Mannheim. Er ist komfortabel – der neue Radweg entlang der Augustaanlage. Zum Teil knallig rot markiert. Und nach innen und außen klar abgegrenzt – sowohl zu parkenden als auch fahrenden Autos auf diesem Hauptverkehrsweg in die und aus der Stadt. Aber es bleibt ein (fast) normaler Radweg – und eben kein Schnellweg. Die Ampeln schalten nach wie vor auf Rot. Und immer mal wieder bremst ein Lieferwagen die Radler aus, weil er ganz oder teilweise auf dem deutlich sichtbar markierten Bereich steht.
Das erlebt auch ein gutes Dutzend Personen beim Praxistest an diesem Donnerstagnachmittag. Angeführt von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer, Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell und Ministerialdirektor Berthold Frieß aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium starten sie ihre Runde beim Kunstverein, um im großen Bogen dorthin wieder zurückzukommen. „Haben Sie Ihr Rad aus Stuttgart mitgebracht“, fragt ein Journalist Berthold Frieß. Der lacht, verneint, das sei eine Leihgabe. Aber der Helm ist sein eigener.
Radweg Augustaanlage
- Im September 2021 haben die Arbeiten zum Bau beziehungsweise zur Markierung des Radwegs Augustaanlage – sowohl stadtein- als auch stadtauswärts – begonnen.
- Der erste, rund 900 Meter lange Bauabschnitt zwischen Schubertstraße (Nähe Planetarium) und Mollstraße ist abgeschlossen.
- Die restlichen etwa 300 Meter zwischen Mollstraße und Friedrichsplatz sollen nach der Buga zwischen Frühjahr und Herbst 2024 folgen.
- Der Zeitplan wird eingehalten, die Kosten liegen mit rund 6,8 Millionen Euro etwa eine Million über dem ursprünglich geplanten Budget. Jeweils rund eine Million davon übernehmen Land und Bund.
- In den Kosten enthalten sind Gehweg- und Leitungserneuerungen, Bepflanzung der Mittelinseln und Umbau der Ampelanlagen.
Zuvor, bei einer Pressekonferenz im Kunstverein, hat Eisenhauer betont, er lasse das Auto stehen und fahre stattdessen ausschließlich mit dem Rad: „In 80 Prozent der Fälle erreiche ich mein Ziel schneller“, sagt er. Zumindest, wenn er bei den etwas entfernteren Zielen die S-Bahn mit benutze.
Als sich Diana Pretzell zu Beginn der Pressekonferenz beim Gastgeber und Vorsitzenden des Kunstvereins, Friedrich W. Kasten, bedanken möchte, ist der nicht im Raum. Er kommt kurz darauf und sagt: „Ich musste gerade einem Autofahrer klarmachen, dass er nicht auf dem Gehsteig parken kann.“ Noch ein Vorteil: Mit dem Rad ist man in Sachen Parken deutlich flexibler.
Werbung für den Radweg an der Augustaanlage machen Eisenhauer, Frieß und Pretzell ein paar Wochen nach Fertigstellung des ersten – und deutlich größeren – Bauabschnitts zwischen der Schubertstraße und der Mollstraße. Das sind rund 900 der etwa 1200 Meter zwischen Planetarium und Friedrichsring, der Rest soll nächstes Jahr folgen. Die längere Unterbrechung ist der Bundesgartenschau geschuldet.
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Weitere Projekte in diesem Jahr
Dass eine Hauptverkehrsstraße, die seit Jahrzehnten ganz überwiegend von Autofahrerinnen und -fahrern benutzt wird, breite und gut markierte Radwege erhält, so Pretzell, „hätte es vor ein paar Jahren so nicht gegeben“. Aber die Zeiten ändern sich – und mit ihnen die Bedürfnisse.
Die fahrradfreundliche Umgestaltung der Augustaanlage ist für Eisenhauer „eine von vielen Lückenschließungen“. Mittlerweile verfüge Mannheim über „288 Kilometer an Radverkehrsanlagen“, berichtet der Baudezernent. Erst vor wenigen Monaten habe man die Luisenstraße in Neckarau als erste offizielle Fahrradstraße freigegeben. Und auch wenn die Arbeiten an der Augustaanlage jetzt ein gutes Jahr ruhen, geht es andernorts weiter.
So soll nach Angaben von Markus Roeingh, Betriebsleiter des Stadtraumservice, im Mai oder Juni der Bau des Radwegs beginnen, der vom Stadtteil Blumenau zur Eugen-Neter-Schule (ENS) führt und von der ENS seit vielen Jahren gefordert wird. Außerdem starte demnächst an der Birkenauer Straße die äußere Radwege-Erschließung des neuen Stadtteils Franklin, zunächst bis zur Straßenbahnhaltestelle „Platz der Freundschaft“. 2025 könnte in Sachen Radwege-Bau der Bereich zwischen Wasserturm und Hauptbahnhof dran sein – falls der Gemeinderat zustimme.
Leitlinie für all dies, so Pretzell, sei das 21-Punkte-Programm zum Radverkehr, das sich die Stadt vor über zehn Jahren verordnet hat. Auf das kommt auch Eisenhauer zu sprechen, aktuell liege der Rad-Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen in Mannheim bei 20, im innerstädtischen Bereich sogar bei 23 Prozent.
Werbung für Initiative Radkultur
Etwas schwächer schneiden allerdings noch die Außenbezirke ab – was sich auch in der Statistik für das gesamte Land Baden-Württemberg widerspiegelt. Unterm Strich liege der Rad-Anteil bei zehn Prozent, bis 2030 soll er auf 20 gesteigert werden. „Da hilft jeder Baustein“, lobt Frieß das Projekt an der Augustaanlage.
Allerdings brauche es nicht nur die Radwege selbst – sondern auch die Werbung dafür, vom Auto auf das umweltfreundliche Fortbewegungsmittel umzusteigen. Dabei helfe die Landesinitiative Radkultur. Frieß wünscht sich eine „noch stärkere“ Beteiligung Mannheims daran. „Wir sind da sichtbar“, sagt Eisenhauer. Deutlich sichtbar ist jetzt auch der Radweg an der Augustaanlage – und gibt damit vielleicht für so manchen einen Anlass, öfter mal den Umstieg zu wagen.
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