Migrationsstadt

Integrationskurse der Mannheimer Abendakademie: Wellen der Zuwanderung spürbar

Monika Simikin arbeitet an der Abendakademie Mannheim - dem stadtweit größten Anbieter von Integrationskursen. Woher kommen die Menschen, die hier versuchen, ein neues Leben zu beginnen? Und wo liegen die Probleme?

Von 
Eva Baumgartner
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Monika Simikin von der Abendakademie. © Eva Baumgartner

Monika Simikin weiß, wie schwer es ist, in Deutschland anzukommen. Als sie 2007 als Dozentin für Deutsch als Zweitsprache an der Abendakademie anfängt, merkt sie schnell, wo es hakt: „Ich habe festgestellt, dass es so nicht funktioniert, und wie schwer es für Frauen ist. Sie haben andere Sorgen und den Kopf nicht frei.“ Deutsch zu lernen sei schließlich nicht einfach: „Erst recht, wenn man nicht lesen und schreiben kann, diese Zeit hat mich sehr geprägt.“ Monika Simikin fragt sich damals, was die Menschen benötigen, um sich zuhause zu fühlen: „Wie viel Sprache ich brauche, wenn ich ankomme, und welche.“

Wer in Mannheim bietet Integrationskurse an?

In Mannheim bieten verschiedene Träger Integrationskurse an. Die Kursträger helfen auch bei Fragen zu den Integrationskursen, zur Anmeldung und Teilnahme.

2009 wird sie pädagogische Mitarbeiterin der Sprachberatung der Abendakademie. Damals gibt es berufsbezogene Deutschkurse mit anschließendem Praktikum: „Wir haben geschaut, was die Menschen vorher gemacht haben, und in welche Richtung es hier gehen sollte. Ich hab Qualifizierungen gemacht, um helfen zu können“, sagt sie. Es sei eine „extrem erfüllende Aufgabe“ gewesen, dass die Menschen in Mannheim eine Heimat gefunden hätten: „Und großartig, dass die Menschen über ein Praktikum oft einen Job gefunden haben.“ Seit 2015 gebe es leider kein solches Praktikum nach dem Deutschkurs mehr, sagt Monika Simikin. Sie erinnert sich gut an einen Automechaniker aus Nigeria: „Er hatte zuvor eines in einem Altersheim gefunden, und die Heimleiterin hat gesagt, dass er ihr bester Praktikant war, er hat dann eine Ausbildung gemacht.“

Weltpolitische Ereignisse

Die meisten Menschen kommen wegen weltpolitischer Ereignisse nach Mannheim: „Erst Irak, dann Afghanistan, 2015 Syrien und junge Flüchtlinge aus Marokko oder Afrika. Seit einem Jahr aus der Ukraine.“ Alle diese Wellen seien spürbar gewesen: „Es gab eine Zeit, da kamen viele Europäer, wir haben auch die Erweiterung der EU gemerkt“, sagt Simikin, die jetzt Programmbereichsleiterin für Schulen und Bildungsprojekte ist. „Zuwanderung ist geprägt von politischen Verwerfungen.“ All das präge die Kurse. Wenn viele arabische Menschen im Unterricht säßen, müsse das berücksichtigt werden. „Wir überlegen zum Beispiel, wo gebetet werden kann.“ Doch auch nach so vielen Menschen aus so vielen Ländern sei klar: „Nach der Krise ist vor der Krise.“ Von 2015 bis Corona habe keine krisenlose Zeit geherrscht. Die jetzige Form der Zuwanderung aus der Ukraine sei zudem anders: „Die Männer sind oft noch dort, es gibt immer mehr ukrainische Kinder, die kein Deutsch lernen wollen. Der Wunsch, in die Heimat zurückzukehren, ist groß.“

Komfortzone Deutschland

Wenn sie mit den Neuankömmlingen zusammensitzt, erscheinen ihr die Probleme hier klein: „Wir leben in einer Komfortzone, uns geht es gut.“ Die Menschen, die 2015 mit dem Boot oder 2008 aus dem Irak gekommen seien, hätten schreckliche Geschichten mitgebracht: „Und die sind da, immer präsent. In den Deutschkursen können sie auf andere Gedanken kommen.“ Viele Migranten, die nicht so gut Deutsch sprechen, würden verurteilt: „Aber jeder sollte sich überlegen, was er in einer anderen Sprache kann. Man kann nicht aus dem Vollen schöpfen, fühlt sich nicht vollwertig.“

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Die Integrationskurse, in denen Zuwanderer Deutsch lernen, sind stadtweit gut vernetzt: „Wir arbeiten mit dem Jobcenter zusammen, der Agentur für Arbeit, der Ausländerbehörde, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, haben Netzwerke mit allen möglichen Trägern.“ Es gibt die Kurse in verschiedenen Stufen, sie schließen mit dem Deutschtest für Zuwanderer ab.

Die Abendakademie hat übrigens eigene Zahlen zu ihren Teilnehmenden recherchiert. Vom 1. Januar bis 1. September 2023 haben sich 1635 Personen für Integrationskurse angemeldet. Die Mehrheit kommt aus der Ukraine (333 Teilnehmer), gefolgt von Syrien (147), Türkei (97), Afghanistan (84), Indien (77), Rumänien (72), Bulgarien (54) und Griechenland (45). Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Abendakademie bereits den 1000. Integrationskurs angemeldet und steht mit der Gesamtzahl an Unterrichtseinheiten bundesweit unter den ersten acht Volkshochschulen.

Sie interessieren sich für Geschichten von Menschen mit Migrationserfahrung? Dann hören Sie doch auch in unseren Podcast "Migrationsstadt Mannheim" rein. Die sechs Folgen sind auch auf allen gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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