Mannheim. Zügig nähert sich der Hubsteiger dem Baumwipfel. Der Mann im blauen Schutzanzug muss jetzt schnell sein. Die Asiatischen Hornissen schwärmen aus, noch bevor Felix Arnold das Nest erreicht hat und das Einflugloch verschließen kann. Sie umschwirren ihn in großer Zahl. Die großen, aufgeregten Insekten sind auch vom Boden aus gut zu erkennen. Schnell sprüht der Schädlingsbekämpfer das Pestizid in das Nest.
So bedrohlich das aussieht: Gefährlich ist die Aktion eigentlich nicht. Arnold hat einen speziellen Anzug an und ist komplett vor Angriffen der Asiatischen Hornissen geschützt. „Normalerweise tragen wir nur einen Imker-Overall, der nur ein Halbkörper-Schutz ist. Aber für ein Hornissennest in einem Baum nutzen wir einen Spezialanzug. Der ist wirklich von Kopf bis Fuß dicht ist, damit nirgends eine Hornisse eindringen kann“, erklärt Horst Kilian, Geschäftsführer der BPS Schädlingsbekämpfung.
Dieser spezielle Schutz sei notwendig, weil der Schädlingsbekämpfer im Hubsteiger keine Fluchtmöglichkeit habe. „Dann hat man vielleicht eine Hornisse auf der Wange krabbeln und steht da oben“, sagt er und deutet auf die Baumkrone.
Funde melden
- Nester, aber auch einzelne Tiere sind meldepflichtig. Den Fund gibt man mit Fundort und Foto beim zuständigen Regierungspräsidium oder der Unteren Naturschutzbehörde bekannt: www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/asiatische-hornisse-melden
Mit Nestern der Asiatischen Hornisse habe er schon verschiedene Erfahrungen gemacht: Mal seien die Insekten friedlich, mal aggressiv. An Nester am Boden könne man oftmals entspannt herantreten und sie manchmal sogar anfassen, ohne dass etwas passiert. Eine Schutzbrille unter dem Imker-Overall sei aber wichtig: Die Hornissen würden eine Flüssigkeit verspritzen, die dann kurz brennt, wenn sie ins Auge gelangt.
Bei manchen Nestern reiche es aber schon, mit dem Hubsteiger neben das Nest hochzufahren, um attackiert zu werden. Man müsse dann ruhig bleiben. Die Hornissen würden versuchen, an der Überlappung von Anzug und Handschuhen anzugreifen. „Ich würde es eigentlich nicht als Angriff bezeichnen. Sondern wir greifen ja die Hornissen an. Sie verteidigen sich“, sagt Kilian. Warum die eigentlich friedlichen Insekten manchmal aggressiver sind, weiß Kilian nicht. Möglicherweise liege das an den kontaminierten Anzügen, die von vorangegangenen Einsätzen noch nach Pestiziden riechen.
„Die Königin hat einen verdammt harten Job“
Wenn Asiatische Hornissen ihr erstes Nest bauen, dann tut das eine einzige Königin allein. „Die Königin hat einen verdammt harten Job. Sie muss das Nest bauen, Eier legen, die junge Brut durch Muskelbewegung nachts wärmen, die Larven füttern, Beute holen und selber fressen“, erklärt Gerhard Rietschel, Naturschutzbeauftragter der Stadt Mannheim. Erst ab Juni würden dann die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die die Königin entlasten.
Ab Juli beginnen diese ersten Arbeiterinnen, in einem Baumwipfel ein Sekundärnest zu bauen. Die Königin fliegt in die neue „Filiale“ und legt auch dort Eier. Im alten Nest wird noch so lange die Brut versorgt, bis alle geschlüpft sind und dann auch ins Sekundärnest fliegen. Eine Population von 5000 bis 6000 Hornissen wächst laut Rietschel in einem solchen Nest.
Je früher ein Sekundärnest entfernt wird, desto besser: Denn ab September verlassen die Königinnen darin - einige hundert sind es -ihr Nest, um neue Stämme zu gründen. Oft ist es allerdings schwierig, an die Sekundärnester heranzukommen. Sie befinden sich oft in Baumwipfeln und können nur mit dem Hubsteiger erreicht werden.
„Nester bis zu drei Metern Höhe können wir ohne Hilfsmittel bekämpfen, die werden schneller erledigt“, erklärt Kilian. Bei Sekundärnestern in Baumwipfeln wird jedoch ein Hubsteiger benötigt, was einige Zeit in Anspruch nehmen könne: Das Wetter muss stimmen, und es darf nicht zu windig sein. Manche Nester können überhaupt nicht entfernt werden: Das Sekundärnest über einem Spielplatz in Wallstadt etwa sei mit einem Hubsteiger nicht erreichbar. „Es gibt jedes Jahr ein paar Nester, an die man nicht drankommt. Die sind viel zu hoch gelegen und so weit außen im Baum, dass man dort nicht hin klettern könnte“, sagt Kilian.
Das Pestizid wirkt umgehend. Die Asiatischen Hornissen werden mit einem handelsüblichen Wespenspray getötet - es ist laut Kilian das einzige Mittel, das zur Bekämpfung verwendet werden darf. „Weil die Asiatische Hornisse ein invasive, also eingeschleppte Art ist, haben wir in Deutschland keine zugelassenen Mittel zur Bekämpfung. Das Wespenspray ist zulassungsfrei“, sagt er.
Hochinvasive Art wird sich nicht mehr verdrängen lassen
Techniker Felix Arnold hat das Mittel ins Nest gesprüht und das Einflugloch zugehalten. Nur noch wenige Hornissen fliegen jetzt herum. Er sägt den Ast ab, an den das Nest geklebt ist, und fährt den Hubsteiger wieder herunter. Öffnet die Hülle und legt die Stockwerke frei: Neun Stück sind es, in einigen Waben liegen noch Maden und Puppen. Sie bewegen sich, das Gift, das die ausgewachsenen Insekten getötet hat, kann ihnen nichts anhaben, erklärt Rietschel. „Würde man das Nest hängen lassen, würden die neuen Königinnen in ein paar Wochen schlüpfen.“
Er rät dazu, am besten schon die kleinen Anfangsnester zu melden, die sich in Bodennähe, in Büschen oder Hecken befinden. Häufig bleiben die Primärnester jedoch unentdeckt, erst die großen Sekundärnester werden dann von der Bevölkerung gemeldet. Dass die hochinvasive Art, bei der unter anderem Bienen auf dem Speiseplan stehen und die deshalb Imkern Sorgen bereitet, sich wieder aus dem Kreislauf der Natur entfernen lässt, hält er jedoch für ausgeschlossen.
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