Mannheim. Der letzte lebende Held war ein eher leiser Held. Nie stand er so im Rampenlicht wie sein legendärer Mannschaftskapitän. Oder wie „der Boss“, der im Endspiel gegen Ungarn aus dem Hintergrund hätte schießen müssen und Deutschland dann auch zum Weltmeister schoss. Doch wäre das „Wunder von Bern“ Fritz Walter wie Helmut Rahn kaum gelungen, hätten sie nicht auch Mitspieler wie Horst Eckel gehabt. Der sich nicht zu schade war, die gegnerischen Angreifer 90 Minuten zu beackern und bestmöglich aus dem Spiel zu nehmen. Und am Ende hat Eckel selbst die größten Helden von 1954 überlebt, ehe er mit 89 Jahren am 3. Dezember 2021 in Landstuhl in der Pfalz verstarb. Dort in der Nähe, in Vogelbach, verbrachte er sein ganzes Leben. Nun hat sich die Familie entschlossen, seine Original-Kleidung aus dem WM-Finale ebenso wie rund 500 weitere Erinnerungsstücke im November in Mannheim zu versteigern.
Mit dem Segen des Vaters
Diese Entscheidung sei ihnen sehr schwergefallen, berichtet Dagmar Eckel am Telefon. Aber ihr Vater habe sie dazu zu Lebzeiten ausdrücklich ermuntert. „Er hat immer gesagt: ,Sind doch nur Gegenstände.‘“ Menschen seien viel wichtiger. Und der Erlös solle nun jenem Menschen zu Gute kommen, der ihm der allerwichtigste gewesen sei: seiner fünf Jahre jüngeren, schwer pflegebedürftigen Frau Hannelore Eckel.
„Die Mama war für ihn immer der Fels in der Brandung“, sagt Dagmar Eckel. Schon als Dreijährige habe er sie kennengelernt und ihrem mit ihm befreundeten Bruder angekündigt: „Die heirat’ ich mal.“ Ihre Eltern seien stets bescheiden und fleißig gewesen. Von dem, was er als Spieler und später als Realschullehrer sowie sie über ihr Sporthotel verdient hätten, habe der Vater viel angespart. „Aber dass sie beide mal Pflegefälle werden, das hat er nicht vorausgesehen.“ Sie habe ihren Eltern fest versprochen, dass sie niemals in ein Heim müssten, so die Tochter. Noch seien die finanziellen Rücklagen nicht aufgebraucht, aber ihre Schwester Susanne und sie müssten eben auch an die Zukunft denken. Mit dem Erlös aus den Erinnerungsstücken des Vaters könnten sie der Mutter dauerhaft ermöglichen, gemeinsam mit ihrer Pflegekraft zeitlebens in ihrer Wohnung zu bleiben. „Dass es die Mama guthat, war dem Papa immer das Allerwichtigste.“
Die Gegenstände, die dem Vater am meisten bedeutet hätten, würden sie natürlich behalten, versichert Dagmar Eckel. Etwa seine Uhr oder den Ehrenring von seinem Verein, dem 1. FC Kaiserslautern. Dennoch falle ihnen auch der Verzicht auf die Übrigen sehr schwer. „Am liebsten wäre mir, all die Sachen in seinem Haus zu behalten und daraus ein Museum zu machen.“ Aber das sei nun mal nicht bezahlbar. Also hätten sie sich schweren Herzens entschlossen, zu einem Auktionator zu gehen, und darüber auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und den FCK informiert. „Mein Vater war immer dafür, die Karten offen auf den Tisch zu legen.“
Nun soll der Auktionator, die Firma AGON SportsWorld, am 9. November einen Käufer für alle Erinnerungsstücke finden. Der sie sachgerecht archiviert und möglichst der Öffentlichkeit zugänglich hält. 280 000 Euro sind als Startpreis aufgerufen. Findet sich dafür niemand, werden am 19. November im Maritim-Hotel am Wasserturm von 11 bis 13 Uhr die verschiedenen Dinge einzeln versteigert. Für die Schuhe aus dem WM-Finale sind 12 500 Euro angesetzt, für Trikot, Hosen und Stutzen zusammen 35 000. Für Horst Eckels Spielerpass werden mindestens 1500 Euro verlangt, für das DFB-Siegerabzeichen 2000.
Kühlschrank für 600 Euro
Dagmar Eckels Lieblingsstück aus diesem Sortiment ist für 600 Euro Startangebot dabei: Der Kühlschrank, den der Vater wie die anderen Weltmeister von einem Unternehmen geschenkt bekam. „Wenn der an jemanden ginge, den ich nicht sympathisch fände, müsste ich ihn überbieten.“ Und weil ihr das wohl bei vielem so ginge, bleibe sie der Versteigerung besser fern.
Und wieso kommt der Nachlass in Mannheim unter den Hammer? Das habe der Auktionator wegen der günstigen Lage entschieden, sagt Dagmar Eckel. Sie sei zwar glühender Kaiserslautern-Fan und sitze bei jedem Heimspiel auf dem Stammplatz ihres Vaters. „Aber feindliche Gefühle gegen andere Vereine oder Städte hege ich nicht“, lacht sie.
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