AfD - Nominierung des bisherigen Mannheimer Abgeordneten sorgt für neue Zerreißprobe in der Partei / Gegner sprechen von „Mandatsnomadentum“

Klos hat neue Heimat in Tuttlingen

Von 
Peter Reinhardt
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Rüdiger Klos (AfD). © Markus Prosswitz

Rüdiger Klos, der AfD-Abgeordnete aus dem Mannheimer Norden, hat seine Bewerbung im fernen Tuttlingen von langer Hand vorbereitet. Weit vor der Nominierung des AfD-Kandidaten für die Landtagswahl 2021 ist der gebürtige Heidelberger ins Südbadische umgezogen. Jetzt hat er die Fraktionskollegin Doris Senger in einer Stichwahl aus dem Feld geschlagen. Die ist verbittert: „Ich finde, dass Rüdiger Klos die charakterliche Eignung für das Landtagsmandat fehlt.“

Für Klos ist bei seiner Nominierung fern der Heimat alles korrekt abgelaufen. „Ich habe familiäre Wurzeln in Tuttlingen“, sagt der AfD-Mann, der 2016 im Mannheimer Norden eines von landesweit zwei Direktmandaten für seine Partei geholt hat. Er sei schon „vor geraumer Zeit umgezogen“ und kümmere sich da um eine alte Person.

Einen ganz anderen Reim macht sich der Mannheimer AfD-Sprecher Robert Schmidt auf den Wegzug von Klos. „Wir hätten ihn auf keinen Fall noch einmal nominiert“, stellt er klar. Es gehe Klos allein darum, „einen aussichtsreichen Wahlkreis zu bekommen“. Schmidt nennt ihn einen „Mandatsnomaden“.

Für Schmidt wiederholt sich in Tuttlingen die Geschichte. „Klos hat schon in Mannheim nachweislich nur eine Scheinwohnung gehabt“, blickt er auf die Umstände der Kandidatur bei der Landtagswahl 2016 zurück. Auch in Tuttlingen werfen seine parteiinterne Gegner Klos vor, die angemietete Wohnung werde gar nicht richtig genutzt. Dabei sollen vor Ort neben dem Abgeordneten selbst seine Frau, zwei Kinder und die Schwiegermutter wohnen. Alle vier konnten so bei der Nominierung mitwählen. Widersprüchliche Angaben gibt es zu dem Vorwurf, Klos habe auch seine Landtagsmitarbeiter zum Umzug von Mannheim nach Tuttlingen animiert.

Die Nominierung des AfD-Bewerbers im Wahlkreis Tuttlingen wurde zu einer episch langen Geschichte. In der ersten Mitgliederversammlung stand es im Juni nach zwei Wahlgängen 16:16 zwischen Senger und Klos. Im zweiten Anlauf gewann Klos jetzt 20 zu 13.

Tiefer Riss durch die Basis

Für AfD-Insider verdankt Klos seinen Sieg gegen die amtierende Abgeordnete seinem Pakt mit dem Kreisvorsitzenden Emil Sänze. Beide verbindet die fundamentalistische Gesinnung. Senger zählt sich dagegen zum gemäßigten AfD-Flügel. Klos hat in seiner Bewerbungsrede versprochen, dass er nächstes Jahr Sänze bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden unterstützen wird. „Charakter, Integrität und Fachwissen sprechen für ihn“, sagt er.

Sänzes Kurs als Vorsitzender des Kreisverbandes, der sowohl für Rottweil wie Tuttlingen zuständig ist, hat zu einem tiefen Riss an der Basis geführt. „Ich kenne sieben Mitglieder, die in einem halben Jahr die Partei verlassen haben“, berichtet Senger. Manche würden um ihren Ruf fürchten, Beamte um den Job. Senger: „Die Streiterei schreckt viele ab.“ Sänze habe ihr eine Mitgliederliste verweigert, klagt sie über Machenschaften. Einer ihrer Fürsprecher findet: „Senger wurde mit schändlichen Methoden demoralisiert.“

Dagegen meint Klos, Senger sei selbst schuld an ihrer Ausbootung. „Sie hat massiv gegen die Interessen des Kreisverbandes Rottweil/Tuttlingen verstoßen“, behauptet er. Die 61-Jährige ist Nachrückerin für den ins Europaparlament gewechselten Lars Patrick Berg und kam erst im Juni 2019 in den Landtag. Schon da legte ihr Klos Steine in den Weg. Senger musste einen Anwalt einschalten, damit die AfD-Fraktion sie überhaupt aufnahm. Sie glaubt, dass Klos da schon aufgefallen war, welch gutes Sprungbrett der Wahlkreis Tuttlingen Richtung Landtag ist. Hier hatte die AfD das beste Ergebnis von ganz Südbaden. Nach Sengers Ansicht hatte Klos sogar für den Fall einer Niederlage vorgesorgt und wäre dann im Wahlkreis Bruchsal noch einmal angetreten.

Korrespondent Landespolitischer Korrespondent in Stuttgart

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