Mannheim. Man sieht es schon von Weitem: Ein Stahlgerüst, das 18 Meter in die Höhe ragt. Doch was es mit diesem Bauwerk auf sich hat, werden vermutlich die Wenigsten erkennen. Es handelt es sich um etwas, das es in der Region, vielleicht sogar in ganz Deutschland, so noch nicht gibt. Auf Franklin baut der Deutsche Alpenverein (DAV), Sektion Mannheim, seit Herbst 2020 den aktuell flächenmäßig größten Kletterturm Deutschlands.
„Hier entstehen 750 Quadratmeter Kletterfläche“, erzählt Peter Welk, Erster Vorsitzender des DAV Mannheim, stolz. „Und zusätzlich kommt noch eine wettbewerbsfähige Speedwand fürs Geschwindigkeitsklettern dazu – am Ende fast 1000 Quadratmeter.“ Ab Herbst sollen Kletterer aus ganz Deutschland das Angebot nutzen können.
Klettererfahrung unabdingbar
Aber wie kommt man auf ein solches Projekt? „Seit die Kletterhalle Extreme zugemacht hat, mit der wir kooperiert haben, gibt es in Mannheim keine Klettermöglichkeit mehr“, sagt Welk. Eine ganze Halle sei finanziell nicht umsetzbar gewesen. Als er bei einem Besuch im Kletterzentrum Lahr den Kletterturm sieht, ist die Idee schnell auch für Mannheim da.
Praktisch: die Nähe zum benachbarten „Boulderhouse Mannheim“. „Künftig bieten wir hier dann alle drei olympischen Disziplinen des Kletterns an: Bouldern, also Klettern ohne Sicherung, Geschwindigkeitsklettern und Lead, wobei man eine unbekannte Route so weit wie möglich schaffen muss“, freut sich Peter Welk, der selbst seit über 30 Jahren im DAV aktiv ist. Er hofft, mit der neuen Trainingsmöglichkeit viele Interessierte und vor allem neue Mitglieder anzulocken: „Wir rechnen mit etwa 40 bis 50 Leuten pro Tag, am Wochenende wahrscheinlich etwas mehr.“ Neben der Speedwand wird es 60 verschiedene Routen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden geben.
Der Deutsche Alpenverein und die Projekte der Sektion Mannheim
- Der Deutsche Alpenverein (DAV) mit Hauptgeschäftsstelle in München wurde 1869 gegründet und ist heute der größte Bergsportverein der Welt mit rund 1,3 Millionen Mitgliedern. Organisiert ist der DAV in 357 selbstständigen Sektionen.
- Der Bau des neuen Vereinsheims mit Kletterturm ist eines von zwei Großprojekten der Sektion Mannheim mit rund 1,2 Millionen Euro Kostenaufwand. Finanziert wird das Projekt von Zuschüssen der Sportförderung, dem DAV München und Eigenmitteln. Außerdem war der Kletterturm einer der Sieger des 2019 mit 500 000 Euro ausgelobten Beteiligungshaushalts der Stadt Mannheim.
- Im November 2020 wurde der Erbpachtvertrag mit der Stadt geschlossen. Er umschließt ein Grundstück mit einer Fläche von 1800 Quadratmetern, das davor in Händen der MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP), einer Tochtergesellschaft der GBG und der Stadt Mannheim, lag.
- Für die Planung und Umsetzung ist die Firma Walltopia verantwortlich. Mitte Juli soll die Abnahme des Kletterturms vom DAV, Sektion München, stattfinden. Ab Ende September wird voraussichtlich der Kletterbetrieb starten.
- Aktuelle Informationen zum Baufortschritt gibt es auf www.dav-mannheim.de.
Klettererfahrung ist aber unabdingbar. „Viele Routen sind Überhang, also mit mehr als 90 Grad Schräge. Da können selbst einfach geschraubte Strecken zur Herausforderung werden“, erklärt Welk. „Wir planen, dass hier alles mit möglichst wenig Personal läuft, also müssen die Leute bestätigen, klettern zu können.“ Tickets sollen künftig im Vorfeld im Internet gekauft werden, der Eintritt erfolgt mit einem Code auf dem Handy. Tagestickets kann jeder kaufen, für Mitglieder des Alpenvereins gibt es vergünstigte Angebote wie Zehner- und Jahreskarten.
Konzipiert wird die Gestaltung des Turms von einem Planungsteam, bestehend aus DAV-Jugend, einem Klettertrainer, Schatzmeister und Vorstand. „Unsere Jugend hat einen großen Einfluss auf die Ausgestaltung, die müssen manchmal eher ein bisschen gebremst werden“, sagt Welk schmunzelt. „Damit der Turm sicher ist, haben wir ein sechs Meter tiefes Fundament mit Verankerungen wie bei einem Windrad“, erzählt der Vorsitzende.
Zwar ist der Kletterturm das Bauwerk, das sofort alle Blicke auf sich zieht, Welks Herzensprojekt ist aber das Vereinsheim der Sektion Mannheim, das direkt daneben entsteht. „Nachdem unsere bisherige Geschäftsstelle am Ullrichsberg schließen musste, sind wir vorläufig bei Engelhorn Sports im Obergeschoss untergekommen“, erzählt er. Doch die Räume dort reichen nicht aus, deshalb werde der DAV an beiden Orten unterkommen.
Trotz diverser Komplikationen bei der Grundstücksübergabe, Witterung und Materialbeschaffung begannen im Januar 2021 die Bauarbeiten. Mitte Juni stand das Gebäude in Holzfertigbauweise. „Zum Glück konnten wir bereits im Oktober 2020 das Holz beschaffen, weswegen wir von der momentanen Knappheit nicht unmittelbar betroffen sind“, sagt Welk. Eine Küche mit Aufenthaltsraum, ein Raum für die Jugend, Archiv und Mitgliederverwaltung – alles unter einem Dach. Die Sanitäranlagen sind auch von außen zugänglich, um den Kletterbetrieb am Turm unabhängig vom Vereinsheim zu ermöglichen.
Tribüne aus dem Aushub
„Bis zum Herbst steht noch eine Menge Arbeit an“, sagt Welk. „Das Dach des Vereinsheims soll begrünt werden, der Innenausbau fehlt, außen soll aus dem Aushub des Turms eine Art Tribüne entstehen und dann müssen noch die Routen geschraubt werden – aber man erkennt definitiv, wo es hingeht“, sagt er stolz. Besonders fasziniere es ihn, den Baufortschritt und den Prozess der Entstehung mitzuerleben.
„Klettern wird der Trendsport, der DAV wächst stetig und wir erwarten mit den neuen Angeboten in Mannheim die 4000er-Marke an Mitgliedern zu knacken“, prognostiziert er. Die bisherige Resonanz von Mitarbeitenden, Besuchern der Baustelle und den benachbarten Boulderern scheint das zu bestätigen. Welk: „Die können es gar nicht erwarten, bis es im Herbst losgeht.“
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