Eugen-Neter-Schule - Lehrer, Eltern und weitere Bürger fordern befestigten Rad- und Schulweg / Stadträte kündigen Unterstützung an

"Hier ist es lebensgefährlich"

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Eva Baumgartner
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Seit Jahren müssen behinderte Schüler den schmalen Trampelpfad entlang der Straße nutzen. © Baumgartner

Mannheim. „Als behinderter Mensch kann man hier nicht Rad fahren oder laufen.“ Für Silvia Challal, Leiterin der Eugen-Neter-Schule, ist der Kampf für einen barrierefreien Schulweg fast schon eine unendliche Geschichte. Bereits ihr Vorgänger, Michael Berges, hat jahrelang versucht, den Trampelpfad, der von der Blumenau entlang der K 9754 zur Schule führt, zu einem Fuß- und Radweg umbauen zu lassen. Die Strecke ist für Schüler, Eltern und Lehrer die einzige Möglichkeit, ohne Auto oder Bus zur Schule zu kommen.

Kein Seitenstreifen vorhanden

An der Unterführung auf der Blumenau im Mannheimer Norden endet der Radweg nämlich plötzlich im Gras. Die verbleibenden rund 700 Meter zur Schule sind für Fußgänger und Radfahrer nur über einen schmalen Trampelpfad entlang des Viernheimer Wegs erreichbar, der nach weiteren 800 Metern ins hessische Lampertheim führt. Einen Seitenstreifen gibt es nicht.

„Ein Bus kommt einmal morgens und einmal abends zur Schule. Seit letzten Dezember haben wir ein Ruftaxi, das ist aber so schlecht, dass es niemand nutzt“, beschreibt Challal die Situation bei einem Ortstermin mit Stadträten und Bürgern. Ihre Schule ist ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SBBZ). „Und die größte staatliche Schule in Baden-Württemberg mit diesem Bildungsgang“, sagt Challal.

Fritz Sütterlin, stellvertretender Elternbeiratsvorsitzender, kann kaum aufzählen, was er, seine Vorgänger und Kollegen schon alles versucht haben: „Wir haben Unterschriften gesammelt, uns ans Kultusministerium gewandt, die Stadt, es war alles ohne Erfolg.“ Auch Christopher Kern vom Freundeskreis der Schule hofft, dass der Weg zum SBBZ bei den Etatberatungen im Dezember berücksichtigt wird.

Kinder im Gänsemarsch

Vor gut vier Jahren lässt die Stadt Mannheim zwar den 1,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen der Blumenauer Unterführung und der Landesgrenze erneuern. Den Trampelpfad berücksichtigt sie wegen der Kosten nicht, schätzt für die 700 Meter Weg eine halbe Million Euro. „Aber die Kinder müssen Gänsemarsch die Straße entlang laufen. Muss erst was passieren und jemand in eine Klasse fahren?“ fragt die Blumenauerin Lilli Freund. „Hier ist es lebensgefährlich“, findet auch Uta Warner, die im Stadtteil wohnt. Martina Irmscher, zweite Vorsitzende der Siedler- und Eigenheimergemeinschaft Blumenau, fordert deshalb beim Ortstermin dazu auf, noch ein Stück weiter zu gehen: „Von einem Radweg bis zur Landesgrenze würde nämlich auch der Klimaschutz profitieren.“

Mit Kollegen fast aller Parteien ist Roland Weiß (Freie Wähler/ML) zum Ortstermin an die Kreisstraße gekommen und pflichtet Irmscher bei: „Wir haben den entsprechenden Antrag bis zur Landesgrenze gestellt“, so der Stadtrat, der seit weit über zehn Jahren regelmäßig fordert, Gelder in den städtischen Doppelhaushalt einzustellen. „Da die Verwaltung für 700 Meter 500 000 Euro kalkuliert hat, haben wir für die weiteren 800 Meter 600 000 Euro dazugerechnet. Also 1,1 Millionen Euro verteilt auf zwei Haushaltsjahre.“

Stefanie Heß (Bündnis 90/Die Grünen) findet, dass alle die gleichen Voraussetzungen haben sollten: „Die Schüler sollten die Möglichkeit haben, mit den Lehrern alltägliche Dinge zu lernen, wie den Schulweg gehen oder einkaufen.“ Stadtrat Bernd Siegholt (AfD) erinnert sich, dass es in seiner Kindheit hier einen breiten Rad- und Fußweg gab: „Wenn man graben würde, würde man darauf stoßen.“ Der Antrag seiner Partei umfasse ebenfalls die Verlängerung nach Lampertheim.

Idee einer Kombilösung

Thomas Hornung und Chris Rihm (CDU) geben zu, dass ihre Partei den Radweg „in den vergangenen Jahren blockiert“ habe: „Wir werden jetzt alles dafür tun, das Vorhaben zu unterstützen und haben ebenfalls einen Antrag für die Haushaltsberatungen gestellt.“ Hornung hofft dabei auf zusätzliche Landes-Fördermittel für eine Kombilösung aus Radweg und einer Amphibien-Leit-Einrichtung: „Hier ist das größte Amphibien-Laichgebiet auf Mannheimer Gemarkung, es gibt viele stark gefährdeten Arten.“ Für die SPD kündigten die Stadträtinnen Andrea Safferling und Lena Kamrad an: „Wir werden das Thema in die Haushaltsberatungen nehmen.“

Schulleiterin Challal kann nach dem Ortstermin kaum fassen, dass „ihre“ Schule nach all den Jahren bei den Stadträten noch auf der Agenda steht: „Ich freue mich, dass nichts in Vergessenheit geraten ist.“ Jetzt hofft sie nur noch, dass der Trampelpfad ausgedient hat - und die unendliche Geschichte auch.

Die Eugen-Neter-Schule auf der Blumenau

  • Die Eugen-Neter-Schule richtet sich an Schüler, die wegen starker Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen den Bildungsgängen in allgemeinen Schulen Mannheims nicht folgen können und individuelle Hilfen benötigen. Sie wurde 1966 als staatliche Schule unter Trägerschaft der Stadt gegründet und ist nach einem jüdischen Kinderarzt benannt.
  • An der Schule arbeiten 106 Lehrkräfte, 14 pädagogische Mitarbeiter und 15 Schulbegleiter. Zurzeit gibt es 248 Kinder und Jugendliche im Stammhaus, der Außenstelle ABZ und in Außenklassen. 54 weitere Schüler lernen in inklusiven Maßnahmen an weiteren Mannheimer Schulen.
  • Das Gebäude auf der Blumenau entstand 1907 als Kinderheim der Landmaschinenfabrik Heinrich Lanz (heute John Deere).
  • Die Stadt Mannheim hat den 1,5 Kilometer langen Straßenabschnitt zwischen Blumenau und der Landesgrenze vor vier Jahren erneuern lassen. Der 700 Meter lange Trampelpfad wurde nicht verändert.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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