Strandbad - Restaurant schließt endgültig / Es gibt schon Interessenten / Entscheidung über Insolvenzverfahren steht bevor

Küche bleibt ab Samstag kalt

Von 
Angela Boll und Thorsten Langscheid
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Morgen werden hier im Restaurant am Strandbad-Ost zum letzten Mal Gäste bedient. Wer dort in Zukunft auftischt, steht noch in den Sternen.

© Rittelmann

"Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir uns von Ihnen verabschieden" - wer in diesen Tagen versucht, im Strandbad Restaurant einen Tisch zu reservieren, hört von einem Anrufbeantworter diesen Text. Konkret heißt es dort: Am Freitag, 9. Oktober, ab 12 Uhr öffnet das Lokal zum letzten Mal seine Türen.

Am Samstag ist also endgültig Schluss. Bereits seit Anfang September prüft ein Insolvenzverwalter ein laufendes Verfahren (wir berichteten). Dem waren erhebliche Diskussionen zwischen dem Vermieter - der Stadt Mannheim - und dem Pächter, Gastronom Sascha Kindermann, vorausgegangen. Wegen ausstehender Zahlungen hatte die Stadt Anfang 2015 zunächst den Vertrag gekündigt und dann die Insolvenz beantragt. Doch was passiert jetzt am Strandbad? 2012 war das Restaurant eröffnet worden. 3,1 Millionen hatte der Neubau an der Rheinpromenade damals verschlungen. Ein politisch umstrittenes Projekt.

Vorerst letzte Party am Lido

Und auch jetzt, wo die Küche kalt bleibt, brodelt es weiter. Wer folgt auf Kindermann? Was hat an dieser Stelle Zukunft? Einige interessierte Restaurantbetreiber und solche, die es werden wollen, sollen bereits ihr Interesse bekundet haben, erfuhr der "MM". Die Stadt erklärt, dass es bereits Anfragen gibt, muss allerdings das übliche Ausschreibungsverfahren einhalten. Und das kann wohl mit der Restaurant-Schließung demnächst anlaufen. Insolvenzverwalter Steffen Rauschenbusch bestätigt auf "MM"-Anfrage, dass nach der morgigen Schließung im Laufe der kommenden Tage noch Mobiliar ausgeräumt werde - "Mitte nächster Woche erfolgt dann die Übergabe an die Stadt". Sascha Kindermanns Tätigkeit vor Ort sei damit beendet, betont Rauschenbusch. "Unabhängig davon läuft die Prüfung des Insolvenzverfahrens weiter", so der Fachmann. Etwa in 14 Tagen werde er ein Gutachten über die wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen, "Dann wird entschieden, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird", erklärt Rauschenbusch.

Wie kam es zu der Situation? Am Strandbad-Ost (Gaststätte) hat die Stadt Mannheim ihrer Tochtergesellschaft GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft ein Erbbaurecht überlassen. Die GBG erhielt zudem eine Kapitalspritze von 900 000 Euro aus dem städtischen Haushalt. Daraufhin errichtete die GBG das Gaststättengebäude, dessen Baukosten bei 3,1 Millionen Euro lagen. Die fehlenden 2,2 Millionen finanziert die GBG über Bankkredite. Ursprünglich angesetzte 1,6 Millionen Baukosten hatten sich noch in der Planungsphase als viel zu niedrig erwiesen.

Pachtvertrag bis 2036

Die Stadt hat die Gaststätte zunächst bis zum Jahr 2036 für einen Jahresbetrag von 118 000 Euro von der GBG zurückgepachtet, die mit diesem Geld die Kredite bedient. Gegenüber dem Betreiber der Gaststätte, Sascha Kindermann, tritt somit die Stadtverwaltung direkt als Vermieter auf. Die genaue Höhe der Jahresmiete Kindermanns ist nicht bekannt, sie besteht aber aus einem festen Pachtanteil und einem umsatzorientierten Anteil. Nach "MM"-Informationen lag der feste Pachtanteil, den Kindermann bezahlen musste, deutlich unter den 118 000 Euro im Jahr, die der GBG überwiesen werden müssen.

Angaben darüber, ob und wie häufig die Stadt tatsächlich die vollen 118 000 Euro von Kindermann erhielt, wollte Rathaus-Sprecher Jan Krasko indessen nicht machen: "Dies sind Bestandteile des privatrechtlichen Vertrages", so die Auskunft, zudem laufe die Insolvenz-Prüfung. Einen kleinen Kiosk, den er vor der Gaststätte errichtet hatte, verkaufte Kindermann in dieser Saison an Ahmet Metaj, der ihn seither in eigener Regie betreibt. Die Höhe des Kaufpreises ist nicht bekannt, eine Pacht entrichtet Metaj nicht.

Abriss am Strandbad-West

Am Strandbad-West (Campingplatz) betreibt Ahmet Metaj bereits seit einigen Jahren äußerst erfolgreich das Kiosk-Bistro "Oro". Das Gebäude dort soll aber ebenfalls abgerissen und von der GBG durch einen Neubau ersetzt werden. Die Finanzierung wird voraussichtlich nach dem Vorbild des Strandbad-Ost konstruiert. Bisher ist allerdings der Verein Camping-Freunde Strandbad-Mannheim (CFSM) Pächter der Stadt.

CFSM betreibt den Campingplatz und entrichtet für das Kiosk-Gebäude eine Jahrespacht von 980 Euro an die Stadt. Das Gebäude samt Kiosk hat CFSM an Sascha Kindermann, Pächter und Betreiber der Gaststätte (Strandbad-Ost) für 4800 Euro im Jahr weiterverpachtet. Kindermann wiederum hat den Kiosk ohne Aufschlag an Ahmet Metaj weiterverpachtet, der somit genau die 4800 Euro im Jahr überweist.

Unklar ist auch für Metaj im Moment, ob Kindermann für ihn als Vertragspartner ausfällt und wie es nach der Pleite am Strandbad-Ost nun bei ihm weitergeht. Geplant ist, dass der Neubau im Strandbad-West im kommenden Jahr in Angriff genommen wird.

Strandbad Mannheim

Das Strandbad befindet sich komplett im Eigentum der Stadt Mannheim. Es wurde der Stadt im Jahre 1881 von dem Industriellen Carl Reiß und seiner Schwester Anna als Teil der Reißinsel (damals: Fasaneninsel) geschenkt.

1927 wurde die Promenade mit den Gebäuden eröffnet. Inzwischen ist auch das Strandbad-West marode und soll abgerissen werden. lang

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