Königshäuser - Herrscher Céphas Bansah besucht und kommentiert die Ausstellung „The Sweating Subject“ von Jan Banning im Zephyr

„In Ghana ist die Mutter der Chef“

Von 
Markus Mertens
Lesedauer: 
Nicht über einen roten Teppich, aber reich geschmückt kommt Céphas Bansah in seiner königlichen Robe zusammen mit seiner Frau Gabriele in der Galerie Zephyr an. © Mertens

Mannheim. Togbui Ngoryifia Céphas Kosi Bansah ist eine strahlende Erscheinung. Als der ghanaische König aus Hohoe die Galerie Zephyr betritt, dann geschieht das in wahrhaft royaler Manier. Mit seinem handgefertigten Gewand, das die Nationalfarben seines Staats in edler Pracht kombiniert, schreitet der Regent Schritt für Schritt nach vorne, trägt die goldenen Krone ebenso zur Schau wie zahllose Ringe, Armreife und prächtige Ketten. Ernst blickt er geradeaus. Bis es plötzlich aus dem 70-Jährigen herausbricht, er jeden Einzelnen seiner Gäste mit Handschlag, bestem kurpfälzischen Dialekt und einem unschlagbaren Lächeln persönlich begrüßt.

Es ist ein Eindruck zwischen Verbindlichkeit und Humor, den der Ludwigshafener König augenblicklich hinterlässt – einer, der in diesen Stunden und während dieser besonderen Führung viel über den afrikanischen Staat und die Geheimnisse seiner Herrscher verraten soll. Denn inmitten einer Ausstellung, die den niederländischen Fotografen Jan Banning zwischen Kommunismusforschung („Red Utopia“) und Justizanalyse („Law & Order“) ins Bild setzt, findet sich auch eine Werkschau ganz anderen Zuschnitts. „The Sweating Subject“ nennt sich die 15 Motive umfassende Themengalerie, die das abbildet, was sonst nur den engsten Vertrauten ghanaischer Hoheiten vorbehalten bleibt: das Leben in den Sälen der Macht. Dass es dem Fotografen nicht nur gelang, die Könige und sein Gefolge auf Bildern zu bannen, sondern auch selbst mit posieren zu dürfen – ein Ausnahmefall.

Tierfelle schützen vor dem Boden

Einer Offenheit, über die auch Bansah viel zu sagen hat. Denn wenngleich er als Christ der Aschanti-Region ganz anders lebt als die muslimischen Stämme im Norden des Landes: Die schweren Gewänder, die großen Transparente mit den Ahnherren des eigenen Volkes und auch die Gefolgsleute, von denen jeder seine eigene verantwortungsvolle Arbeit hat, sind Rituale, die auch ihm vertraut sind.

Dass den Königen mit Tierfellen und Gewändern zwar der Boden bereitet wird, damit sie nicht baren Fußes auf schmutzigem Grund laufen müssen, „diese Traditionen aber mit Egozentrismus, oder Verschwendung nichts zu tun haben“, ist für Bansahs Frau Gabriele entscheidend. Denn auch, wenn Westeuropäern die Herrscher-Behausungen mit alten Schwarz-Weiß-Fernsehern, schweren verbrauchten Möbeln und ohne Fenster teilweise recht unwirtlich vorkommen mögen: Die Regenten tragen ihre Zepter mit Würde – und voll der Ehre. „In Ghana kannst du nicht einfach zu mir kommen, auf die Schulter klopfen und sagen: ‚Hosche mol, isch hab do ’n Probläm’“, wie der königliche Landmaschinenbauer humorvoll über das royale Protokoll erzählt, um sich gleichzeitig über die „herrliche Lockerheit“ in Deutschland zu freuen.

Aus der Armut seines Landes macht Bansah dennoch kein Geheimnis. „Wir haben den Urwald, etwas zu Essen und unsere Werte, das ist alles“, erklärt der König keineswegs enttäuscht, um schließlich zu ergänzen: „Der Buschmann lebt Freiheit und Ehrlichkeit.“ Oder mit anderen Worten – wer über wenig Materielles verfügt, lernt, sich rasch auf Wesentliches zu besinnen.

Das schlage sich zum einen darin nieder, dass dem Alter und der damit verbundenen Leistung eines Menschen ungleich mehr Respekt entgegengebracht werde als in Deutschland. Zum anderen aber auch in der Rolle der Frau. Wer als Mann des Volksstamms der Ewe im Osten des Landes glaube, er könne sich über das weibliche Geschlecht erheben, der habe sich gründlich getäuscht: „In Ghana ist die Mutter der Chef – sie hat dich geboren, dich groß gezogen, dich gepflegt. Was sie sagt, ist dein Gesetz.“

Frauengefängnis als „Geschenk“

Ein Gesetz, das nicht nur unzählige Königinnen als sogenannte Queen Mothers prägen, sondern das auch Bansah immer weiter verfeinert. Denn auch, wenn er gegen den internationalen Raubbau an Gold, Diamanten und Coltan, für den er die Präsidenten seines Landes mit verantwortlich macht, selbst nicht viel tun kann: Für sein eigenes Volk kann er es sehr wohl. Bereits 1992 setze er durch, von Ludwigshafen aus per Telefon und Fax für seine Vorhaben zu werben. Heute sind E-Mails und WhatsApp die Mittel seiner Kommunikation.

Acht bis zehn Mal jährlich reist der König im Jahr zudem in sein Land, das mit all seinen Chronisten schon darauf wartet, in Schiedsanhörungen über Wasserrechte und Länderstreitigkeiten zu verhandeln. Erst vor wenigen Monaten schenkte er seinem Volk ein eigenes Frauengefängnis, um sexuelle Übergriffe zu unterbinden. „Aber wir haben noch viel zu tun.“

Info: Die Ausstellung „The Sweating Subject“ von Jan Banning porträtiert 15 Hoheiten im Norden Ghanas. Sie ist noch bis zum 13. Januar 2019 in der Galerie Zephyr zu sehen, der Eintritt kostet sieben Euro. Zur Dokumentation der Ausstellung ist beim Verlag Nazraeli Press außerdem ein limitierter Bildband zum Preis von zehn Euro mit Jan Bannings Bildern erschienen. 

Mannheim

Céphas Bansah besucht Ausstellung „The Sweating Subject“

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
8
Mehr erfahren

Der König

  • König Céphas Bansah wurde am 22. August 1948 in ghanaischen Hohoe geboren.
  • Nach der Schule und dem Besuch des Technikums gelangte er 1970 im Rahmen eines Studentenaustauschs nach Limburgerhof, wo er eine Ausbildung zum Landmaschinenbauer absolvierte.
  • Bansah war aktiver Boxer und wurde 1975 sogar Bezirksmeister im Fliegengewicht.
  • In Ludwigshafen-Mundenheim eröffnete der spätere Kfz-Meister eine Werkstatt, die er bis heute gemeinsam mit drei Mitarbeitern und Lehrlingen betreibt.
  • Seine rund 200 000 Untertanten im Osten Ghanas regiert er seit seiner Ernennung zum König 1992 von Ludwigshafen aus.
  • In diesem Jahr veröffentlichte Bansah im Gerhard-Hess-Verlag seine Autobiografie „Zwischen Krone und Schraubenschlüssel – ein König zwischen zwei Welten“. mer

Freier Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen