Serie „Fridays for Future“ (8) - Forderung nach massiven Emissionseinsparungen im Gebäudesektor / Finanzielle Belastung soll nicht auf Bewohner übertragen werden

Klimaneutrales Bauen ohne Mehrkosten

Von 
Christian Schall
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Zu einem energieeffizienten Gebäude gehört immer eine gedämmte Fassade, wie auf diesem Symbolbild. © dpa

In zehn Forderungen hat die Aktionsgruppe „Fridays for Future“ (FfF) in Mannheim ihre Zukunftsvision einer klima- und sozial gerechten Stadt formuliert. In dieser Serie bewerten Betroffene und Experten die Forderungen. In dieser Folge geht es darum, dass Bauen und Wohnen klimaneutral wird.

Was Fridays for Future sagt

„Fridays for Future“ Mannheim stellt sich Bauen vor, „das so wenig wie möglich klimaschädliche Emissionen nach sich zieht“. Bei allen Bestandshäusern sollte „so viel Energieeffizienz wie möglich rausgeholt werden“, Neubauten sollten möglichst klimaneutral entstehen. Einen Zeithorizont nennt FfF nicht, doch die Regelungen, die klimaschädliches Bauen unterbinden, sollten „am besten jetzt in die Wege geleitet werden“.

Wenn die damit verbundenen Ausgaben die Bewohner nichts kosten sollen, muss zwangsläufig jemand anderes dafür aufkommen. „Wir als soziale Bewegung sind nicht für genau ausgearbeitete Finanzierungspläne verantwortlich“, schreibt FfF und nimmt Stadt, Land oder den Bund in die Pflicht. Etablierte Konventionen und Traditionen – auch die, wie gebaut wird – stellt FfF infrage. Die Aktivisten sind der Überzeugung, dass ihre Forderungen das Wohnen nicht noch weiter verteuern würden: „Dadurch, dass Dinge wiederzuverwenden und renovieren oft auch kostengünstiger ist, als alles neu zu machen, können an manchen Stellen sogar Kosten gespart werden.“

Was die Stadt sagt

Die Stadt hat ambitionierte Ziele formuliert: „Bis zum Jahr 2050 ist Mannheim eine klimaneutrale Stadt“, heißt es im „Leitbild 2030“ für Mannheim. Bei ihren eigenen Immobilien will die Stadt vorangehen: „Durch innovative und nachhaltige Baukonzepte sind die städtischen Gebäude energieeffizient und umweltfreundlich, etwa mittels begrünter Dächer und Fassaden“, lautet die Zielsetzung für das Jahr 2030.

Was die Politik sagt

Laut der Bundesregierung stammten im Jahr 2018 etwa 14 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Gebäudesektor. Zählt man die Emissionen dazu, die bei der Herstellung von Strom, Fernwärme oder von Baustoffen entstehen, käme man sogar auf 28 Prozent. Deshalb hat die Regierung ein klares Ziel definiert: „Im Gebäudesektor müssen die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 66 bis 67 Prozent sinken.“ Um das zu erreichen, will sie Anreize für den Umstieg auf umweltfreundlichere Energien schaffen, etwa steuerliche Förderungen.

Was die GBG sagt

Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG ist mit rund 19 000 Wohnungen der größte Vermieter in der Stadt. Sie investiert jedes Jahr in die Sanierung ihres Bestands, allein 2019 mehr als 80 Millionen Euro.„Technisch ist aktuell bereits vieles möglich, auch klimaneutrales Bauen“, sagt GBG-Sprecher Heiko Brohm. „Allerdings gilt es, in der Praxis immer verschiedene Aspekte zu betrachten, neben der Klimaneutralität etwa die Wirtschaftlichkeit, die Auswirkungen auf spätere Mieten oder zentrale Anforderungen in Bereichen wie Brandschutz.“ Nicht immer seien die verschiedenen Herausforderungen gleichzeitig gleichermaßen lösbar, vor allem, wenn man, wie die GBG, den Schwerpunkt auf günstige Mieten gelegt habe.

Grundsätzlich sei Klimaneutralität von Gebäuden aktuell immer bilanziell. Das heißt: Dabei werde die Gesamtbilanz eines Gebäudes gesehen, verbrauchte Energie (negativ) könne dabei durch klimaneutral erzeugte Energie, etwa durch Photovoltaikanlagen, ausgeglichen werden. Aktuell sei klimaneutrales Bauen und Sanieren in den meisten Fällen mit höheren Kosten verbunden. Damit entstehe ein Zielkonflikt, wenn wie bei der GBG die Kosten nicht an die Kunden weitergegeben werden sollen.

„Einen genauen Zeitraum anzugeben, in dem Wohnungsunternehmen die Klimaneutralität ihres Gesamtbestandes erreichen können, ist schwierig, da dies von vielen Faktoren abhängt“, erklärt Brohm. Mit jeder Sanierung sinke der CO2-Ausstoß, und die GBG trage dazu bei, das Klimaziel der Stadt bis 2050 zu erreichen. So seien zwischen 2010 und 2017 pro Quadratmeter bereits 70 Prozent CO2 eingespart worden.

Sicher liegt im Gebäudesektor eines der größten Einsparpotenziale bei CO2-Emissionen. Dennoch ist eine schnelle Umsetzung der Forderung Utopie. Gebäudesanierungen sind mit erheblichen Kosten verbunden, die schon jetzt ein Preistreiber bei Wohnungen sind. Das Ziel schrittweise anzugehen ist auch deshalb sinnvoll, um technische Innovationen der Zukunft anwenden zu können, die heute noch nicht marktreif sind. Zudem ist zweifelhaft, dass genug Handwerksfirmen bereitstehen.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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