Als Werner Gaddum für seine im Rollstuhl sitzende Frau erkunden wollte, wo am Neubau der Kunsthalle die Behindertenparkplätze sind, wurde er enttäuscht. „Es gibt keine“, lautete die Auskunft der Mitarbeiterin, die Gaddum fragte. Zuvor war er um das Gebäude gelaufen und hatte ebenso keine gefunden.
Auch Tanja Binder, Pressesprecherin der Kunsthalle, bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung, dass es keine Behindertenparkplätze gibt. Zur Kunsthalle gehörten allgemein keine Parkplätze – und somit auch keine Behindertenparkplätze. Sie verweist auf das Parkhaus unter dem Wasserturm, das zwar „Kunsthalle“ heißt, aber zu den Mannheimer Parkhausbetrieben gehört. In diesem gibt es fünf Parkplätze, die als behindertengerecht ausgewiesen sind.
Nicht realisiert
Gaddum ist über die Situation der fehlenden Behindertenparkplätze mehr als enttäuscht. „Das hätte ich nie gedacht“, schildert er und verweist auch auf die Investitionssumme in das neue Gebäude. Laut einem Plan der Architekten Gerkan, Marg und Partner (gmp), der dieser Zeitung vorliegt, waren einmal drei Behindertenparkplätze auf dem Grünstreifen zwischen Kunsthalle und Roonstraße geplant – die allerdings nicht realisiert wurden. Bei einem Blick in das Gästebuch der Kunsthalle bemerkte Gaddum zudem noch einen ganzseitigen Eintrag eines anderen Besuchers, der ebenfalls die fehlenden Stellplätze bemängelte.
Gaddum spricht mit der erwähnten Problematik auch für viele Menschen der Stadt, die mobilitätseingeschränkt sind. Er meint die Schwierigkeit, die Kunsthalle vom Parkhaus unter dem Wasserturm zu erreichen. Der Weg von dort führt um den Wasserturm herum, vorbei an hohen Bordsteinkanten. Zwar ist ein Aufzug vorhanden, dieser ist allerdings schlecht auffindbar.
So haben auch Menschen, die das Parkhaus unter dem Wasserturm nutzen, und keine Kunsthallenbesucher sind, ihre Schwierigkeiten. Lidia Keplin beispielsweise. Sie fährt seit vielen Jahren mit ihrer Mutter, die im Rollstuhl sitzt, nach Mannheim – zum Spazierengehen und Einkaufsbummel. Bis jetzt hatte sie nicht bemerkt, dass es einen Aufzug gibt. Sie hatte keine größeren Schilder gefunden, die auf ihn hinweisen. Bisher nutzte sie immer die Ausfahrtsspur für Fahrzeuge, da diese einen glatten Belag hat.
Im gesamten Stadtgebiet gibt es aktuell insgesamt 189 Schwerbehindertenparkplätze an 151 Standorten. „Die Stadt achtet darauf, dass genügend allgemeine Schwerbehindertenparkplätze zur Verfügung stehen“, sagt ein Sprecher des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung. Auch bei öffentlichen Neubauten würden bereits bei der Planung solche Parkplätze berücksichtigt werden – so geschehen am Marchivum, sagt der Sprecher.
Schwierig wird es für Parkplatzsucher mit Behinderung, wenn sich Nicht-Behinderte verbotenerweise auf die Plätze stellen. Landes-Behindertenbeauftragte Stephanie Aeffner sagt über Sanktionen in diesen Fällen: „Das handhaben die Städte ganz unterschiedlich: In Stuttgart zum Beispiel werden Autofahrer, die rechtswidrig auf einem Behindertenparkplatz stehen, auch sofort abgeschleppt. Aber es gibt auch Ordnungshüter, die versuchen, den Autofahrer telefonisch zu erreichen.“ In Mannheim würden Falschparker ebenfalls kompromisslos abgeschleppt.
Kreative Methoden
In diesem Jahr seien in Mannheim nur wenig Beschwerden bei allgemeinen Behindertenparkplätzen eingegangen. Die Verstoßquote hier sei eher gering, nur wenige Falschparker müssten beanstandet werden, so der Sprecher des Fachbereichs für Sicherheit und Ordnung der Stadt. Die Parkplätze für behinderte Menschen würden vom Außendienst überwacht.
Wie man gegen diese Falschparker vorgehen kann? „In Rottenburg werden die Parkplätze mit einem postkartengroßen Schild mit der Aufschrift „Sie haben meinen Parkplatz! Wollen Sie auch meine Behinderung?“ gekennzeichnet. Solche Hinweise können Autofahrer sensibilisieren“, sagt Aeffner. Auch gebe es Bürger, die mit einem „Ich bin ein Parkaffe, denn ich stehe gerne auf einem Behinderten-Parkplatz“ beschrifteten Aufkleber gegen Parksünder vorgehen. Diese seien allerdings strafbar.
Berechtigung zum Parken
- Behindertenparkplätze befinden sich oft in der Nähe von Ein- und Ausgängen. Die barrierefreie Gestaltung zeichnet diese Parkplätze aus. Sie sind nicht nur breiter und länger als übliche Stellflächen, sondern auch mit einem Blindenleitsystem ausgestattet.
- Schwerbehinderte Menschen die z.B. fehlgebildete Gliedmaßen haben oder blind sind, können einen „blauen Parkausweis“ beantragen. Damit dürfen sie an Stellen parken, an denen es normalerweise nicht erlaubt ist.
- Ein Schwerbehindertenausweis allein berechtigt nicht zur Nutzung der Behindertenparkplätze.
- Wer sein Fahrzeug verbotenerweise auf einen Behindertenparkplatz abstellt, muss laut Straßenverkehrsordnung und dem Bußgeldkatalog mit einer Strafe von 35 Euro und dem Abschleppen des Fahrzeugs rechnen.
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