Religion - Interessierte lernen am Tag der offenen Moschee vieles über Rituale dort / Sanitäranlagen sollen umgebaut werden

Im Waschraum reicht Muslimen Mannheimer Leitungswasser

Von 
Ismail Kul
Lesedauer: 

„Das ist kein heiliges Wasser, sondern ganz normales Mannheimer Leitungswasser“, erklärt Mikail Kibar (28) den ersten Besuchern leicht verschmitzt den Waschraum. Die Gäste sind am Tag der offenen Moschee in die Yavuz Sultan Selim Moschee im Jungbusch gekommen. Sie wollen die muslimische Gebetsstätte und ihre Besucher kennenlernen – und Fragen stellen. Dass es noch nicht so viele Besucher sind, stört Kibar nicht. „Bei den ersten Führungen sind es immer wenige, aber mit jeder weiteren Führung werden es mehr, und zum Schluss kommen die meisten“, weiß er aus Erfahrung.

Der 28-Jährige dreht gleich den Wasserhahn auf und zeigt, wie die rituelle Waschung vorgenommen wird, die Muslime vor dem Gebet oder vor dem Berühren des Korans machen müssen. Gleich am Anfang der Führung weist Kibar mehrmals darauf hin, dass die Besucher alles fragen können. „Ich freue mich über jede Frage“, fügt er hinzu. Kibar zeigt auch auf die Spendenbox im Eingangsbereich der Moschee. Jeder, der will, könne spenden. Der Moscheeverein möchte nämlich den Waschraum und die Sanitäranlagen umbauen. Danach soll das Wasser, das bei der rituellen Waschung verwendet wird, aufgefangen und für die Spülung der Toiletten wiederverwendet werden. Als „Faire Moschee“ lege man bei der Yavuz Sultan Selim Moschee auf den Umweltschutz besonderen Wert, sagt Kibar. So würden dort zum Beispiel auch bei den Fastenbrechen-Essen während des Ramadans keine Plastikbecher mehr verwendet.

Mikail Kibar ist stellvertretender Vorsitzender des Moscheevereins. Er hat bereits in der Jugendgruppe mitgewirkt, vor anderthalb Jahren ist er in den Vorstand gewählt worden. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters ist in Heidelberg geboren. Sein Name sei die muslimische Schreibweise des Namens Michael, sagt er auf Nachfrage. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft in Emmen und an der North Dakota State University in den USA verdient Kibar sein Geld als Unternehmensberater.

„51 Prozent Deutscher“

Der Tag der offenen Moschee steht in diesem Jahr unter dem Motto „Menschen machen Heimat/en“. Auf die Frage, was das Motto für ihn selbst bedeutet, sagt er: „Heimat ist für mich, wenn ich bei den Menschen bin, die ich liebe und mag.“ Dann wird er noch konkreter: Auch Mannheim sei für ihn Heimat. Obwohl er in Frankfurt arbeitet, lebt er in der Region, weil er sich hier wohlfühle. Und als was fühle er sich, als Deutscher oder als Türke? „Als beides. Vielleicht 51 Prozent Deutscher und 49 Prozent Türke.“

Nach dem Waschraum geht es weiter in den Gebetsraum in der oberen Etage. Hier erklärt Kibar, was eine Moschee ausmacht. Ein ganz wichtiges Element ist, dass es eine Gebetsnische in Richtung des Wallfahrtsorts Mekka gibt und eine Predigtkanzel für die Freitagsgebete vorhanden sein muss.

Kopftuch, Koran und Krieg

Ein kleiner Junge, der mit seinen Eltern gekommen ist, möchte wissen, was denn die arabischen Schriftzeichen an den Wänden bedeuten. „Sie stellen die Namen der ersten Kalifen dar – der weltlichen und religiösen Führer der Muslime“, erklärt Mikail Kibar. Führungen macht er schon lange, er weiß, welche Fragen kommen. Die häufigsten betreffen das rituelle Gebet, das Kopftuch und die Verse des Korans, die Kriege zum Thema haben. „Aber wenn man Menschen das auf Deutsch erklärt, dann sorgt das für Erleichterung. Das finde ich toll“, sagt er.

„Wir pflegen hier vor Ort den offenen Dialog“, sagt Kibar. Pro Jahr werden bis zu 30 000 Gäste durch die Moschee geführt. Sie stehe für alle Menschen offen. „Sie können uns immer besuchen“, sagt Kibar. Die Moschee sei von morgens bis spätabends geöffnet. „Wir würden hier auch in der Nacht geöffnet haben, aber im Jungbusch wäre das vielleicht manchmal problematisch“, fügt er hinzu.

Gleich muss das Mittagsgebet verrichtet werden. In der Zwischenzeit sind noch andere Besucher gekommen. Die zweite Führung muss gleich beginnen.

Info: Weitere Bilder unter morgenweb.de/mannheim

Fotostrecke

Zu Besuch in der Yavuz Sultan Selim Moschee

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
9
Mehr erfahren

Die drittgrößte Moschee

Der Tag der offenen Moschee wird seit 1997 veranstaltet. Er geht auf eine Initiative des Zentralrats der Muslime in Deutschland zurück.

Termin ist immer der 3. Oktober, der Tag der Deutschen Einheit. Das Datum soll die Verbundenheit der Muslime mit Nichtmuslimen in Deutschland zum Ausdruck bringen.

In Deutschland öffnen etwa 1000 Moscheen ihre Tore für mehr als 100 000 Besucher.

Die Yavuz Sultan Selim Moschee am Mannheimer Luisenring wurde 1995 errichtet. Nach Köln und Duisburg ist sie die drittgrößte Moschee in Deutschland.

Der Moscheeverein hat mehr als 1000 Mitglieder, zu Freitagsgebeten kommen bis zu 2000 Gläubige, den Korankurs an den Wochenenden besuchen um die 100 Kinder. kul

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen