Im Klassenzimmer der Außenstelle der Eugen-Neter-Schule in der Gartenstädter Waldpforte kommt in diesen Tagen jede Menge Erdnussbutter zum Einsatz. Jedoch nicht als Frühstücksaufstrich: Die jungen Leute schmieren die braune Creme konzentriert auf Papierrollen, weil daraus Futterstellen für Vögel entstehen. An diesem Projekt arbeiten alle Standorte des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums mit.
80 Prozent im Präsenzunterricht
An der Schule, die ihren Hauptsitz im Stadtteil Blumenau hat, findet seit Monaten Unterricht nach Stundenplan statt. Rund 80 Prozent der Mädchen und Jungen besuchen die Klassen der verschiedenen Standorte, der Rest lernt im Homeschooling und wird zu den Stunden per Videokonferenz dazugeschaltet. Auch an dem praktischen Thema arbeiten nicht nur die Schüler im Klassenzimmer mit. Denn ebenso die, die aus gesundheitlichen Gründen von zuhause aus lernen, sind dabei. Es dauert zwar eine Weile, bis sich die Schülerinnen und Schüler aus dem Homeschooling zu den anderen dazuschalten. Doch sobald das Bild einer Mitschülerin oder eines Mitschülers auf dem Laptop erscheint, jubeln die Kameraden in der Waldpforte.
Eugen-Neter-Schule
Die Neter-Schule richtet sich an Schüler, die wegen starker Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen Bildungsgängen allgemeiner Schulen nicht folgen können.
Förderschwerpunkt des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums ist die geistige Entwicklung. Es gibt dort 106 Lehrkräfte und 30 Mitarbeiter.
260 Schüler lernen in Stammhaus, Außenstelle und Außenklassen, 54 weitere inklusiv an anderen Mannheimer Schulen. baum
Unter Anleitung von Lehrerin Katrin Krieger und unterstützt von Jessica Einig, Helga Zöller-Helbig und Brigitte Bauer legen die 15- bis 18-Jährigen der Berufsschulstufe los: Nachdem die Rollen mit Erdnussbutter bestrichen sind, werden sie in Vogelfutter gewälzt. Die Kerne bleiben daran kleben. Um sie zu befestigen, ziehen die Schüler eine Schnur durch die Rolle. Alisha ist eine der Ersten, die fertig sind, und sie schneidet sofort Schnüre für die anderen zurecht. Auch Christian, Marco und Samantha, die zuhause werkeln, sind nach einer guten halben Stunde fertig.
Doch die Schülerinnen und Schüler sorgen nicht nur für Vogelfutter. Die neunte Klasse, eine Außenklasse der Eugen-Neter-Schule an der Uhland Werkrealschule, baut im Technikunterricht Nistkästen. Das Sägen und Schleifen findet dort im Rahmen des berufsvorbereitenden Unterrichts statt. Diese Art des Lernens wirke umso nachhaltiger, je deutlicher der Sinnzusammenhang für die jungen Menschen sei, sagt Schulleiterin Silvia Challal. „Mit dem Projekt wollen wir außerdem für die ganze Schulgemeinschaft an allen Standorten eine gemeinsame Aufgabe schaffen. So können wir auch die Kinder daheim gut erreichen. Wir machen einfach das Beste aus der Situation.“ Unterstützung gibt es übrigens von der Firma mifuma (Mischfutter Mannheim), einem Tierfutterwerk am Hafen. Das Unternehmen spendete 20 Sack Wildfuttermischung. „Die Vögel vor meinem Fenster auf der Blumenau fressen das bereits“, berichtet Challal.
Das Projekt ist unbefristet: „Es scheiden sich zwar die Geister, ob man Vögel ganzjährig füttern soll, wir machen es aber“, sagt die Sonderschulrektorin. Für ihre Schülerinnen und Schüler sei dieser Unterricht besonders wichtig: „Sie sind aktiv und die Umwelt reagiert darauf, die Vögel kommen ans Fenster und fressen“, sagt Challal. „Und in Zeiten von Handy und Tablet ist es nicht ganz einfach, die Aufmerksamkeit auf ein Vogelhaus zu lenken, aber es klappt.“
In der Waldpforte sind die Bastler jedenfalls mächtig stolz auf ihre Werke. Und nur wenige Meter weiter, in der Werkstatt, arbeitet der technische Lehrer Arno Hitzginger schon am nächsten Projekt: Anhand eines detaillierten Arbeitsplans entstehen hier Osterhasen aus Holz.
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