Mannheim. Sie haben eine Stunde. „Dann ist das verbrannt“, sagt Michael Schwenk von der Einsatzgruppe „Poser“ des Mannheimer Polizeipräsidiums. Dass – wieder einmal – in der Kunststraße kontrolliert wird, spricht sich in den sozialen Medien schnell herum, die Poser und Tuner, die ansonsten gerne ihre aufgemotzten Fahrzeuge und röhrenden Motoren vorführen, meiden die Quadrate. Trotzdem bleibt die Schwerpunktkontrolle „Autoposer“ anlässlich des Sicherheitstages am Freitag nicht folgenlos: 89 Fahrzeuge und 111 Personen werden kontrolliert, es gibt 25 Verstöße aufgrund von Verkehrsordnungswidrigkeiten, in 13 Fällen ist die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge erloschen, vier Fahrzeuge werden sichergestellt.
Dazu zählen die zwei Motorroller von drei Jungs aus der Neckarstadt. Justin (18), Daniel (16) und Marco (15) müssen am Ende zu Fuß nach Hause laufen. Ihre Fahrzeuge sind frisiert, das erkennen die Profis von der Einsatzgruppe schon am Klang des Motors. Die Motorroller werden an Ort und Stelle stillgelegt, ein Abschleppwagen holt sie später ab. In der kommenden Woche wird auf einem Prüfstand kontrolliert, inwieweit an der Drosselung manipuliert wurde. Die zwei Fahrer müssen in jedem Fall mit empfindlichen Strafen rechnen. Sie verfügen zwar über eine Mofa-Prüfbescheinigung, die berechtigt aber nur zu einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Weil sie schneller unterwegs waren, wird das wie ein Fahren ohne Fahrerlaubnis gewertet, eine Straftat.
Fahrzeug von Freund ausgeliehen
Auch Angelo und Anna werden von einem der Polizeibeamten an den Rand gewunken. Ihr Auto sieht aufgemotzt auf, ist es auch, tiefergelegt, aber das ist in ihrem Fall legal. Wer nachträglich Teile an seinem Auto verbaut, riskiert das Erlöschen der Betriebserlaubnis – es sei denn, es liegen gültige Prüfzeugnisse für die Teile vor, der TÜV hat die Änderungen abgenommen und sie wurden entsprechend eingetragen. Bei Angelo und Anna sind die Papiere in Ordnung. „Wir drehen meist am Abend eine Runde durch die Innenstadt und holen uns dann ein Eis“, erzählt Angelo. Als nächster ist Armin an der Reihe, Beanstandungsgrund: die Geräusche, die sein Fahrzeug macht. Ein Diesel, der wie ein schön laut dröhnender Benziner klingt. Dafür sorgt der Sound-Booster, ein Geräuscherzeuger. Er ist ein beliebtes Spielzeug der Tunerszene, aber verboten. „Man darf’s haben, man darf es aber nicht nutzen“, erklärt Schwenk. Armin muss den Sound-Booster abschalten, dann kann er weiterfahren.
Schließlich kommt „der Klassiker“ vorgefahren, wie Schwenk ihn nennt, ein Auto, an dessen Radaufhängungen Distanzscheiben montiert wurden. Die verlagern die Reifen weiter nach außen, der Wagen wirkt breiter und sportlicher. Diese Form des optischen Tunings ist erlaubt, die Räder dürfen aber nicht zu weit nach außen ragen, und sie dürfen auch keinen Kontakt mit der Karosserie haben. An dem kontrollierten Wagen finden sich aber verräterische Schleifspuren. „Das ist gefährlich, ein Reifen könnte platzen oder Plastikteile wegen der Reibung zu schmoren beginnen“, so Schwenk. Der Fahrer ist sichtlich aufgelöst, er ist nicht der Halter des Wagens und lebt eigentlich in Griechenland. Er habe sich den Wagen, so erzählt er, für ein paar Tage von einem Freund geliehen. Das war nun vorerst seine letzte Fahrt oder vielmehr vorletzte, er muss das Auto – begleitet von einem Polizeiwagen – zu einem Gelände an der Hochuferstraße fahren. Dort bleibt er fürs Erste, der Freund muss die Fahrzeugveränderungen rückgängig machen und bei der Zulassungsstelle einen Antrag auf Neuerteilung einer Betriebserlaubnis stellen.
Poser häufig Wiederholungstäter
Lautstarke Poser sind an diesem Abend weniger unterwegs – oder sie haben frühzeitig von den Kontrollen erfahren. „Was auch gut ist, Prävention wirkt ja auch“, sagt Rüdiger Schmiel. 2016, nach massiven Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern über Lärmbelästigung, wurde bei der Mannheimer Polizei die Poser-Einsatzgruppe eingerichtet. Seitdem sei es ruhiger geworden. „Das bestätigen uns auch Anwohner“, so Schmiel. Viele Poser sind „Wiederholungstäter“, die Ausreden, so Schwenk, oft dieselben: „Das habe ich schon so gekauft“ oder „Sind alles Originalteile“. In diesem Jahr hat das Polizeipräsidium Mannheim bereits 95 Kontrolltage mit dem Schwerpunkt Autoposer im Rhein-Neckar-Kreis durchgeführt, 1600 Fahrzeuge wurden kontrolliert.
„Die allermeisten, die wir anhalten, sind einsichtig“, berichtet Alexander Grun. So wie der Autofahrer, den er gerade gestoppt hat, nicht, weil er gepost hätte, sondern weil er am Steuer mit seinem Mobiltelefon hantierte. Das kostet 100 Euro und einen Punkt in der Verkehrssünderdatei in Flensburg. „Der hat sich über sich selbst geärgert“, so Grun. Weniger Verständnis hat eine Radfahrerin, die ein Kollege anhält. Ob sie wisse, dass die Ampel vor Engelhorn Sport, die sie gerade überquert habe, Rot gewesen sei? Ja schon, sagt die Frau. „Aber gilt die denn auch für Radfahrer?“
Nach anderthalb Stunden nimmt der Auftrieb in der Kunststraße etwas ab, ein Teil des dreizehnköpfigen Polizei-Teams wechselt in den mobilen Dienst, dort wird dann weiter kontrolliert bis morgens um sechs.
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