie erhofften, dass es eine Gerechtigkeit geben kann“, sagt sie. Dies sei aber nach nicht eingetroffen.
„Wir wollen in Revision gehen, um das Urteil zu prüfen. In der Hoffnung, dass dann eine gerechte Beurteilung erfolgt“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Dabei gehe es ihr nicht nur um Gerechtigkeit für ihren Bruder, sondern auch „um den Schutz von psychisch erkrankten Menschen“, so wie es Ante P. war.
Das in ihren Augen nicht nachvollziehbare Urteil ist aber nicht das einzige, was sie rund zwei Wochen nach der Verkündung bewegt. Sie leide seit dem Tod ihres Bruders unter Panikattacken, Schlaflosigkeit und einer posttraumatischen Belastungsstörung. „Kümmert das jemanden?“, fragt sie in ihrer Rede.
Die Angehörigen von Ante P. fühlen sich alleingelassen. „Die Polizisten bekamen nach der Tat umgehend das Angebot psychologischer Betreuung“, sagt sie und fragt: „Was ist mit uns?“ Monatelang habe sie auf eine Therapie warten müssen. Auch der hohe finanzielle Aufwand sei schwer zu tragen: „Wo sind die Hilfen, wenn wir die Wohnung des Bruders ausräumen müssen, Beerdigungskosten tragen?“, wünscht sie sich mehr Unterstützung.
Friedliche Versammlung
Die Initiative 2. Mai, die sich direkt nach dem Tod von Ante P. gegründet und zu der Kundgebung aufgerufen hatte, will den Angehörigen helfen. Sprecherin Sevda Can Arslan betont: „Uns ist wichtig, dass ihre Forderungen gehört werden.“ Auch deswegen hatten sie den Prozess kritisch begleitet und haben eine Spendenkampagne für die Angehörigen von Ante P. ins Leben gerufen, damit weitere Kosten nach dem Tod von Ante P. finanziert werden können.
Auch Emrah Durkal, Nachbar des im Dezember 2023 verstorbenen Ertekin Ö., der auf der Schönau bei einem Polizeieinsatz durch Schüsse eines Beamten ums Leben kam, ist als Redner vor Ort. „Der Schmerz ist nicht weniger geworden“, beschreibt er dieser Redaktion seine Gefühlslage. „Wir als Familie können es immer noch nicht akzeptieren und haben es noch nicht realisiert“, sagt Ertekin Ös Ex-Freundin, die drei gemeinsame Kinder haben. „Wir sehen zwar aus, als ob wir stehen können. Aber wir sind immer noch fix und fertig“, betont sie.
„Das ist auch wichtig für die Verarbeitung"
Nachdem die Ermittlungen im Schönauer Fall abgeschlossen sind, wie das LKA vor Kurzem mitgeteilt hatte, hofft Durkal nun auf die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens. „Das ist auch wichtig für die Verarbeitung, auch im Stadtteil, weil es viele Menschen gesehen haben.“ Deswegen sei ein Verfahren wichtig.
Nach Angaben der Polizei und der Veranstalter sei die Kundgebung friedlich verlaufen. Die Initiative 2. Mai spricht von etwa 300 Teilnehmern. Von der Polizei lagen bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch keine offiziellen Zahlen vor.
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