Universität - Familie Carrera von der Rheinau nimmt seit 25 Jahren Gaststudenten auf / Gerade erst waren zwei Singapurerinnen da

„Holen uns die Welt ins Haus“

Von 
Simone Sohl
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Nach dem letzten Mal Uni am Mannheimer Schloss (v.l.): Rafael Carrera, Kimberly Wong, Karl Ann Too und Petra Carrera. © Sohl

„Zu kurz“ – das ist die Antwort der beiden Gaststudentinnen aus Singapur auf die Frage, wie ihre Zeit in Mannheim war. Zwei Wochen haben Karl Ann Too und Kimberly Wong hier verbracht – zu wenig, um ihr Interesse an der ihnen fremden Kultur und Sprache zu stillen, aber genug, um wiederkommen zu wollen. Daran haben die Carreras einen gehörigen Anteil: Die Rheinauer Familie hat den beiden jungen Frauen für die Dauer ihres Aufenthalts ein Zuhause gegeben.

„Wir können uns richtig glücklich schätzen“, sagt Kim über ihre Gastfamilie. Die Tage der 22-Jährigen und ihrer 21-jährigen Freundin in Mannheim waren vollgepackt mit einem dichten Programm, doch dazwischen und vor allem abends sorgten ihre Gastgeber dafür, dass sie sich umsorgt und gut aufgehoben fühlten. „Wir hatten täglich Deutschunterricht an der Universität“, erzählen die beiden Singapurerinnen. „Abends haben wir dann unsere Hausaufgaben erledigt, und Raphaela hat uns dabei geholfen.“ Raphaela-Rebecca Carrera ist die 24 Jahre alte Tochter des Ehepaars Carrera, die ebenfalls in dem Haus in Rheinau-Süd lebt und sich um die Gaststudentinnen kümmert. „Wir haben genug Platz in unserem Haus und freuen uns einfach, wenn wir junge Leute aus aller Welt zu Gast haben“, sagt Petra Carrera. Die ersten Erfahrungen als Gasteltern haben sie und ihr Mann Rafael Carrera vor 25 Jahren gesammelt – mit einer Studentin aus Japan. „Das weiß ich noch so genau, weil ich damals mit unserer Tochter schwanger war“, erzählt Petra Carrera. Sie hatte im „Mannheimer Morgen“ gelesen, dass Gasteltern für Studenten aus Asien gesucht würden, und sich gleich angesprochen gefühlt. Auch ihr Mann fand die Idee gut: „So holen wir uns die Welt ins Haus.“ Die Mutter der jungen Japanerin schickte den Carreras als Dankeschön selbst gestrickte Babykleidung. „Die hab’ ich heute noch“, sagt Petra Carrera lächelnd.

Seit diesem ersten Erlebnis haben die Carreras zahlreiche Studenten bei sich untergebracht. „100 waren es bestimmt schon“, sagt der gebürtige Spanier Rafael Carrera. Die meisten kamen aus Japan und Singapur, ein paar Franzosen waren auch schon dabei. Schlechte Erfahrungen haben sie noch nicht gemacht – wenn die Gasteltern erzählen, strahlen sie und man spürt die Freude, die ihnen die Beherbergung bereitet.

Sprechen mit Händen und Füßen

Auch der Umgang mit Kim und Karl Ann ist von Lachen geprägt – dabei spricht nur Karl Ann etwas Deutsch, Kim hat erst in Mannheim ein paar Wörter gelernt. Die Verständigung klappt trotzdem – mit Händen und Füßen und Englisch als Brückensprache. Was sie an ihrer Gastunterkunft erstaunt hat? „Die Größe!“, ruft Kim. „Allein das Badezimmer der Carreras ist doppelt so groß wie mein Zimmer in Singapur!“ Der Stadtstaat ist zwar reich, doch Raum ist dort knapp – und so waren die beiden jungen Frauen oft beeindruckt von dem vielen Platz, den wir in Deutschland haben. Dass der deutsche Himmel im Winter so oft bedeckt und grau ist, hätten sie zwar nicht gedacht – doch der Tannenbaumduft hat das wieder wettgemacht. „In Singapur gibt es nur unechte Weihnachtsbäume“, sagt Karl Ann.

Die Carreras sind ein bisschen traurig, dass sie den beiden Frauen nicht all ihre Hobbys zeigen konnten. „Wir machen Karate in Schwetzingen und nehmen unsere Gaststudenten gern ins Kinder-Karate mit“, erzählt Rafael Carrera, und seine Frau ergänzt: „Auch Western-Reiten gehört zu unseren Hobbys. Wir haben zwei Pferde, das finden unsere Gäste auch immer toll.“ Zu all dem kamen Karl Ann und Kim diesmal nicht, denn mit dem Unterricht und Ausflügen nach Speyer, Heidelberg und in den Schwarzwald verging die Zeit wie im Flug. Von ihrer Zeit bei den Carreras schwärmen die Mädels trotzdem – vor allem von den kulinarischen Köstlichkeiten, mit denen die Studentinnen dort verwöhnt wurden. „Käsespätzle und Champignonsauce“, sagt Karl Ann mit ihrem liebenswerten Akzent und verdreht verzückt die Augen: „Lecker!“ Und wer weiß, vielleicht kommen die beiden ja wieder. „Wir haben mit vielen unserer Gaststudenten noch Kontakt“, betont Petra Carrera.

Gastfamilien gesucht

Die Universität Mannheim sucht immer wieder Gastfamilien für junge Studenten aus Singapur, Japan und den USA.

Die Studenten nehmen an zwei- bis sechswöchigen Sprachkurs-Programmen teil und können bei ihrer Ankunft meist noch kaum Deutsch. „Verständigt wird sich dann eben auf Englisch – oder mit Hand und Fuß“, erklärt Karin Gültlinger, die Gastfamilien und Studenten zusammenbringt. Die Unterbringung wird laut Uni angemessen vergütet.

Die nächsten Teilnehmer kommen aus Japan und sind von Anfang Februar bis Anfang März in Mannheim. Wer sich vorstellen kann, einen oder – im Optimalfall – zwei Studierende aufzunehmen, erhält Informationen bei Karin Gültlinger, Telefon 0621/181-3307, oder per E-Mail an gueltlinger@service.uni-mannheim.de. sos

Freie Autorin Freie Journalistin und Fotografin

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