Mannheim. Sollten im Mannheimer Norden Windräder errichtet werden, werden diese mit 250 Metern möglicherweise höher als der Fernmeldeturm sein. Mit dieser Nachricht sorgten Stadtverwaltung und die Firma Juwi GmbH bei der öffentlichen Bezirksbeiratssitzung in Sandhofen für Unmut unter der Bevölkerung. Die Bürger sehen zudem vor allem den möglichen Standort nördlich der Autobahn A 6 mit großer Sorge.
Nachdem im Käfertaler Wald keine Konzentrationsgebiete für Windräder mehr ausgewiesen sind, sieht der Flächennutzungsplan Windenergie des Nachbarschaftsverbandes Heidelberg-Mannheim noch vier Gebiete in der Quadratestadt vor: ein breites Areal nördlich der A 6 und ein weiteres am Rheinufer der Friesenheimer Insel (siehe Grafik).
Noch kein Planungsrecht
„Wir sind in einer sehr frühen Phase und haben noch kein abschließendes Planungsrecht, das die Umsetzung von Windkraftanlagen in Mannheim ermöglicht“, stellte Stephan Küssner von der MVV Energie AG klar. Warum die MVV mit ihrer Tochter Juwi, dem ersten interessierten Investor, so früh aktiv werde, habe einen besonderen Grund: „Wir wollen verhindern, dass ein externer Projektentwickler nach Mannheim kommt“, sagte Küssner.
Den Standort Friesenheimer Insel habe die MVV mit ihrer Tochter Juwi inzwischen geprüft: „Aber wir schauen uns beide Flächen noch genauer an, wir sind völlig ergebnisoffen“, versicherte Küssner. Weitere Untersuchungen „können dazu führen, dass unsere Ergebnisse bestätigt werden oder nicht.“ Erst dann könne man verlässliche Aussagen darüber treffen, wie Windkraftanlagen umgesetzt werden können.
Die Bezirksbeiräte wollten wissen, mit welchen Windrad-Typen die Firma Juwi plane: „Wir sprechen hier von einer Gesamthöhe von 250 Metern“, berichtete Daniel Fromme, Abteilungsleiter Vertrieb bei Juwi. Der Rotordurchmesser der neuen Windräder-Generation betrage rund 150 Meter. Ob sich Windkraft in Mannheim lohne, könne man nach weiteren Windmessungen und Artenschutz-Untersuchungen verlässlich sagen.
„Ich bin enttäuscht, hier wird ein Prestigeobjekt zu Lasten der Bevölkerung durchgetrieben“, sagte CDU-Beiratssprecher Wilken Mampel. „Wir haben im Norden genug Ärger und Lärm, und jetzt bekommen wir das noch vor die Nase gesetzt“, sagte der Bezirksbeirat unter großem Beifall der rund 100 Besucher der öffentlichen Sitzung. „Wenn Sie die Diskussion nicht mit uns führen, führen Sie sie vielleicht mit der UKA Meißen, und das sieht dann vielleicht ganz anders aus“, reagierte Küssner auf die Kritik.
Nicht nur Bürger Timo Kessler meldete sich mit einem emotionalen Vortrag zu Wort: „Wir lassen uns nicht drohen. Wir haben hier die Autobahn, jetzt kommt die ICE-Neubautrasse.“ Auch Hans Betz machte seinem Ärger Luft: „Es kann nicht sein, dass wir mit diesem Eck da oben erpresst werden.“ Heinrich Ill fragte: „Es geht immer um Artenschutz, wo bleibt der Menschenschutz?“ Günther Borchert bemerkte: „Vom Sandtorfer Bruch nördlich der A 6 war nie die Rede, jetzt, wo der Käfertaler Wald raus ist, ist es auf einmal möglich.“ Gottfried Störmer, Bürgermeister der Stadt Lampertheim, sah die Windräder ebenfalls mit Sorge: „So machen wir wieder ein Stück Natur zu. Wir nehmen uns den Freiraum, um uns erholen zu können.“ Martin Müller, Geschäftsführer und leitender Planer des Nachbarschaftsverbandes, versuchte zu schlichten: „Keiner hat den Mannheimer Norden auserkoren, wir haben alle Flächen angeschaut.“
Politischer Druck
Stadtrat Thomas Hornung gab zu bedenken: „Wir haben im Aufsichtsrat eine relativ geringe Chance, Windräder zu verhindern. Es kann nur der politische und öffentliche Druck sein.“ Hornung sprach sich wie Bezirksbeirat Elias Weber-Ajaga (FDP) für eine Bürgerbeteiligung aus: „Und eine möglichst geringe Zahl von Rädern, konzentriert auf kleiner Fläche mit größtmöglichem Abstand zur Bebauung“, so Hornung. Küssner rechnet mit drei „bis höchstens fünf nördlich der A 6“. Die Eigentümerstruktur an den Standorten ist übrigens unterschiedlich: Während das Areal auf der Friesenheimer Insel überwiegend dem Land gehört, sind es nördlich der A 6 größtenteils private Eigentümer.
Zeitplan völlig offen
Zum Zeitplan, wann mögliche Anlagen installiert werden könnten, konnte Küssner noch nichts sagen: „Drei Jahre sind zu wenig, fünf Jahre vielleicht, zehn werden es sicher nicht.“ Die Bürgerbeteiligung begrüßten Müller und Küssner ausdrücklich: „Dass es im Käfertaler Wald keine Konzentrationsflächen mehr gibt, ist ja auch ein Ergebnis der Bürgerbeteiligung“, so Müller. Sitzungsleiter und Stadtrat Egon Jüttner (CDU) schloss die Diskussion mit kämpferischen Worten: „Wenn wir feststellen, dass wir kein Gehör finden, werden wir auf die Straße gehen.“
Flächennutzungsplan Windenergie
- Im Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim haben sich neben beiden Städten 16 Kommunen aus dem Rhein-Neckar-Kreis zusammengeschlossen.
- Der Verband definiert im Teilflächennutzungsplan Windenergie (FNP) Konzentrationszonen, die am ehesten für Windkraft in Frage kommen. Für Mannheim sind das zwei Flächen nördlich der A 6 und zwei weitere am Rhein auf der Friesenheimer Insel.
- Der Verband geht von einer Verabschiedung im Jahr 2020 aus.
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