Mannheim. Nach seiner Ankündigung, im Juni nicht mehr für das Amt zu kandidieren, richten sich beim Neujahrsempfang mehr denn je alle Augen auf Oberbürgermeister Peter Kurz. Am Dreikönigstag spannt er die Anwesenden im Mozartsaal des Rosengartens nicht lange auf die Folter und äußert sich gleich zu Beginn zu seinen Gründen. Daneben dominieren Klima, Krieg und andere Krisen seine Rede.
Peter Kurz über …
… seine Nicht-Kandidatur
„Es war und ist zweifellos eine Ehre, der Stadt dienen und sie verantwortlich mitgestalten zu können.“ Diesen Satz stellt Kurz ganz an den Anfang seiner Ausführung. Er spricht davon, dass es einige Gründe gegeben habe, die eher zum Weitermachen motiviert hätten: etwa Erwartungen an ihn, aber auch große und auf den Weg gebrachte Aufgaben wie das Ziel einer klimaneutralen Stadt. Bestärkt und motiviert habe auch das Vertrauen von Mitarbeitern und politischen Weggefährten in ihn. Selbst aus der politischen Konkurrenz sei er zum Weitermachen aufgefordert worden. Anders entschieden hat sich Kurz aber zum einen, wie er bereits im „MM“-Interview sagte, aus persönlichen Gründen. Zum anderen will er neue Reize setzen: „Gerade in der Krise können neue Ansätze und neue Betrachtungsweisen neuen Schwung vermitteln“, sagt er. Vor allem aber, so lässt er erkennen, ist Kurz selbst nicht mehr davon überzeugt, „die Kraft und Begeisterungsfähigkeit aufzubringen, die unbedingt nötig ist, um dieses Amt erfolgreich auszuüben“. Bis zu seinem letzten Arbeitstag als Oberbürgermeister im August will er das Amt mit Engagement und Begeisterung ausüben, verspricht er. „Dies ist also keine Abschiedsveranstaltung.“
... die Buga 23
Peter Kurz rührt kräftig die Werbetrommel für die Bundesgartenschau in Mannheim. Die Großveranstaltung, die vom 14. April bis zum 8. Oktober auf dem Feudenheimer Spinelli-Gelände stattfindet, bezeichnet er als „ein Geschenk an uns selbst“. Während er gleich mehrere Errungenschaften anpreist, die die Bundesgartenschau Mannheim beschert habe, richtet Kurz auch einen Appell an Kritiker.
„Bei der manchmal etwas kleinteiligen Diskussion um einzelne Aspekte, über die man immer streiten kann, geht schnell der Blick auf das Ganze und das Ergebnis verloren, dass Buga und Grünzug eine eindrucksvolle und nachgewiesene große ökologische Verbesserung und einen Gewinn an Identifikation und Lebensqualität für unsere Stadt darstellen“, sagt er.
Die Bundesgartenschau sei weit mehr als eine „großartige Veranstaltung“. Vielmehr schaffe sie einen durchgehenden Grünzug von der Innenstadt bis zum Käfertaler Wald. Als Frischluftschneise würden die 62 Hektar zudem die Durchschnittstemperatur in der Umgebung senken. In seiner Rede listet der Oberbürgermeister weitere Aspekte der Großveranstaltung im Sommer auf, von denen die Stadt profitiere: Radwege, Attraktionen wie den Panoramasteg und Investitionen in den Luisenpark beispielsweise.
… staatliche Regulierung
Deutlich ins Gericht geht Kurz mit staatlicher Steuerung und staatlichen Vorgaben. Mit „immer ausgefeilteren Regeln“ verheddere man sich in Widersprüche und verfehle Ziele. Als Beispiel nennt er den Bau von Windrädern: „Verfahrensregeln, Planungsvorgaben und die konkreten Regeln zum Artenschutz haben dazu geführt, dass wir ein überragendes Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung, massiv gefährdet haben.“ Das sei kein Einzelfall: So dienten 50 Prozent der Mannheimer Investitionen in Schulen nicht dazu die Lernumgebung zu verbessern oder neue Räume zu schaffen. Vielmehr sei dieses Geld wegen Vorgaben von Denkmal- und Brandschutz oder Energieeffizienz gebunden. Kurz kritisiert eine Vorgabe, nach der die Stadt die 15 Prozent energetisch schlechtesten Gebäude sanieren müsse – unabhängig davon, woher sie ihre Wärme beziehen. „Wir sollten uns darauf konzentrieren können, wo am schnellsten und effizientesten CO2 eingespart werden kann. Stattdessen sind wir konfrontiert mit Vorgaben aus einer Misstrauenskultur, die nicht an Zielen misst, sondern möglichst haarklein das Vorgehen vorschreibt. Das muss sich grundlegend ändern.“
… Erwartungen an die Verwaltung
Die Herausforderungen der vergangenen Jahre mit Corona, Krieg und Energiekrise – Kurz nennt sie „unvergleichlich“ – haben den öffentlichen Dienst besonders gefordert, etwa das Mannheimer Gesundheitsamt während der Pandemie. „Ganze Einrichtungen wurden im wahrsten Sinne aus dem Boden gestampft, Erstanlaufstellen für Geflüchtete oder Impfzentren, wurden auf- und wieder abgebaut.“ Kurz lobt und stellt sich schützend vor die Stadtverwaltung, moniert gleichzeitig fehlende Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern im Rathaus. Unter all den Umständen – auch Krankheitswellen, Erschöpfung und Personalmangel – erfordere es eine große Kraftanstrengung, Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, auszubauen und auf Krisenanforderungen zu reagieren. Parallel dazu sieht der Oberbürgermeister eine steigende Erwartungshaltung vieler Menschen an die Verwaltung. Wie etwa Stadträte würden mittlerweile auch sie, wenn sie sich in öffentlichen Diskussionen stellen, „pauschal und massiv abgewertet“. Kurz weiter: „Die offene Missachtung, die teilweise im Alltag, aber auch in Bürgerversammlungen oder in Bezirksbeiratssitzungen Mitarbeitenden entgegenschlägt, schädigt unsere Institutionen und unsere Demokratie.“
… Mannheims Klimaziele
Im April 2022 wurde Mannheim – wie auch Heidelberg – als eine von zehn deutschen und insgesamt 100 europäischen Kommunen als EU-Modellstadt für Klimaneutralität ausgewählt. Dieses Jahr soll, so kündigt Kurz an, der Stadt-Klimavertrag bei der Europäischen Union eingereicht werden. Darin vereinbaren sich Stadt, Unternehmen, Organisationen, Initiativen und Bürger zu konkrete Aktionen und Projekte gegen den Klimawandel. Und zu einem Investitionsplan zu deren Umsetzung. OB Kurz sieht Mannheim als einen der Vorreiter in Sachen Klimaneutralität: „Wir sind 2022 unter 127 Städten weltweit als die einzige deutsche Stadt auf die sogenannte A-Liste des Carbon Disclosure Projects aufgenommen worden.“ In dieser Liste sind nur die Städte aufgeführt, die belegbar transparent über Emissionen und ihre Reduktionsmaßnahmen berichten, wie er sagt. Und die Science Based Target Initiative bestätigte der MVV, mit ihren Maßnahmen bis zum Jahr 2040 ihre CO2-Emissionen auf netto Null reduzieren zu können – als einem von drei Energieunternehmen weltweit. Bis 2030 will die MVV eine CO2-Reduktion von 80 Prozent erreichen.
… den Local Green Deal
Die acht Handlungsfelder des Europäischen Green Deals sollen unter dem Titel „I-deal für Mannheim“ auf die Stadt angewandt werden – jetzt soll es konkret werden. Kurz kündigt an, dass acht Managerinnen und Manager des Local Green Deals in den nächsten Wochen mit Unternehmen, Stadtteilen, Initiativen, Hochschulen und Verwaltung Maßnahmen etwa zu Mobilität, Kreislaufwirtschaft, Artenvielfalt und Ernährung auf den Weg bringen werden.
… die Klinikfusion
Das Thema streift Peter Kurz lediglich, seine Position hat er in der Vergangenheit ohnehin mehr als deutlich gemacht. Gemeinsam könnten die beiden Universitätskliniken in Mannheim und in Heidelberg ihr gesamtes Potenzial entfalten. Außerdem könne die Stadt die finanziellen Lasten nicht dauerhaft schultern. Deswegen spricht Kurz von einer „zentralen Aufgabe der nächsten Wochen“: Er hält die Entscheidung über einen tragfähigen Verbund der beiden Krankenhäuser nach wie vor für „zwingend“. Die 18 000 Beschäftigten der Kliniken, die Region, aber auch das Land verdienten sie. Im ersten Quartal soll die Grundsatzentscheidung über einen Verbund fallen, kündigte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski vor Weihnachten in Stuttgart an.
… den Todesfall am Marktplatz
Den tragischen Zwischenfall vom 2. Mai, bei dem ein Mann nach einem Polizeieinsatz am Marktplatz sein Leben verloren hatte, thematisierte Kurz bereits beim Frühlingsempfang. Jetzt appelliert er, den Vorfall nicht das Mannheimer Gemeinwesen angreifen zu lassen. „Wir haben Hass und Hetze erlebt“ – auch befeuert dadurch, dass die einen Empathie für das Opfer, die anderen Empathie für die Polizisten aufbrächten. Doch einseitiges Mitgefühl könne Vorurteile bestärken und Mitgefühl für andere mindern. „So werden bei manchen alle Polizisten zu Unmenschen“, so Kurz. Ihm habe es in Reaktionen dagegen an Anstand, Achtsamkeit und Menschlichkeit gefehlt. Mittlerweile sind die Ermittlungen abgeschlossen. Das beurteilt Kurz positiv. Die „tatsächlich umfassenden Ermittlungen“ des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft hätten das Vertrauen in den Rechtsstaat bestätigt.
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