Sie war Geschäftsführerin der Bundesgartenschau 2005 München, wurde im vergangenen Jahr als stellvertretende Vorsitzende in den Stiftungsrat der Bundesstiftung Baukultur gewählt und ist seit 2021 Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: Andrea Gebhard hat beim Neujahrsempfang der Stadt Mannheim deutliche Worte zur Buga 2023 gesprochen. „Ich rechne es der Stadt Mannheim und der Politik hoch an: Es ist eine radikale Entscheidung, das Gelände freizulassen, und in einer dicht besiedelten Region wie dem Rhein-Neckar-Gebiet überhaupt nicht selbstverständlich“, betonte die Stadtplanerin und Landschaftsarchitektin bei ihrer Festrede im Mozartsaal des Rosengarten.
Sie wollen etwas verändern!
Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer unterstrich, dass das Votum für die Landschaft das Besondere an der Mannheimer Bundesgartenschau sei. „Wir schaffen große Flächen für Biotope. Nicht irgendwo ein paar Ecken, sondern es ist Programm.“ Dadurch würden Hitze reduziert und die Niederschlagsversickerung erhöht. Zudem würden wegen der Buga Planungs- und Bauprozesse deutlich schneller als ohne eine Gartenschau.
Mannheim sei neben den Museen und der Popakademie über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus für seine Bemühungen bekannt, klimaneutral nachhaltig und integrativ zu arbeiten, lobte Gebhard. „Sie in Mannheim wollen etwas verändern! In den Städten wird sich entscheiden, ob uns die globale Transformation gelingen wird.“
Mannheim als Vorbild beim Local Green Deal
Als enorm bedeutsam schätzte Gebhard den Local Green Deal ein, den Oberbürgermeister Peter Kurz im Rahmen der Weltklimakonferenz 2021 im schottischen Glasgow präsentiert hatte. Hier sei Mannheim ein Vorbild. Denn die Frage, wie die Umkehr zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Stadtentwicklung gelinge, beschäftige alle Städte - oder müsse sie beschäftigen.
Ein kurzes Raunen ging durch den Mozartsaal, als Gebhard den durchschnittlichen Pro-Kopf-CO2-Ausstoß vorlas: 4,7 Tonnen pro Person weltweit, in Deutschland 8,1 Tonnen, in den USA 15 Tonnen und in Katar 35,59 Tonnen. Gebhard warnte jedoch davor, den Handlungsbedarf nun bei den Staaten mit dem größten CO2-Ausstoß zu fordern. Vielmehr müsse Europa nun Verantwortung übernehmen. Denn in Europa habe die Industrialisierung begonnen, die die Welt in eine andere Struktur katapultiert und die Klimagrenzen nicht beachtet habe. „So wie damals die Industrialisierung von Europa ausgehend die Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen verbessert hat, müssen wir auch bei der Klimatransformation wieder eine Vorreiterrolle einnehmen.“
2020er Jahre entscheidend für die Klimawende
Der Green Deal sei eine Antwort der Stadtgesellschaft auf den Klimawandel: Mannheim habe damit eine soziale und ökologische Transformation beschlossen, die eine grundlegende Systemveränderungen umfasse: Umwandlung der Infrastruktur, lokale Entwicklung von Wachstum und Wettbewerb, Zusammenarbeit und Integration, ein Lebensstil und eine Kultur der Genügsamkeit und Optimierung sowie eine Neuausrichtung auf das Gemeinwohl.
Wie schon Oberbürgermeister Kurz hob die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer hervor, dass die 2020er Jahre entscheidend sein würden, ob wir die Klimawende schafften. Unsere bisherige Lebensweise zerstöre unsere Lebensgrundlage. „Ganz besondere Verantwortung müssen wir am Bau Beteiligten übernehmen“, sagte sie. Diese seien für 40 bis 50 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Architekten - sie selbst eingeschlossen - seien Mitverursacher des Problems, aber damit auch Teil der Lösung. Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung, Ingenieurwissenschaften und Agrarplanung müssten sich hierfür neu positionieren und mit Stadt-, Mobilitäts- und Landschaftsplanung zusammenarbeiten.
Geht bei Gewerbegebieten in Mannheim mehr?
Mit der großen Verschwendung von Fläche sei es fraglich, ob ein Einfamilienhaus zukunftsfähig sei. „Die Einwohnerzahl in Deutschland bleibt konstant, aber die Zahl der bebauten Flächen steigt kontinuierlich. Hier ist ein Umdenken unbedingt notwendig“, konstatierte Gebhard. Eine andere Siedlungsform, Flächen verdichten und vor allem umbauen sei das Gebot der Stunde. Vor dem Abriss von Bestandsgebäuden, die auf den ersten Blick ein Schlüssel zur CO2-Einsparung seien, warnte sie hingegen eindringlich. Beim Abriss würden bereits aufgewendete Ressourcen unnötig vernichtet sowie beim Ersatzneubau wieder neue Rohstoffe verbraucht.
Gewerbegebiete hätten ein besonders großes Potenzial, das sie schleunigst nutzen sollten. Alles versiegelt, kein Baum, kein Strauch, keine grünen Dächer oder wenigstens Solardächer, fasste sie den Ist-Zustand der meisten Gewerbegebiete zusammen. „Aber sehen Sie auch das Potenzial, dies alles radikal zu ändern? Mit Energiegewinnung und Regenwasserernte auf den Dächern? Wenn wir die Gewerbegebiete zur Energiegewinnung nutzen würden, wäre doppelt so viel Strom da wie wir brauchen !“
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