Innenstadt

Hupkonzerte in der Nacht: Mannheimer beklagen Lärm durch Autokorsos

Nicht nur bei der EM ist der Lärmpegel zu hoch: Hupkonzerte in den Mannheimer Quadraten sind eine Belastung für die Bewohner. Welche Handhabe gibt es dagegen und was können Stadt, Polizei und Anwohner tun?

Von 
Valerie Gerards
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Besonders nach den EM-Spielen von Deutschland und der Türkei trafen sich Autofahrer zum Hupkonzert in der Innenstadt. © Bernhard Kreutzer

Mannheim. Die nächtliche Lärmbelästigung durch Spaßhuper und Autoposer in den Mannheimer Quadraten ist seit vielen Jahren erheblich und hat nach den EM-Spielen von Deutschland und der Türkei laut den Anwohnern Höchstwerte erreicht. Diese streiten für ihre Nachtruhe und kritisieren, dass die Stadtverwaltung zu wenig gegen den Lärm unternimmt.

Hupkonzerte in der Mannheimer Innenstadt: "Das war schlimm"

Für Fans der deutschen Nationalelf war der Freitagabend ein trauriger Tag, so mancher leidgeplagte Innenstadtbewohner konnte in der darauf folgenden Nacht aber endlich mal wieder ruhiger schlafen: Nach dem Ausscheiden von Deutschland aus der EM sei es relativ ruhig gewesen, berichtet Wolffried Wenneis, der auf den Kapuzinerplanken wohnt. Am Samstag sei die kurze Ruhe aber schon wieder vorbei gewesen. „Obwohl die Türkei verloren hat, gab es wieder Hupkonzerte bis weit nach Mitternacht. Das war schon schlimm.“ Er habe zudem den Eindruck, dass das Spektakel durch die mediale Berichterstattung noch künstlich vergrößert worden sei.

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Wenneis verdeutlicht, wie groß die Belastung für die Anwohner ist: Die Quadrate seien der wärmste Bereich von Mannheim, die Lautstärke führe dazu, dass man die Fenster nachts nicht öffnen könne. „Die Poserfahrzeuge sind übermotorisiert, laut und produzieren extrem viele Abgase. Hupkonzerte in der Kunststraße sind auch schon lange ein Problem. Die Stadt hat das viel zu lange geduldet.“

Fahrer aus dem Umland verabreden sich zum Hupkonzert in Mannheim

Dass die Türkei am Samstag aus der EM rausgeflogen ist, hat auch bei manch anderem Anwohner der Quadrate für Erleichterung gesorgt. „Die Korsos standen bereit, mit türkischen Fahnen und Nicht-Mannheimer Kennzeichen“, berichtet Bernhard Bühler von der Bürgerinitiative westliche Unterstadt. Auch er betont, wie groß der Leidensdruck der Anwohner auch jenseits von Großereignissen wie der Europameisterschaft ist. Jedes Wochenende kämen Massen von Autos und führen hupend durch die Stadt.

Dies seien nicht Autoposer mit getunten und deshalb lauten Wagen. Die Autos, zumeist aus Ludwigshafen, Heppenheim und der Pfalz, zum Teil aber auch aus Alzey und Worms, seien ganz normale Pkw, voll besetzt, auf der Rückbank oft kreischende junge Damen. Es scheine ein großer Spaß für die jungen Leute zu sein, die sich offensichtlich verabreden, um zum Hupkonzert nach Mannheim zu fahren. Den Anwohnern raubt das Spaßhupen bis nach Mitternacht aber den Schlaf.

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Alle Versuche, gegen das nächtliche Hupen vorzugehen, seien bislang erfolglos gewesen. Jemand in der Nachbarschaft habe einmal die Polizei gerufen, aber die habe gesagt, dass sie nichts machen könne. „Es finden immer wieder Poserkontrollen statt, aber dass in diesen Nächten mal kontrolliert wird, das passiert nie. Alle Nachbarn fragen sich, warum das nicht gemacht wird“, berichtet Bühler. Auch vonseiten der Stadtverwaltung werde nichts gegen das Spaßhupen unternommen. Das vom Bund geförderte städtische Projekt FutuRaum helfe ebenfalls nicht bei der Lösung des Problems. „Alle Ideen, die wir haben, werden mit überwiegend juristischen Argumenten widerlegt“, sagt Bühler. Er ist überzeugt, dass eine nächtliche Teilsperrung der Einfallstraßen durch Poller oder Schranken sehr hilfreich wäre. Das jedoch wolle der Einzelhandel nicht. Nachvollziehen kann Bühler das nicht, die Geschäfte wären zu diesem Zeitpunkt längst geschlossen.

Kann die Stadtverwaltung etwas gegen Hupkonzerte unternehmen?

Laut Stadtsprecherin Desirée Leisner hat die Stadtverwaltung bei Verhaltensweisen wie unzulässigem Hupen, Durchdrehen lassen von Reifen oder dem unnötigen Aufheulen lassen von Motoren keine Möglichkeit einzugreifen. Für die Ahndung solcher Verstöße müsse der Verursacher der konkreten Störung feststehen - hierfür seien Anhalte-Kontrollen erforderlich. „In den fließenden Verkehr dürfen jedoch nur Polizeibeamte eingreifen.“

Der Ordnungsdienst könne solche Kontrollen vereinzelt durch Geschwindigkeitsmessungen ergänzen. Solche Einsätze würden grundlegend durch die „Ermittlungsgruppe Poser“ der Polizei angesetzt und koordiniert. „Ergänzend zu den genannten Maßnahmen plant der Fachbereich Sicherheit und Ordnung, in diesem Haushaltsjahr eine TOPO Box (verdeckt ermittelndes Gerät, das Lärm messen kann) zu beschaffen“, sagt die Stadtsprecherin. Die Messergebnisse könnten zwar nicht als Grundlage für eine Ahndung dienen, da das Kennzeichen des zu lauten Fahrzeugs nicht dokumentiert werden kann. Die Daten gäben aber Aufschluss über besonders von Lärm betroffene Bereiche, an denen dann weitere Maßnahmen ergriffen werden können.

So können sich Anwohner gegen Spaßhuper wehren

Hauptkommissar Philipp Kiefner erklärt auf Nachfrage, die herbeigerufene Polizei könne zu nächtlichen Zeiten am Wochenende tatsächlich kaum etwas ausrichten. Die lärmgeplagten Anwohner könnten sich aber durchaus gegen die Spaßhuper wehren, indem sie die Zeiten der Autokorsos protokollierten, Beschreibungen der Autos oder Kennzeichen notierten und mehrere Zeugen für die Vorfälle hätten. Auch Fotos und Videos könnten hilfreich sein. Wenn es sich nicht um ein einzelnes Hupen handele, sondern dies regelmäßig und in Form von verabredeten Korsos stattfinde, können die Bewohner Anzeige erstatten. Den Ruhestörern drohe dann ein Bußgeld.

Freie Autorin

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