Mannheim. Wenn man die Lieder von Tina Turner hört, wird einem erst bewusst, wie sehr sie fehlt. Mehrere Generationen sind mit ihrer Musik aufgewachsen. Die Reihe „Schlagergottesdienst“ der Mannheimer Johannis-Gemeinde Lindenhof widmet sich an diesem August-Sonntag einem bekannten Musikstar, um in der Sommerzeit für eine gut besuchte Kirche zu sorgen. Die Rechnung von Pfarrerin Susanne Komorowski geht auf, das Format kommt gut bei der Gemeinde an.
Angefangen hat alles, als Udo Jürgens starb - ihm wurde der erste Gottesdienst vor neun Jahren gewidmet. Es folgten unter anderen die Beatles, Aretha Franklin und Leonard Cohen.
Rückblick auf die schwierigen frühen Jahre der US-Sängerin
Komorowski blickt zurück auf Tina Turners Leben, die 1939 als Anna Mae Bullock in Brownsville, Tennessee geboren wurde. „Die Mutter verließ die Familie, als Anna Mae zehn war, sie wuchs mit ihrer Schwester bei Verwandten auf“, so die Pfarrerin. „Sie sang bei einer Baptistengemeinde in ihrem Heimatort Nutbush gerne auf der Bühne und war schon als Kind eine Entertainerin.“
Nutbush liegt innerhalb des sogenannten Bible Belts, in dem der evangelikale Protestantismus vorherrschend ist. Dabei handelt es sich um eine Welt mit strengen Moralvorstellungen, in der sich die Sängerin nicht entfalten konnte. „Als dunkelhäutige Frau in der damaligen Zeit hatte sie kaum Chancen“, sagt Komorowski. 1973 schrieb Turner daher einen wenig schmeichelhaften Song über ihre Heimatstadt: „Nutbush City Limits.“
Dieser ist der erste von fünf Songs, der von Angelina Siegert während des Gottesdienstes mit einer starken, mitreißenden Stimme dargeboten wird. Sie spielt zusätzlich Gitarre, am Bass zu hören ist Simon Natschke, am Schlagzeug Kristof Körner und am Piano Kantorin Claudia Seitz. Das Publikum zeigt sich bei jedem Song begeistert, es wird geklatscht, mitgesungen und getanzt.
Komorowski vergleicht Turners Leben mit dem einer biblischen Figur: Josef aus dem Alten Testament. Auch er war eine Persönlichkeit mit einer großen Strahlkraft, auch er ging durch absolute Höhen und Tiefen. Josef geriet in die Sklaverei in Ägypten, Tina geriet an Ike Turner.
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Ganze 18 Jahre ihres Lebens, bis zur Scheidung sogar 20, war er Teil ihres Lebens. „Sie hatten eine toxische Beziehung. Er kontrollierte sie, schlug sie, zahlte ihr keine Gage. Die Jahre mit ihm waren von Gewalt geprägt.“ Sie heirateten 1962, sechs Jahre später unternahm sie einen Selbstmordversuch und versuchte, Ike zu verlassen - erfolglos. Erst 1976 schaffte sie die Trennung.
Nach der Scheidung zwei Jahre später kämpfte die Sängerin sechs Jahre darum, im Bereich Rock Fuß zu fassen. Der war damals eine weiße Musikrichtung. 1984 folgte dann das Comeback mit Hits wie „What’s Love Got to Do With It“ oder „We Don’t Need Another Hero“.
Beide werden im Gottesdienst gesungen. „Tina war bei ihrem Comeback schon 44 Jahre alt, aber trotzdem haben Jugendliche ihr Poster aus der ,Bravo’ getrennt und aufgehängt“, so die Pfarrerin. Wer erinnert sich nicht an sie, die mit „Big Hair“, kurzem Rock, unglaublichen Beinen und endlich befreit von Ike die 1980er und 1990er Jahre rockte?
Die große Liebe blieb ihr nicht verwehrt, 1985 lernte sie den deutschen Musikmanager Erwin Bach kennen und zog mit ihm in die Schweiz. Tina Turner starb vergangenes Jahr im Alter von 83.
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