Nach 14 Jahren verlässt Helmut Bühler das Diakonische Werk und wird Finanzvorstand bei der Evangelischen Gesellschaft (eva) in Stuttgart. Zu seinem Abschied am Mittwoch, 27. Februar, 15.30 Uhr in der Konkordienkirche spricht der Noch-Direktor über die Herausforderung von Integration und über Angebote für Senioren in der Stadt.
Herr Bühler, als Personalchef kennen Sie alle Mitarbeiter - teilweise auch schon viele Jahre. Da fällt Ihnen der Abschied jetzt bestimmt besonders schwer.
Helmut Bühler: Ich war fast auf den Tag genau 14 Jahre bei der Diakonie in Mannheim tätig, habe im Februar 2005 angefangen und mit vielen Kollegen einen ständigen Austausch gehabt, mit ihnen gerne zusammengearbeitet, die Menschen und ihren Einsatz für die Gesellschaft einfach immer sehr geschätzt. Das jetzt zu verlassen ist natürlich traurig. Den emotionalsten Moment habe ich aber wahrscheinlich schon überstanden - die Weihnachtsfeier mit meiner Abteilung im Dezember. Da flossen auch ein paar Tränen, es war schön, aber eben auch traurig.
Was ist denn Ihre letzte Amtshandlung - abgesehen von Ihrer Abschiedsfeier?
Bühler: Als Finanzchef habe ich dem Aufsichtsrat noch den Jahresabschluss für 2018 vorgelegt - mit schwarzen Zahlen in allen Bereichen - und meine Arbeit an den Aufsichtsratsvorsitzenden Ralph Waibel übergeben. Er übernimmt jetzt gemeinsam mit dem Dekan der evangelischen Kirche, Ralph Hartmann, die Geschäfte, bis ein neuer Direktor gefunden ist.
Mit Ihnen geht auch viel Wissen. Ist das Diakonische Werk jetzt kopflos unterwegs?
Bühler: Nein, überhaupt nicht. Zum einen sind meine Arbeitsfelder bereits seit Längerem auf die Abteilungsleiter aufgeteilt. Sie verwalten die Bereiche interimsmäßig und haben auch schon die Vertretung im Jugendhilfe-, Sozial- und Stadtpflegeausschuss übernommen. Ich stand ihnen in den letzten Monaten beratend zur Seite. Zum anderen zählt für mich immer das Team, wir haben zusammengearbeitet, wussten zumindest ungefähr, was die andere Abteilung macht - auch wenn die Gebiete sehr komplex sind und immer komplexer werden. Die Abteilungsleiter halten die Zügel in der Hand, dennoch agieren wir gemeinsam.
Wenn Sie an Mannheim denken, welche sozialen Brennpunkte kommen Ihnen in den Sinn?
Bühler: Das wohl wichtigste Thema der vergangenen Jahre für die Sozialarbeit war die Flüchtlingskrise. Plötzlich kamen viele Menschen hierher, und die Verbände haben mit der Stadt die Betreuung übernommen. Das war schon ein Kraftakt. Nun kommt der Familiennachzug, der zu regeln ist - mit allem, was dazugehört wie Integrationsarbeit, Bildung und auch Beschäftigungsförderung. Das wird ebenfalls viel Arbeit. Ein weiteres Thema ist der Zuzug aus Bulgarien und Rumänien, Mannheim ist da ein Schwerpunkt in Deutschland - neben ein paar Städten im Ruhrgebiet. Ich war bereits in Rumänien wegen des Themas und habe mit den Verantwortlichen vor Ort darüber gesprochen. Wir müssen in Mannheim die Probleme in der Prostitution und auch den so genannten Bauarbeiterstrich angehen. Es wird bereits viel getan, aber die Arbeit muss zumindest weitergeführt, wenn nicht ausgebaut werden.
Ein Thema, das Ihnen immer am Herzen lag, war „Älter werden im Quadrat“. Werden Ihre Ideen fortgesetzt?
Bühler: Unsere Gesellschaft wird immer älter, das ist Fakt. Auch die Diakonie kümmert sich um Senioren - sei es mit der ambulanten oder stationären Pflege oder der Nachbarschaftshilfe mit den 250 Ehrenamtlichen. Wir haben vor drei Jahren einen Einkaufsservice eingerichtet, damals noch ein Zivildienstleistender, heute jemand im Bundesfreiwilligendienst (Bufdi), der mit älteren Menschen einkauft. Es klingt banal, bedeutet den Senioren aber unheimlich viel. Manche haben geweint, weil sie seit Langem mal wieder in einem Geschäft waren, vorher einfach nicht rausgekommen sind. Das ist wichtige Gemeinwesenarbeit, die auf jeden Fall fortgesetzt wird. Wir müssen mehr denn je auf unsere ältere Mitmenschen achten.
Noch ein Blick nach vorne: Sie wechseln zur Evangelischen Gesellschaft (eva), werden Finanzvorstand und sind dann statt für 280 bei der Diakonie für 4000 Mitarbeiter zuständig. Haben Sie schon in Stuttgart vorbeigeschaut?
Bühler: Tatsächlich war ich schon ein paar mal bei der eva. Mein Vorgänger geht in Rente, so dass ich schon im Vorfeld einen Einblick durch ihn bekommen wollte, er ist weg, wenn ich am 1. März anfange. Für die Vorstandssitzungen habe ich mir Urlaub genommen, war vor Ort und habe mich mit den Strukturen vertraut gemacht.
Was werden Ihre ersten Schritte sein?
Bühler: Ich muss erst einmal die wichtigsten Menschen in Stuttgart kennenlernen, die Entscheider. Weiter muss ich mich einarbeiten, einen Überblick bekommen. Aber ich werde auf jeden Fall die Angebote zur Pflege und allgemein zum Thema „Älter werden“ auch in der Landeshauptstadt ausbauen. Denn da sind soziale Träger in der Pflicht.
Helmut Bühler und die Diakonie
- Helmut Bühler ist 52 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter. Er wohnt in Wiesloch. Wenn er seinen Job in Stuttgart antritt, pendelt er mit dem Zug von Wiesloch aus.
- Seine Höhepunkte bei der Diakonie sind für Bühler der Ausbau der Sozialstation an der Unionstraße zu einem der größten Anbieter in Mannheim sowie der Ausbau der Nachbarschaftshilfe.
- Auch die Kernzeitbetreuung an Schulen, die Bühler angeregt hat und durch die mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden, zählen zu seinen Erfolgen. In diese Reihe kommt auch die Gründung der Diakonie-Stiftung und seine Berufung in den Aufsichtsrat der Diakonie Baden.
- Zwei Jahre war Helmut Bühler gemeinsam mit Matthias Weber die Doppelspitze der Diakonie in Mannheim – davor war er bereits Stellvertreter von Direktor Peter Hübinger.
- Wegen interner Streitigkeiten in der Führung hat Bühler im Sommer 2018 gekündigt, Weber hat die Diakonie daraufhin ebenfalls verlassen.
- In diesem Frühjahr soll eine neue Lösung für die Direktion gefunden werden – allerdings keine neue Doppelspitze, sondern nur ein Direktor oder nur eine Direktorin.
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