Es ist schön warm draußen auf dem gepflasterten Innenhof von Basement Bikes in der Werftstraße 29. Hannes Münch, 27, und Arne Große Hülsewiesche, 30, wienern drinnen die Theke, richten Kuchen, werfen die Espressomaschine an und machen die Fenster auf. Ihr neues Café öffnen sie immer donnerstags eine Stunde früher als die Werkstatt. Und kaum hat Arne die schwarze Werbetafel "Hofgarten geöffnet" 'raus auf die Straße gestellt, kommen schon die ersten Besucher herein.
Holger Bohnens zum Beispiel bringt seinen gelben Bianchi-Renner zum Service: Speiche abgerissen. Oder Hayri Bolur. Er ist 16 Jahre alt und kommt heute ohne Fahrrad: "Ich bin hier, um meine Freunde zu treffen und mit Leuten zu quatschen", sagt der 16-Jährige und fragt: "Wo ist eigentlich Nico?" Nico Netzer, 33, ist der "Erfinder" von Basement Bikes, Mannheims angesagtestem Fahrrad-Treff. Heute ist er noch unterwegs. Material besorgen und einem Fernsehteam im Technoseum ein Interview geben.
Nico hat Basement Bikes 2009 eröffnet, nachdem er eine Lehre zum Zweiradmechaniker abgeschlossen und einige Zeit bei einer Firma gearbeitet hat, die Motorräder für Fernreisen umrüstet. Der Laden ging über Nacht in Konkurs - und Nico setzte notgedrungen in die Tat um, wovon er schon vorher geträumt hatte: Er machte seine eigene Fahrradwerkstatt auf. Im Hinterhof des Musik-Clubs Contra'N in der Werftstraße hatte Nico bereits einen Kellerraum gemietet, um privat mit Freunden aus der Fahrradpolo-, Fixie- und Singlespeed-Szene zu schrauben und Musik zu hören. In der Rap-, Elektro- und Funk-Szene ist er kein Unbekannter: "Ich wollte beruflich sowieso weg vom Motorrad", erzählt Nico. Da war es nur ein kleiner Schritt, aus dem Hobbykeller eine "richtige" Werkstatt zu machen. Im Winter 2011/12 zog der Existenzgründer in die ehemalige Neonröhrenfabrik Otto Greiner um.
Obwohl die Bezeichnung "richtige Werkstatt" auf Basement Bikes nicht wirklich passt. Hier treffen sich Fahrrad-Enthusiasten, die ihr ganz individuelles Bike selbst zusammenschrauben, Studenten, die einen billigen Drahtesel für den Alltag suchen und die Kinder aus der Nachbarschaft wie Hayri, die ihre Räder aufpumpen oder sich von Nico, Arne und Hannes erklären lassen, wie sie ihre Bremsen einstellen müssen.
Viele kommen auf einen schnellen Espresso, um Freunde zu treffen, auf dem Sofa in einer Ecke der Werkstatt abzuhängen oder um die Arbeiten der Designerin Asmaa Sbou zu bewundern, die hier ihre Taschen und Lederwaren ausstellt. Hannes, der wie Arne in Ludwigshafen soziale Arbeit studiert, hatte Nico beim Fahrradpolo kennengelernt, Arne stieß kurz darauf bei einer Party bei Zeitraumexit nebenan zum Schrauber-Team. "Drüben im Keller beim Contra'N habe ich mein erstes Laufrad selbst eingespeicht", erzählt Hannes. "Hier wieder aufhören? Niemals!" Vier Tage in der Woche arbeiten sie in der Werkstatt, hinzu kommen Fahrradchecks im Auftrag der Stadt, bei Firmen und Schulen.
Der Laden als Museumskulisse
Zum Radjubiläum in diesem Jahr sind sie sogar im Museum vertreten: Eva Gramlich vom Technoseum hat die Schrauberwerkstatt kurzerhand als Kulisse in die Sonderschau "Zwei Räder - 200 Jahre" geholt (noch bis 25. Juni zu sehen). Neben dem Fahrradservice arbeitet Basement Bikes Gebrauchträder auf: "Ganz gut" laufe das Geschäft mit günstigen Second-Hand-Velos ab 80 Euro.
Die drei Kultschrauber aus dem Jungbusch haben einen Ruf als Fachleute für spezielle Fahrrad-Bedürfnisse. So haben sie zum Beispiel ein Kontingent an Stahl-Rahmen von Johannes Brunnenkant ("Pure Bros.") übernommen und bauen darauf exquisite Einzelstücke auf. Oder sie restaurieren ausgesuchte Raritäten wie ein Bianchi-Rennrad aus den 1970er Jahren, das wie neu im Original-Farbton "celeste" erstrahlt. Apropos Bianchi-Rennrad: "Hast Du das Bike nicht von meinem früheren Mitbewohner gekauft?", fragt Hannes den Besitzer des gelben Renners.
Holger Bohnens lacht: "Ja klar, Super-Tipp von Euch!" Um die gebrochene Speiche zu ersetzen, lässt sich Hannes im Hof nieder. "Wir machen dieses Fahrrad-Ding, weil wir es gerne machen!" erklärt er den Spirit von Basement Bikes - und blinzelt in die warme Nachmittagssonne.
Termine bei Basement Bikes
Lesereihe im Fahrrad-Café, Werftstraße 29: Sebastian Frank liest aus seinem unveröffentlichten Actionroman "Tiefschlaftaucher", der in der Fahrradkurier-Szene spielt: Donnerstag, 13. April, 20 Uhr. Weitere Lese-Termine: 13. Juli und 12. Oktober, jeweils 20 Uhr.
Kostenloser Rad-Check am Wasserturm (Friedrichsplatz): Freitag, 28., und Samstag, 29. April, jeweils von 11 bis 16 Uhr.
Wohnzimmer-Konzert im Fahrrad-Café: Singer-Songwriterin Isabell Müller ("Vögel:Steine:Meer"), Donnerstag, 11. Mai, 20 Uhr.
Offenes Radforum im Fahrrad-Café: Gesprächs- und Diskussionsreihe für Fahrrad-Aktive. Themen: Lastenräder und Mannheim autofrei. Donnerstag, 8. Juni, und Donnerstag, 14. September, jeweils 20 Uhr.
Mehr Infos im Internet unter basementbikes.de. lang
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