Natur - Ein Pockenvirus grassiert in den Mannheimer Grünflächen und befällt ausschließlich Kaninchen / Ungefährlich für Menschen

Kaninchenpest in Mannheimer Stadtparks

Von 
Dieter Leder
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Ein erkranktes Kaninchen im Unteren Luisenpark. © Dieter Leder

Viel Müll sammelten die Helfer des Südzucker-Teams am Freiwilligentag im September bei ihrer Säuberungsaktion im Unteren Luisenpark ein. Aber nicht alles, was sie entdeckten, nahmen sie auch mit: „Wir haben viele tote Kaninchen gefunden“, sagte damals die Teamleiterin Justyna Jaroszewska. Andere Helfer berichteten ebenfalls von zahlreichen toten Tieren und auch von kranken, noch lebenden Tieren. Auch im Luisenpark selbst sowie um die Parks herum wurden nach Angaben der Parkverwaltung sowie des verantwortlichen Jagdpächters zahlreiche erkrankte Kaninchen gesichtet.

Hasen bleiben verschont

Wie viele Tiere genau davon betroffen sind, ist derzeit nicht bekannt. So schrecklich das auch klingt, aber der städtische Naturschutzbeauftragte Gerhard Rietschel bezeichnet das als „ganz normal“. Die Myxomatose grassiert zur Zeit wieder in den Stadtparks. Die Krankheit ist im Volksmund auch als Kaninchenpest bekannt – ein Pockenvirus, der nur Kaninchen befällt. Hasen bleiben von der Krankheit verschont. Und auch für den Menschen ist die Myxomatose völlig harmlos, wie Rietschel weiter erklärt: „Die Krankheit ist für den Menschen nicht ansteckend.“ Für Kaninchen ist sie dafür umso schlimmer, denn fast die ganze Population fällt ihr zum Opfer: „Bis zu 90 Prozent der Tiere werden hinweggerafft“, so Rietschel.

Stechende, beißende und fliegende Insekten wie Fliegen, Mücken, Zecken, Milben und Läuse übertragen das Virus, das aber auch innerhalb der Kaninchenkolonie durch direkten Körperkontakt unter den Tieren übertragen werden kann. Wenige Tage danach entzünden sich die Augenlider der Kaninchen, sie schwellen an und fangen zu tränen und zu eitern an. Anschließend verkleben sie, und das Tier erblindet. Auch Nase, Mund, Ohren und Genitalien schwellen an. Nach etwa zehn Tagen verenden die Tiere. Wobei die Wildkaninchen sich nicht in ihrem Bau verkriechen, sondern außerhalb sterben.

Ihr Kadaver stellt damit ein besonderes Erregerreservoir dar und trägt so zur weiteren Ausbreitung bei. Milde Winter, in denen Krankheitsüberträger wie Fliegen und Zecken nicht sterben, begünstigen die Intensität der Krankheit. Auch wenn die Populationen der Kaninchen zu groß werden, sei die Entstehung der Myxomatose „kein unnatürlicher Vorgang, der sich in intensiver Form alle zwei bis drei Jahre wiederholt“, so die Sprecherin des Luisenparks Alexandra Wind. Ab April treten meist die ersten Fälle auf, im August und September erreicht die Krankheit dann ihren Höhepunkt.

Keine Hilfe für kranke Tiere

Dieses Jahr scheint die Krankheit intensiver zu verlaufen, die Kolonien im Unteren Luisenpark sind dezimierter als noch im Frühjahr. „Maßnahmen sind nicht nötig“, berichtet Rietschel weiter – und meint damit sowohl die Behandlung erkrankter Tiere als auch die Vorbeugung. Für ein erkranktes Tier gibt es so gut wie keine Maßnahmen, es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben.

In der Prophylaxe können Kaninchen gegen die Myxomatose zwar geimpft werden, allerdings wirkt diese Impfung nur temporär und muss alle vier bis sechs Wochen wiederholt werden. Bei Haus- und Stallkaninchen mag das noch machbar sein, für Wildkaninchen gibt es damit keine geeigneten Maßnahmen. „Da bleibt nur noch das schnelle Wegräumen der verendeten Tiere“, so der Naturschutzbeauftragte.

In Mannheim bekannt seit 1953

  • 1886 wird das Virus im südamerikanischen Uruguay erstmalig wissenschaftlich beschrieben.
  • In Australien versuchte man in den 1940er Jahren, mit Myxomatose die Kaninchenplage zu bekämpfen.
  • Auch Frankreich ging 1952 mit dem Myxomatose-Virus gegen eine Kaninchenplage vor, damals breitete sich das Virus auf ganz Europa aus.
  • 1953 wurde der erste Myxomatose-Fall in Deutschland bekannt: In einem Mannheimer Stadtpark starben die ersten Kaninchen an Myxomatose. dle

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