Kindervesperkirche

Kindervesperkirchen in den Mannheimer Stadtteilen Waldhof und Rheinau: 130 Stammgäste am Tag

Jedes fünfte Kind in Mannheim ist von Armut betroffen. Die Kindervesperkirchen in den Stadtteilen Waldhof und Rheinau bieten Hilfe. Für die Kinder ist ein Besuch mehr als nur ein Essen

Von 
Katja Geiler
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Die Schulkinder können in der Vesper-kirche essen und basteln. © Katja Geiler

Mannheim. Auf der einen Seite Basteltische, auf der anderen Esstische, und ganz vorne ein Altarraum – so sieht es in der evangelischen Jugendkirche im Stadtteil Waldhof wieder aus, wenn es heißt: Wir laden ein zur Kindervesperkirche. Diese dauert zwei Wochen und findet bereits zum 16. Mal statt, in diesem Jahr mit der Rheinaugrundschule als zweitem Standort. Am Vormittag kommen Schulklassen, die zuerst basteln und dann essen, danach gibt es einen fliegenden Wechsel, und es kommen die Kinder, die ansonsten jeden Mittwoch da sind – die Stammgäste sozusagen.

Zum Standort Waldhof kommen 130 Kinder pro Tag, im Stadtteil Rheinau 430 in zwei Wochen. Im Eingangsbereich befindet sich die Essensausgabe, ehrenamtliche Helfer sind überall im Einsatz. Svenja Haseur, Diakonin und seit vier Jahren Leiterin der Kindervesperkirche, verabschiedet die einen und heißt direkt danach die neuen Gäste willkommen. Es herrscht eine fröhliche Stimmung, alles erinnert an ein Ferienlager, da vergisst man schnell, dass die Vesperkirche auf Kinderarmut aufmerksam machen soll.

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Von
Timo Schmidhuber
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Kinder kommen klassenweise

Davon ist in Mannheim nämlich jedes fünfte Kind betroffen. Durch Inflation und steigende Lebenshaltungskosten verschärft sich die Situation der Familien. Armut wiederum hat einen negativen Einfluss auf Teilhabe und Bildungschancen. Um nicht stigmatisiert zu werden, schaut man nicht darauf, wer bedürftig ist, sondern lädt die Kinder klassenweise ein. An diesem Tag ist eine zweite und dritte Klasse der Bertha-Hirsch-Schule zu Gast. „Die Kinder erleben einen schönen Tag, der mit einem Mittagessen endet“, sagt Haseur.

„Essen, spielen, basteln und viel malen“, so beginnt das Kindervesperkirchenlied, das Organist Eckhard Stadler eigens komponiert hat. Doch auch die Orgel auf der Empore zieht die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich, sie stellen Haseur Fragen darüber und würden sie gerne mal aus der Nähe betrachten. Doch leider ist die Zeit um, denn ihre Klasse ist gerade im Aufbruch. „Nächstes Jahr kommt ihr wieder, dann dürft ihr die Orgel anschauen“, verspricht die Diakonin. „Vor der Corona-Pandemie hat Eckhard Stadler Orgel-Führungen angeboten. Vielleicht nehmen wir diese im nächsten Jahr wieder auf.“

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Azubis helfen in Kindervesperkirche

Ganz ausgefallen ist die Kindervesperkirche in den beiden Jahren nicht, denn laut Haseur „geht es nicht ohne“. Dafür fanden abgespeckte Versionen statt. 2020 durften nur 20 Kinder pro Tag kommen, es wurden Tüten ausgeliefert mit Süßem, etwas zum Spielen und Basteln und einer Maske der Adler Mannheim. 2021 war alles fast wie immer, nur mussten die Kinder im Klassenverband bleiben. „Doch jetzt ist alles wieder frei, und die Kinder können tun, was sie möchten. Manche basteln den ganzen Tag, andere spielen lieber. Außerdem genießen sie es, dass sie einen Raum mit einem erwachsenen Ansprechpartner haben, denn oft arbeiten beide Eltern den ganzen Tag. Dafür sind die Ehrenamtlichen da.“

Unter den Helfern sind auch die Auszubildenden der Firma Volz Elektrotechnik, jeden Tag kommen zehn Azubis aus allen vier Lehrjahren. Im Ausbildungsbetrieb freut man sich darüber, wenn diese sich im sozialen Bereich engagieren. Auf Azubi Lucas Schilling kommen die Kinder sogar zu und fragen ihn, ob er mit ihnen bastelt, und Lucas meint: „Ich freue mich, wenn die Kinder Spaß haben und gucken, wie etwas funktioniert. “

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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