Mannheim. Arbeitslos, alleinerziehend, krank, Probleme in der Partnerschaft, eine angespannte finanzielle Lage oder einfach eine kurzzeitige Überforderung mit der neuen Situation – die Probleme, die Mütter kurz nach der Entbindung haben können, sind vielfältig, resultieren aber auch nicht immer aus sozialem Stand, das ist Gesundheitsbürgermeisterin Ulrike Freundlieb wichtig zu betonen. Sie stellte gestern die neue Kooperation zwischen der Stadt und den drei Geburtskliniken Universitätsmedizin Mannheim (UMM), Diakonissenkrankenhaus, Theresienkrankenhaus sowie St. Hedwigsklinik vor, um allen Eltern flächendeckend Beratung und Hilfe anzubieten.
Dialog suchen
„Wir wollen alle erreichen – egal, welche Schwierigkeiten es gibt“, erklärt Freundlieb. Das Personal der Kliniken baue schnell Vertrauen zu den Eltern auf, höre viel, so die Bürgermeisterin, und könne sehen, wo eine Familie möglicherweise nicht in der Lage sei, ihr neues Leben zu regeln. Der Ansatz dieser Kooperation: Es gebe nun eine Brücke zwischen dem ersten Kontakt einer Familie mit dem Fachpersonal im Krankenhaus hin zu den (städtischen) Unterstützungsangeboten – passgenau für die Lebensumstände und Bedürfnisse, so Freundlieb. Bei Auffälligkeiten müsse das Personal den Dialog suchen – auch untereinander, um mögliche Bedürnisse zu erkennen. Wenn die Familie das dann wünscht, werde die Stadt informiert. „Das ist aber alles auf freiwilliger Basis“, macht Freundlieb klar.
„Frauen müssen nicht aktiv um Hilfe bitten. Sie brauchen einfach nur ja sagen, wenn wir ihnen die Kooperation vorstellen und Hilfsangebote etwa der Stadt vermitteln“, erklärt Marc Sütterlin, Direktor der Frauenklinik der UMM. „Wir wollen allen Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen und die Fälle der Kindeswohlgefährdung natürlich minimieren. Es ist viel Arbeit, diese Kooperation während des Klinikalltags zu realisieren, aber es ist bei uns allen genug Idealismus übrig“, so Sütterlin. Alexander Ast, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe am Diakonissenkrankenhaus, erklärt, dass zunächst die Ärzte und das Pflegepersonal geschult wurden. „Es ist nicht immer einfach, zu beurteilen, wann man etwas melden muss“, sagt er. Aber die tägliche Arbeit bringe Sicherheit. Nicht nur Gespräche böten Ansätze, ob die Mutter oder Eltern mit der neuen Lebenssituation zurechtkommen. „Wir sehen auch, wie oft jemand Besuch bekommt, wie oft die Eltern für ein Kind, das etwa zu früh geboren wurde, da sind“, erklärt Sütterlin.
Prävention statt Reparatur
Der Begriff Screening fällt in diesem Zusammenhang, er steht für eine Art Überprüfung. „Aber es geht nicht um einen Eltern-TÜV, der bestanden werden muss“, stellt Sütterlin klar. In einem ersten Schritt führt das Personal Gespräche, die dann, wenn nötig, vertieft werden – mit der Mutter, der Familie, bis klar ist, ob Hilfe benötigt wird. „Wir wollen Prävention statt Reparatur“, ergänzt Ulrike Freundlieb, „ wir wollen von Anfang an Familien so unterstützen, wie sie es brauchen, auf den einzelnen Fall zugeschnitten.“ Mit sozialen Schichten habe das nicht immer etwas zu tun, machen die Ärzte klar. „In bestimmten Situation ist die Ausbildung der Eltern egal – etwa wenn ein Kind geboren wird, bei dem vorher klar ist, dass es krank sein wird.“ Da sei Unterstützung meistens nötig, die die Stadt mit ihren Frühen Hilfen, etwa einer Familienkrankenschwester, die die Familie ein Jahr lang begleitet, abdecken kann.
Zehn bis 15 Prozent der Eltern haben Gesprächsbedarf, erklärt Peter Schäfer, Chef vom Jugend- und Gesundheitsamt der Stadt. 4000 Geburten gab es 2017 in Mannheim, 400 bis 600 Familien haben daher schätzungsweise den Kontakt zu den Frühen Hilfen gesucht. „Das wird sich jetzt etwas erhöhen“, denkt Schäfer. „Wir begrüßen das ausdrücklich“, ergänzt Freundlieb, die den drei Krankenhäusern für das Engagement dankt. „Diese Bereitschaft ist mit Blick auf Kosten- und Zeitdruck in Krankenhäusern nicht hoch genug zu würdigen.“
Frühe Hilfen
- Die Frühen Hilfe sind miteinander vernetzte präventive Angebote kommunaler und freier Träger. Es werden werdende Eltern und Familien mit Kindern bis drei Jahre unterstützt.
- Die Anlaufstelle bietet laut Stadt Unterstützung durch eine Familienhebamme, die Eltern begleitet, Informationen zu den Eltern-Kind-Angeboten in Mannheim wie Krabbelgruppen und offene Treffs in unseren Eltern-Kind-Zentren, Vermittlung zu den Ansprechpartnern, wenn es beispielsweise um finanzielle oder medizinische Anliegen geht, Beratung zu Unterstützungsmöglichkeiten für Familien wie pädagogische Hilfen.
- Mit der neuen Kooperation zwischen Stadt und Geburtskliniken möchte die Verwaltung von Anfang an ein individuelles Hilfsangebot realisieren. Eine solche Beratung sei bisher in Einzelfällen möglich gewesen.
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