CDU Mannheim - Die Entscheidung des Kreisvorstands, keine Inhalte aus dem Gutachten zur Kreisgeschäftsstelle zu veröffentlichen, empört Mitglieder

Hitzige Diskussionen in scharfem Ton

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Stefan Proetel
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Bekamen viel Unmut zu spüren: Roger Schenk (CDU-Landesverband, v.l.) sowie Katharina Funck, Christian Hötting und Christian Stalf aus dem CDU-Kreisvorstand. © Stefan Proetel

Noch keine zweieinhalb Minuten ist die Veranstaltung alt, da wird es schon laut. Nach Begrüßung und ein paar Erklärungen zu den Corona-Regeln kündigt Katharina Funck an, dass sie nun die gemeinsame Stellungnahme des Landesverbands und des Kreisvorstands zum Gutachten vorlesen werde. „Wir wollen erst einmal hören, was in dem Gutachten steht“, mokiert sich Ex-Bürgermeister Rolf Schmidt daraufhin in scharfem Ton.

Er tut das umsonst, andere anwesende Mitglieder scheitern ebenfalls mit ihren Forderungen nach Transparenz. Was in dem Gutachten der Wirtschafts- und Steuerprüfungsgesellschaft Mauer (Reutlingen) steht, bleibt auch nach den fast eindreiviertel Stunden im Clubhaus der Feudenheimer Kulturhalle ein Geheimnis. Außer der von Katharina Funck verlesenen Bewertung gibt es keine Informationen zu den Ergebnissen oder Empfehlungen der Prüfer, nicht einmal zum genauen Prüfauftrag oder zu den Kosten (die der CDU-Landesverband nach Aussagen ihres stellvertretenden Geschäftsführers Roger Schenk komplett übernimmt).

Die Stimmung ist bis zum Schluss aufgeheizt. Rolf Schmidt wirft dem Kreisvorstand vor – außer Funk stehen Christian Hötting und Christian Stalf Rede und Antwort –, ihn und andere mit der Veranstaltung zu verarschen. Er habe keinerlei Informationsgewinn, er beklagt eine Wagenburgmentalität und kündigt an, gemeinsam mit anderen Parteimitgliedern juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen, sollte das Gutachten nicht veröffentlicht werden.

Ulrich Seel, der im Mai bei der Wahl zum Bundestagskandidaten Roland Hörner unterlegen war, äußert sich ebenfalls enttäuscht: „Ich bin mit falschen Erwartungen hierhergekommen.“ Er habe erwartet, dass seine Fragen beantwortet werden. Dies sei nicht der Fall, deshalb habe er kein Vertrauen in den Kreisvorstand.

Offenlegung gefordert

Schenk begründet das Zurückhalten von Inhalten aus dem Gutachten mit „schutzwürdigen Informationen“, weil es auch um Personen gehe. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wäre aus seiner Sicht ein Rechtsverstoß.

Auch nachher vor der Tür können sich die Teilnehmer kaum beruhigen. Sie fühlen sich nicht gehört, beklagen sich über das Vorgehen. Die drei Sätze Stellungnahme von Funck zu dem 20 Seiten starken Gutachten sind ihnen zu wenig. Auch wenn sie gehört haben, dass sich aus dem Abschlussbericht nach Überzeugung des Kreisverbands weder strafbare Handlungen noch Verstöße gegen das Parteiengesetz ergaben, bleiben sie bei ihrer schon zuvor mehrfach geäußerten Forderung: Offenlegung des Gutachtens und des genauen Prüfauftrags. Ein Mitglied empfiehlt seinen aufgebrachten Parteikollegen, mit dem Ergebnis der Veranstaltung erst einmal zu leben, um dann beim Kreisparteitag am 22. Oktober darüber zu diskutieren.

Der Landesverband will nun prüfen, wie Mitglieder vor dem Parteitag Einsichtnahme in das Gutachten erhalten können. Alt-Stadtrat Konrad Schlichter befürchtet indes, dass er dann aufgrund der Datenschutzhinweise Schenks viele geschwärzte Stellen sehen werde. Um den Zeitdruck zu nehmen, empfiehlt jemand, den Kreisparteitag frühestens im Dezember zu machen.

Gerüchte seit einem Jahr

Parteimitglieder beschweren sich auch, dass niemand der Firma Mauer anwesend ist. Der Grund dafür, sagt Roger Schenk, seien Indiskretionen aus internen Runden heraus, die es in den vergangenen Tagen gegeben habe. „Dies hat zu Irritationen innerhalb der Kanzlei geführt.“ Deswegen habe die Firma davon Abstand genommen, nach Mannheim zu kommen.

Schenk sieht die Ära Löbel nicht abgehakt, wohl aber die Vorwürfe gegen ihn. Die Frage, ob Löbel strafbare Handlungen begangen habe, sei abschließend beantwortet.

Das Geschehen in der CDU-Kreisgeschäftsstelle verfolgt die Partei seit einem Jahr. Im Herbst 2020 kamen vor allem innerhalb der CDU verstärkt Gerüchte auf, dass es bei den Mietverträgen Unregelmäßigkeiten gegeben haben könnte. In der Kreisgeschäftsstelle hatte die Junge Union (JU) Räumlichkeiten von der CDU Mannheim gemietet. Mieter war auch Nikolas Löbel – als Bundestagsabgeordneter mit seinem Wahlkreisbüro und als Unternehmer für seine Projektmanagement GmbH. In diesem Büro verrichtete Löbel auch seine Abgeordnetenarbeit.

Die beiden Kreisvorstandsmitglieder Chris Rihm und Andreas Pitz hatten damals gebeten, Einsicht in die Bücher zu erhalten. Unmittelbar nach dem Termin im Oktober 2020 legten sie ihre Ämter im Kreisvorstand mit sofortiger Wirkung nieder. Pitz sagte dieser Redaktion damals, dass er Dinge gesehen habe, von denen er nicht ausschließen könne, dass sie strafrechtlich relevant seien.

Pitz, Jurist und Compliance-Experte, sagte am Mittwoch auf Anfrage des „MM“, dass er vor einigen Monaten auf Einladung des CDU-Kreisvorstands diesem in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt habe, wie aus seiner Sicht eine Compliance-Prüfung durchgeführt werden müsste. „Inwieweit man meinen Hinweisen beziehungsweise Vorschlägen gefolgt ist, kann ich von außen nicht beurteilen.“

Kreisgeschäftsstelle

Die CDU Mannheim hatte bis 2016 eine gemeinsame Geschäftsstelle mit den CDU-Kreisverbänden Heidelberg und Rhein-Neckar in Wieblingen.

Wegen zu hoher Fixkosten für den Betrieb beschloss der Kreisvorstand den Umzug in die Elisabethstraße nach Mannheim. Die CDU Mannheim mietete das Objekt im Mai 2016 an.

Die Büroeinheit hat 187 Quadratmeter. Es gibt vier etwa gleich große Büros, einen Vorraum und ein Besprechungszimmer. Die CDU bezahlte dafür 1750 Euro Monatsmiete kalt.

Mittlerweile ist die Partei mit ihrer Kreisgeschäftsstelle nach P 4 umgezogen. stp

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

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