Mannheim. Mannheimer Klimagruppen werfen dem Energieversorger MVV sogenanntes Greenwashing vor. Der Ärger der Klimaschützerinnen und Klimaschützer richtet sich dabei insbesondere gegen das Betreiben von Gasheizkesseln, wie es in einer Mitteilung heißt. „Wir sind nicht die Ersten und nicht die Einzigen, die der MVV Greenwashing vorwerfen“, sagt Janina Reinmuth von „Fridays for Future“ Mannheim auf „MM“-Anfrage. Mit der Strategie des Greenwashings – also etwas Grünwaschen oder Grünfärben – wollen sich Unternehmen als umweltbewusst darstellen. Dabei handle es sich aber oft um Schönrederei, womit der Verbraucher getäuscht werden solle.
Bei der MVV treffe das beispielsweise auf den Umgang mit Erdgas zu, denn Gas sei ähnlich klimaschädlich wie Kohle, sagt Reinmuth. Dazu zieht sie Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, heran. Kemfert behauptet laut Reinmuth, dass bei der Nutzung von Erdgas weitere Treibhausgase freigesetzt würden, die den vergleichsweise positiv erscheinenden Wert für die spezifischen CO2-Emissionen von Erdgas relativieren.
Auch Müllverbrennung und Pläne der MVV zum Ausbau der Holzverbrennung sehen die Aktivisten kritisch. Der Energiekonzern bezeichne das „fälschlicherweise als klimaneutral“, so Reinmuth.
Um ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen, veranstalten die Klimagruppen an diesem Mittwoch, 1. Juni, eine Fahrrad-Demo. Die startet um 15.30 Uhr im Ehrenhof des Schlosses, führt über die Reichskanzler-Müller-Straße und die Augustaanlage durch die Stadt und endet am MVV-Hochhaus. Erwartet werden rund 500 Teilnehmer, so die Verwaltung. Mit einzelnen Verkehrsstörungen sei zu rechnen.
Anlagen zur Besicherung
Mit etwa 300 Teilnehmerinnen rechnet dagegen Reinmuth, die die Demo mitorganisiert hat. „Gemeinsam fordern wir den tatsächlichen Ausstieg aus schmutzigen Energien, Transparenz und eine ehrliche Kommunikation ohne grün bemalte Versprechungen“, heißt es seitens der Klimagruppen. Reinmuth ergänzt: „Es muss auf tatsächliche erneuerbare Energien umgestiegen werden, um das verfügbare Restbudget im Allgemeinen und für Mannheim einzuhalten, welches für die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles nötig ist.“
MVV-Kommunikationschef Sebastian Ackermann sieht das anders. „Der Gesamtreduktionspfad wurde 1,5-Grad-konform verifiziert“, sagt er auf „MM“-Anfrage. Zwar seien die Anliegen seitens der Klimaschützer berechtigt. Er vermutet aber auch, dass es „einen unvollständigen Informationsstand zu unseren Vorhaben und zur Strategie“ gebe. So erklärt Ackermann mit Blick auf die Gasheizkessel, dass die „für Besicherungszwecke und nicht zur Energieerzeugung“ – also als Notreserve – genutzt werden. Insoweit seien „die Emissionen vernachlässigbar gering“. Bis spätesten 2030 sollen die Anlagen mit Biomethan klimaneutral betrieben werden. Er hebt hervor: „Es gibt technisch keine geeignete Alternative für gasbasierte Besicherungsanlagen.“
Zum Vorwurf in Sachen Biomasseheizkraftwerk, in dem aus aus Alt- und Restholz Energie gewonnen wird, betont Ackermann, dass das bereits bestehende zum Jahr 2024 zur zusätzlichen Abwärmenutzung umgerüstet werden soll. Zu den Plänen einer neuen Anlage sei indes noch keine Entscheidung getroffen worden. Zudem sagt Ackermann, dass in den Kraftwerken kein normales Holz verwertet wird, sondern giftige Holzabfälle, „die sich nicht anderweitig nutzen lassen und für die es eine gesetzliche Entsorgungspflicht gibt“. Somit bleibe ein zusätzlicher Holzeinschlag oder die Freisetzung von in Wäldern gebundenem CO2 aus.
Der Konzern sei „Treiber der Energiewende“, so Ackermann. Bis 2040 will die MVV klimaneutral und danach klimapositiv werden – ganz ohne Ausgleichsleistungen. Gleichzeitig betont Ackermann: „Wir haben nicht nur volles Verständnis für die Zukunftsängste der Jugendlichen, auch wir haben Kinder, sondern wir sehen die Folgen des menschengemachten Klimawandels auch aus Sicht eines Energieversorgers. Deshalb handeln wir.“ Um das zu unterstreichen, lädt die MVV die Klimaschützer im Anschluss an die Demo zum Dialog ein. „Wir wissen, dass die Energiewende eine Jahrhundertaufgabe ist, die alle gesellschaftlichen Akteure nur gemeinsam bewältigen können. Deshalb gehen wir dem Diskurs mit gesellschaftlichen Gruppierungen nicht aus dem Weg“, sagt Ackermann.
Reinmuth von „Fridays for Future“ und die anderen Klimagruppen erhoffen sich vom Gespräch, dass die Forderungen ernst genommen werden und die MVV tatsächlich handelt. Abschließend fordert sie: „Wir erwarten, dass das Gespräch keine weitere Greenwashing-Aktion wird.“
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