Debatte über Lockerungen - Nach der Öffnung der Friseure fühlen sich Anbieter anderer körpernaher Dienstleistungen von der Politik vergessen / Auch auf ihr Geld müssen sie lange warten

In Mannheimer Tattoo- und Kosmetikstudios herrscht Frust

Von 
Paula Richter
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Isabell Defiebre und Marcus Strohner und in ihrem Piercing- und Tattoostudio „Trust“ in den Quadraten. © Paula Richter

Mannheim. Vergangene Woche haben Marcus Strohner und Isabell Defiebre die im November beantragten Überbrückungshilfen erhalten. Für die Betreiber des Piercingstudios „Trust“ in den Mannheimer Quadraten ist es die erste finanzielle Unterstützung im zweiten Lockdown. Momentan bestehe ihr Alltag aus Büroarbeit, sagt Isabell Defiebre. „Wir beantworten Kundenanfragen, passen unsere Internetseite den neuesten Verordnungen an und kontrollieren die Geräte im Studio.“ Zu Beginn des Lockdowns hätten sie eine Notbetreuung eingerichtet, bei der sie über WhatsApp mit ihren Kunden in Kontakt bleiben könnten. Seit Monaten schöben sie die bereits reservierten Termine immer weiter nach hinten, das sei zermürbend. Das Click-and-Collect Prinzip, also das Abholen der Onlinebestellungen, funktioniere in ihrer Branche schlecht. Finanziell rentiere es sich kaum. Denn die Piercing- und Tattoobranche lebt von der persönlichen Beratung.

Angestellte in Kurzarbeit

Schon im ersten Lockdown hätten sie zu einem Großteil von ihren – allerdings geringen – Rücklagen gelebt, betont Isabell Defiebre. Über den Sommer habe sich die Situation verbessert, auch wenn die Umsätze aufgrund der Corona-Auflagen geringer gewesen seien. „Es war besser als nichts“, sagt Defiebre. Sie kümmert sich um den Tattoo-Bereich des „Trust“ und ist außerdem zuständig für das Personal und die Buchhaltung. Im zweiten Lockdown hätten sie immerhin schon zu Beginn die Hilfen beantragen können, erinnert sich Marcus Strohner, der Inhaber des Studios. „Das hat einem eine gewisse Sicherheit gegeben.“ Doch die Gelder kamen nicht. So leben sie wieder von Rücklagen, alle zehn Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. „Wir haben jedes Mal geglaubt, was gesagt wurde“, sagt Isabell Defiebre. Da verliere man das Vertrauen, vor allem, weil sie geeignete Hygienekonzepte hätten.

Natascha Usadel geht es ähnlich. Seit acht Jahren betreibt sie ihr eigenes Nagelstudio. Hygienekonzepte sieht auch sie nicht als das Problem. „Wir haben schon immer unter strikten Hygienemaßnahmen gearbeitet“, sagt sie. Der einzige Unterschied sei nun, dass auch die Kunden Masken tragen müssten. „Im Studio ist es so steril wie in einer Arztpraxis“, sagt sie. Insofern sei es für sie nicht nachvollziehbar, dass Studios wie das ihre nicht öffnen dürfen. Sie habe auch öfter versucht, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. So schrieb sie an die Landesregierung und an Oberbürgermeister Peter Kurz. Der habe ihr versprochen, sich für ihre Branche einzusetzen. Vom Land sei sie regelmäßig vertröstet worden oder habe gar keine Antwort erhalten. „Man fühlt sich vergessen,“ sagt sie.

Esther Frank, die das Kosmetikstudio „Beauty Corner“ in der zweiten Generation betreibt, sieht auch ein Problem in den unterschiedlichen Regelungen der Länder. Seit 1961 gebe es ihr Geschäft und es lebe besonders von Stammkunden. „Ich berate die Kunden am Telefon, man kann bei mir Produkte bestellen und diese dann abholen“, sagt sie. Doch die uneinheitliche Regelungen seien nicht nur frustrierend, man riskiere, eventuell Kunden zu verlieren, die in andere Bundesländer gingen oder auf Onlinebestellungen umstiegen. Sie sei vom Einkommen ihres Mannes abhängig. Die versprochenen Hilfen seien weder unbürokratisch und schnell zu beantragen gewesen, noch seien sie pünktlich gekommen. „Wir sind am Limit“, sagt sie. „Ohne Rücklagen hat man ein großes Problem.“ Und man verliere auch das Vertrauen in die Politik.

Esther Frank betont ebenfalls, ein gutes Hygienekonzept zu haben. Schon im Mai habe sie für viel Geld FFP2-Masken gekauft, um bei Öffnungen sofort bereit zu sein. „Was an Hygiene möglich ist, haben wir“, sagt sie. Sie liebe ihren Beruf und ihr Geschäft, doch man habe immer ein Damoklesschwert über dem Kopf. Es sei schwierig, in diesen Zeiten positiv zu bleiben. „Aber wir haben immer noch nicht aufgegeben“, sagt sie. So nimmt Esther Frank seit März keinen Unternehmerlohn mehr, um ihre Mitarbeiterinnen zu unterstützen, für die die Kurzarbeit besonders gravierend sei.

Um ihre Mitarbeiter sorgen sich auch Marcus Strohner und Isabell Defiebre. Der Inhaber betreibt das Trust Bodypiercingstudio seit 25 Jahren. „Man geht ab und an in das Studio, schaltet die Geräte ein und wieder aus, prüft die Wasserleitungen und sonst gibt es etwas administrative Arbeit“, sagt er. Um die Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter zu reduzieren, haben sie das Studio renoviert. „So kommen sie nur mit einem blauen Auge davon“, sagt Isabell Defiebre.

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