Mannheim. Aus Kohle erzeugter Strom und Wärme haben in Deutschland keine Zukunft mehr. Nur der Zeitpunkt, wann das letzte Kraftwerk heruntergefahren wird, ist noch nicht endgültig definiert. Für das Grosskraftwerk Mannheim (GKM) bedeutet das in jedem Fall: Das Ende kommt, und es braucht eine Lösung für die Zukunft. Das gilt vor allem für die rund 570 Beschäftigten des Kraftwerks. Für sie haben Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi nun einen Tarifvertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen, der deren Beschäftigung über den Kohleausstieg hinaus sichern soll.
Und nicht nur das: Der „Tarifvertrag zum sozialverträglichen Kohleausstieg in Baden-Württemberg“ gilt über Mannheim hinaus, für Kohlekraftwerke etwa in Heilbronn, Karlsruhe oder Stuttgart. Er sei „richtungsweisend“ in mehrerer Hinsicht, sagte Jürgen Lippl, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Rhein-Neckar, bei einem Pressegespräch am Dienstag. Der Vertrag diene dazu, „die Versorgungssicherheit in der Region sicherzustellen“.
Keine Kündigungen
Für alle unbefristet Beschäftigten - vom Auszubildenden bis zum Mitarbeiter, der kurz vor dem Renteneintritt steht - soll der Vertrag sichern, dass niemand aufgrund einer politischen Entscheidung, dem Kohleausstieg, seinen Arbeitsplatz durch eine betriebsbedingte Kündigung verliert. Auch Abfindungsregelungen sind ausgeschlossen.
Sollte die Bundesnetzagentur entscheiden, dass ein Block stillgelegt wird, zahlt der Staat allen Angestellten, die mindestens 58 Jahre alt sind, ein Anpassungsgeld von 60 Prozent des letzten Bruttolohns, das über den neuen Tarifvertrag auf 87,5 Prozent aufgestockt wird. Die gleichen Konditionen erhalten Personen, die mit 60 Jahren in den Vorruhestand wechseln. Bei allen jüngeren Mitarbeitern verpflichtet sich das GKM, ihnen zwei Angebote für einen zumutbaren alternativen Arbeitsplatz im Unternehmen oder einem Betrieb der Anteilseigner zu unterbreiten. Nur wer sich dagegen entscheidet, geht finanziell leer aus.
Erschwerte Verhandlungen mit drei Anteilseignern
Verdi-Verhandlungsführer Angelo Bonelli machte deutlich, dass die Besonderheit mit drei Anteilseignern beim GKM - RWE 40, EnBW 32 und MVV 28 Prozent - die Verhandlungen erschwert habe. „Es war in den letzten zwei Jahren ein harter Kampf, und der ist nicht spurlos an den Verhandlungsparteien vorbei gegangen.“ Er hofft auf eine Alternative zur Kohle, was den Fortbestand des GKM sichern würde. „Am liebsten wäre uns, wenn dieser Tarifvertrag nie greift.“ Betriebsratsvorsitzender Ümit Lehimci nannte das Ergebnis „hervorragend“. Für die Versorgungssicherheit müsse man die Menschen, die die Anlage betreiben, qualifizieren und im GKM halten. Derzeit sei die Fluktuation hoch.
Das GKM teilte dazu auf Anfrage mit: „Auf Grund der ungeklärten Dauer der Systemrelevanz unserer Anlagen können wir aktuell zu Zeitpunkt und Umfang der Qualifizierungen keine Aussagen treffen.“ Die Fluktuation sei üblicherweise gering. Alle Stellen, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich seien, „werden planmäßig durch interne Fachkräfte besetzt, in Ausnahmefällen auch durch Neueinstellungen“. Insgesamt ist das GKM mit dem Tarifvertrag zufrieden: „Es handelt sich aus unserer Sicht um einen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - auch im bundesweiten Vergleich - guten Abschluss.“
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