Gratis Lastenradverleih

Dank Rikscha in Mannheim wieder raus ins Leben

Der Verein LaMa sucht ehrenamtliche Radler, die Älteren und behinderten Menschen in der Rikscha unvergessliche Momente bieten, auch verleiht er gratis Räder: Welche Erfahrungen die machen, die mitfahren - und die, die radeln

Von 
Lea Seethaler
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Auf Tour mit Rollstuhltransportrad (rechts) und Rikscha. Der gemeinnützige Verein LaMa aus Mannheim machts möglich. © LaMa

Mannheim. Sieben Freiwillige haben jüngst Bewohner einer Einrichtung für behinderte Menschen und von drei Altenheimen für einen besonderen Ausflug abgeholt. Per Rollstuhltransportrad. „Es wurde gelacht, gestaunt und auch geweint“, resümiert Anika Nöske vom Verein Lastenrad (LaMa) Mannheim, der alles organisiert. „Geschichten wurden geteilt zum Aufwachsen in der Nachkriegszeit, über Höhen und Tiefen im Leben oder Leibspeisen wie Rahmkartoffeln und Marmorkuchen“, so Nöske.

Ehrenamtliche bei LaMa Mannheim: „Ich war überwältigt von solch einem schönen Miteinander“

Eine Dame berichtete Nöske nach der Fahrt: „Ich könnte weinen vor Freude. Das glaubt mir doch keiner!” Wie Nöske erzählt, habe eine andere Dame „jeden Baum intensiv anschauen“ wollen, „weil sie so lange keine mehr gesehen hat“. Nöske: „Und für eine andere Seniorin haben wir extra angehalten, damit sie ganz lange eine Amsel beobachten konnte.“

Lastenräder können eine Alternative zum Auto darstellen – und sollen auch in Mannheim zur Verkehrswende bewegen. © dpa

Tanja, eine der Freiwilligen, möchte bei der nächsten Aktion wieder mitmachen: „Ich war überwältigt von dem schönen Miteinander. Wie eine so einfache Sache so viel Freude verbreiten kann. Es hatte etwas Verbindendes. Auch die Menschen, an denen wir vorbeifuhren, haben sich mit uns gefreut, uns zugewunken“, sagt sie.

LaMa Mannheim: Fachkräftemangel und Engpässe stundenweise aushebeln

Anika Nöske sagt: „Warum wir das machen? Wir haben festgestellt, dass Einrichtungen Interesse am Rollstuhltransportrad haben, es gern nutzen würden. Oft ist es durch personelle Engpässe in den Einrichtungen leider nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.“ Daher kam die Idee, Freiwillige zu finden, die mit den Bewohnerinnen und Bewohnern „gemeinsam das Unterwegssein genießen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen lassen...“

Nur den „Kleinen Führerschein“ machen, dann Abfahrt

„Bei uns kann man kostenfrei Lastenräder, darunter auch die Rikscha und das Rollstuhltransportrad als Spezialräder, ausleihen“, erklärt Nöske. „Bevor man Rikscha oder das Rollstuhltransportrad ausleihen kann, macht man bei uns einen kleinen ,Führerschein’“, erklärt sie. „Es gibt eine Einweisung zu den Funktionen der Räder, man übt, wie der Rollstuhl sicher aufs Rad und wieder runterkommt - und fährt selbst. Und wird auch gefahren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man die Fahrt vorne auf dem Rad erlebt.“ Nöske sagt, Einrichtungen können das Rad bis zu einer Woche ausleihen, Privatpersonen bis zu vier Tage.

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Die 38-Jährige schloss sich 2021 mit der Idee, ein Rollstuhltransportrad anzuschaffen, dem Verein LaMa an. „Ich war ehrenamtlich in einer Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderungen tätig. Einer der Bewohner ist früher gern mit dem Fahrrad unterwegs gewesen.“ Sie habe dann „geschaut, was es auf dem Radmarkt gibt und mir überlegt, dass es schön wäre, wenn so ein Fahrrad nicht nur einer, sondern vielen Einrichtungen und auch Privatpersonen zugänglich wäre.”

Ziel: Freiwilligennetzwerk mit radelnden Helfern aufbauen

17 Ausflugsfahrten im Käfertaler Wald, um den Herzogenriedpark herum und am Neckar entlang wurden bisher unternommen. Und Nöske will noch viele weitere Touren organisieren und sucht hierfür Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Sie will viele Einrichtungen auf ihr Angebot aufmerksam machen. Aber vor allem will sie ein Netzwerk an Freiwilligen aufbauen, das bei solchen Aktionen mitmacht, „um generell auf die Möglichkeit der kostenfreien Ausleihe im Sinne der Teilhabe hinzuweisen“, erklärt sie. 21 Personen wurde in Mannheim dank Nöskes Aktion so bereits ein ganz besonderes Erlebnis geschenkt.

Lastenrad Mannheim: Einweisung, dann leihen

Die freiwilligen Ehrenamtlichen haben vorab die eingangs genannte Einweisung bekommen. Denn: „Wer die Spezialräder fährt, hat Verantwortung für die Mitfahrenden. Jeder Griff sollte sitzen, damit sich die Personen auf dem Rad sicher fühlen und man gemeinsam Spaß an der Fahrt hat”, erläutert Matthias Philipp, Vorstand von LaMa und Mitradler der Aktion.

Erzählen von der Neckarstadt der Kindheit im Fahrtwind

Ein weiterer Senior freut sich indes bei der schwungvollen Ausfahrt, sein früheres Wohnviertel wiederzusehen. Ganz aufgeregt erzählt er während der Fahrt, wie es früher in der Neckarstadt aussah, von seinem Arbeitsweg, den er auch immer mit dem Fahrrad zurückgelegt hat. Radler Andy findet derweil ganz allgemein: „Es ist so cool auf einem Fahrrad unterwegs zu sein, nicht im Auto zu sitzen.” Eine Dame schaut aus der Rikscha gen Himmel: „Jeden Tag schaue ich aus dem Fenster und warte auf den Storch. Er bringt mir Glück.” Die Ausflugsgruppe folgt ihrem Blick: Tatsächlich fliegt in diesem Moment ein Storch über ihnen hinweg. Zum Abschied bedankt die Dame sich für die Fahrt und ruft hinterher: „Und denkt an den Storch...“

LaMa Mannheim: Lastenrad leihen

Nöske sagt, wer Räder als Privatperson oder Einrichtung nutzen, eine Einweisung haben, als Freiwilliger bei der nächsten Aktion mitradeln, Aktionen oder LaMa finanziell unterstützen möchte, kann an lama.billie@lastenvelomannheim.de mailen. Mobilität, Ressourcenschonung und Teilhabe sind Kernthemen von LaMa. Der Verein finanziert sich nach eigenen Angaben über Spenden und Mitgliedsbeiträge, Mitglieder sind Ehrenamtler.

Mehr Infos im Netz auch unter www.lastenvelomannheim.de

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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