Ob das Blut ist? Da, auf der Folie, die den Ringboden bedeckt? Die Antwort ist ein Grinsen. "Das geht schnell", sagt Michael Haffner. So, als wären es nur ein paar Schweißflecken, die noch nicht getrocknet sind. "Wenn das im Wettkampf passiert, ist das ziemlich cool." Haffner grinst noch immer. Natürlich nur, wenn es keine gefährliche Wunde sei, fügt er dann hinzu.
Gerade hat der 28-Jährige noch mit zwei Jungs herumgealbert, die er auf dem Flur im Athletik Club Weinheim getroffen hat. Aus dem Stehgreif hat er ein Spiel erfunden, bei dem sich die beiden, auf einem Bein hüpfend, aus einem Viereck auf dem Boden schubsen mussten. Beide waren schnell erschöpft - vor lauter Kichern.
Der Mannheimer hat zwei Leben, eines im Ring, eines außerhalb. In einem ist er Michael Haffner, der Jugend- und Heimerzieher, im anderen "Precious" Michael Phoenix, der Wrestler.
Michael Haffner sitzt im Trainingsring im Athletik Club. Er ist durchtrainiert, trägt schwarze Sportkleidung, hat kurze, blonde Haare und fast immer ein Lächeln im Gesicht. Er erzählt mit ruhiger, sanfter Stimme. Seit rund zehn Jahren lebt der 28-Jährige in Mannheim. "In Mannheim habe ich früher meine Wochenenden verbracht, mein Vater wohnt hier. Der Luisenpark, der Herzogenriedpark - für mich war es immer die Ausflugsstadt." Für den Zivildienst am Uniklinikum zog er von Saarbrücken nach Mannheim. "Da merkte ich schon, dass ich gut mit Kindern kann - und wie viel Spaß es mir macht."
Über Vater zum Wrestling
Er entschied sich für eine Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher, arbeitete in einem Kinderheim in Mannheim. "Das ist ein schöner Beruf - Kinder geben unheimlich viel zurück", sagt Haffner. Seit gut einem Jahr arbeitet der 28-Jährige bei Socialconcept in Ladenburg, einem freien Träger der Jugendhilfe. Er berät Familien, die aus den Fugen geraten sind, wegen Krankheiten, Alkohol- oder Drogenproblemen. "Ich schaue dann, ob die Kinder gut versorgt sind, die Wohnung sauber ist, ob sie ihre Finanzen im Griff haben." Haffner begleitet auch Kinder, die den Schulalltag nicht allein bewältigen können.
Zum Wrestling kam er über seinen Vater. Mit zehn oder elf sah er das erste Mal Wrestler im Fernsehen. "Da war dieser schillernd-bunte Typ im Ring, dazu Rumpelmusik. Ich dachte nur: 'Voll geil, was ist das denn?'" Doch erst mal blieb Haffner Zuschauer. Als er nach Mannheim zog, erfuhr er, dass es im Weinheimer Athletik Club eine Wrestling-Abteilung gibt. "2006 fing ich an, 2007 stand ich das erste Mal im Ring." Bei dem Gedanken an seinen ersten Auftritt vor Publikum bricht der 28-Jährige in Lachen aus. "Ich hatte damals so 'nen weißen Karateanzug an und ziemlich viel Schminke im Gesicht. Das sah aus wie gewollt, aber net gekonnt."
Mittlerweile ist er im Ring "Precious" Michael Phoenix, ein Schnösel, ein Schönling mit Geld. "Das Hauptanliegen beim Wrestling ist ja nicht, den Gegner fertigzumachen, sondern eine Geschichte zu erzählen." Und dafür schlüpft er in die Rolle von Phoenix, prollt und post, provoziert das Publikum. Das üben die Weinheimer Wrestler mit Schauspielern. "Je mehr 'Buhhs' - desto besser." Wenn die Stimmung kocht, legt er los. "Dann geht's: Baff, bumm, bumm, batz."
Als Wrestler hat Haffner gelernt, wie er Stunts macht, die brutal aussehen, ohne gefährlich zu sein. Haffner geht in die Mitte des Rings, legt aus dem Stand einen Salto hin und landet mit lautem Krachen auf dem Rücken. Haffner ist fast jeden Tag in Weinheim. Wenn er nicht selbst trainiert, unterrichtet er die Anfänger. "Der Verein ist mein zweites Zuhause", sagt Haffner. Und für ihn ist er aber auch der Ort, an dem er am besten abschalten kann. Denn egal wie brutal Wrestling auch wirken mag. "die wirklich schlimmen Dinge sehe ich in meinem Job."
Michael Haffner
-Michael Haffner ist 28 Jahre alt und wurde in Saarlouis geboren. Aufgewachsen in Saarbrücken, kam Haffner 2004 nach Mannheim.
-Seit 2006 macht er Wrestling im Athletik Club in Weinheim und trainiert dort auch sonntags die Anfängergruppe. Als "Precious" Michael Phoenix ist er amtierender ACW World Heavyweight Wrestling Champion.
-Am Samstag, 13. September, findet im Weinheimer Athletik Club Wrestling ab 19 Uhr der "Doomsday" statt, bei dem 30 Männer gegeneinander antreten. Auch "Precious" Michael Phoenix wird dabei sein.
-Weitere Infos im Internet unter: www.acw-pro.de swk
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